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Alle Fotos (50)Biografie
Henry Hübchen, geboren am 20. Februar 1947 in Berlin, aufgewachsen in der damaligen DDR, sammelte zwar bereits als Jugendlicher erste Schauspielerfahrungen (etwa in dem DEFA-Western "Die Söhne der großen Bärin", 1965), nahm nach dem Abitur jedoch zunächst ein Physik-Studium auf und lebte seine musische Begabung als Liedtexter der Band "City" aus, für die er unter anderem den Hit "Casablanca" schrieb. Schließlich wendete er sich dann aber doch voll und ganz der Schauspielerei zu, absolvierte eine Ausbildung an der Schauspielschule Berlin und war anschließend ab 1970 am Theater Magdeburg zu sehen. Seit 1974 gehörte Hübchen zum Ensemble der Berliner Volksbühne, wo er in vielen Inszenierungen zum künstlerischen Alter Ego des Regisseurs Frank Castorf wurde und auch selbst inszenierte. 1994 kürte ihn die Fachzeitschrift "Theater heute" zum Schauspieler des Jahres, im Jahr 2000 erhielt Hübchen den Berliner Theaterpreis.
Größere Aufmerksamkeit als Filmschauspieler erhielt Hübchen erstmals 1975 mit der Rolle des Mischa in Frank Beyers "Jakob, der Lügner" und mit einer tragenden Nebenrolle in der TV-Produktion "Frau Jenny Treibel". Mit Beginn der 1980er Jahre stand er neben seiner Theatertätigkeit immer häufiger vor der Kamera, zumeist in Fernsehproduktionen. Durch seine einprägsamen Theaterrollen, aber nicht zuletzt auch durch seine zahlreichen markanten TV-Auftritte etwa in der Krimiserie "Polizeiruf 110" oder der Seghers-Verfilmung "Das wirkliche Blau" (1986; TV) avancierte er zu einem der populärsten und renommiertesten Schauspieler der DDR. Daneben war Hübchen auch sportlich aktiv: 1981 und 1982 war er DDR-Meister im Windsurfen.
Im Westen gewann Henry Hübchen nach dem Mauerfall in den TV-Mini-Serien "Karl May" (1992), "Der Schattenmann" (1996) und "Der König von St. Pauli" (1998) an Bekanntheit. Für seine Leistung in der Mini-Serie "Warten ist der Tod", einem Thriller über einen spektakulären Einbruch, der aus dem Ruder läuft, erhielt Hübchen einen Grimme-Preis.
Parallel begann für Hübchen, dessen Spektrum von sympathisch-komischen bis zu abgründig psychopathischen Figuren reicht, eine zweite Kinokarriere: Nach seiner pointierten Leistung in Leander Haussmanns "Sonnenallee" (1999) folgten mit der Gaunerkomödie "Sass" (2000) und dem Ensemble-Drama "Lichter" (2003) weitere hochkarätige Filme. Seinen größten Kinoerfolg konnte Hübchen im Jahr 2004 mit "Alles auf Zucker!" feiern: In Dany Levys Komödie spielte er einen Berliner Zocker mit jüdischer Verwandtschaft – eine komödiantische Meisterleistung, für die er mit dem Deutschen Filmpreis 2005 ausgezeichnet wurde.
Von 2003 bis 2005 kehrte Hübchen als Ermittler Tobias Törner zu der Serie "Polizeiruf 110" zurück, gefolgt von der Rolle des Commissario Laurenti in der gleichnamigen ARD-Reihe.
2009 war Henry Hübchen gleich in drei Kinohauptrollen zu sehen: In Michael Kliers Tragikomödie "Alter und Schönheit" spielte er den besten Freund eines todkranken Mannes, in Andreas Dresens hoch gelobter Filmbusiness-Komödie "Whisky mit Wodka" gab er einen alternden Filmstar, und in der Bestseller-Verfilmung "Lila, Lila" spielte er einen literarisch talentierten Herumtreiber, der zum Erpresser wird.
Es folgten mehrere Fernsehrollen, darunter der König Gustav in der Märchenadaption "Die Gänsemagd" (2009) und ein russischer Geheimdienstmajor in dem Historiendrama "Der Uranberg" (2010). Auf der Kinoleinwand spielte er in Philipp Stölzls "Goethe!" (2010) den Vater des jungen Dichters und in der melancholischen Komödie "Polnische Ostern" einen Bäckermeister, der seiner Enkelin in die polnische Provinz folgt. Eine ungewohnt finstere Rolle hatte er als Sklavenjäger in der Mark-Twain-Verfilmung "Die Abenteuer des Huck Finn" (2012), die er jedoch im gleichen Jahr mit einer weiteren komödiantischen Rolle kontrastierte: In "Jesus liebt mich" von Florian David Fitz spielte er den zum Dorfpfarrer degradierten Erzengel Gabriel.
Sehr unterschiedliche Charaktere verkörperte Hübchen auch in den drei Kinofilmen, in denen er 2013 mitwirkte: In der Satire "Hai-Alarm am Müggelsee" von Leander Haussmann und Sven Regener gab er einen kleinstädtischen Bürgermeister, in Holger Haases Familienkomödie "Da geht noch was" einen mürrischen Familienvater und in Markus Imbodens Drama "Am Hang" einen verlassenen Ehemann, der den Liebhaber seiner Frau in ein abgründiges Verwirrspiel verstrickt.
Danach spielte der unermüdliche Hübchen wieder in einer ganzen Reihe von Fernsehproduktionen: In der Komödie "Frauen verstehen" (2014, TV) gab er den leichtlebigen Noch-Ehemann von Filmgattin Senta Berger, in der Tragikomödie "Die Zeit mit Euch" (2014, TV) einen frisch pensionierten Fernsehjournalisten in der Sinnkrise. Das Familiendrama "Unterm Eis" (2015, TV) zeigte ihn als norwegischen Familienpatriarchen, und das Sozialdrama "Der Pfarrer und das Mädchen" (2015, TV) als einen zum Philanthrop gewordenen Berliner Ex-Gangster. Viel Kritikerlob bekam Hübchen für seine Rolle in der Tragikomödie "Besuch für Emma" (2015, TV), als Obdachloser, der sich mit einer schlitzohrigen Kassiererin (Dagmar Manzel) anfreundet. Auf der Kinoleinwand sah man ihn in "Rico, Oskar und das Herzgebreche" als kauzigen Helfer der beiden Jungdetektive; in Robert Thalheims Komödie "Kundschafter des Friedens" (2016) hatte er die Hauptrolle eines ehemaligen DDR-Agenten, der vom deutschen Geheimdienst für eine ungewöhnliche Mission reaktiviert wird.
In dem Kinderfilm "Hanni & Nanni: Mehr als beste Freunde" (2017) gab er einen liebenswert-grantigen Gutsbesitzer Godehard von Knigge, in dem TV-Drama "Spätwerk" einen alternden Schriftsteller in der Sinnkrise. Stefan Ruzowitzky und Michael Krummenacher besetzten ihn in der Endzeit-Serie "8 Tage" als ehemaligen NVA-Offizier, in dem Kriminaldrama "Tage des letzten Schnees" (2019) gab er einen Kriminalkommissar. Von seiner komödiantischen Seite zeigte sich Hübchen in Dani Levys Bestsellerverfilmung "Die Känguru Chroniken" (2020): Darin spielte er einen fiesen Berliner Rechtspopulisten und Immobilienhai als entlarvende Karikatur.
In Till Endemanns TV-Drama "Ein Leben lang", das im September 2021 beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen uraufgeführt wurde, mimte Hübchen einen Demenzkranken, dessen Tochter ein letztes Mal mit ihm ein kleines Seegrundstück in Brandenburg besuchen will. Im Mai 2022 kam dann "Leander Haußmanns Stasikomödie" in die Kinos. Hübchen wurde für die Darstellung eines verrauchten Stasi-Offiziers in der Kategorie Beste Nebenrolle für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Henry Hübchen ist verheiratet, seine Frau Sanna führt eine Schauspieler-Agentur, die gemeinsame Tochter Theresa (geboren 1971) arbeitet ebenfalls als Schauspielerin.