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Alle Fotos (9)Biografie
Frank Paul Beyer, geboren am 26. Mai 1932 in Nobitz, wird während der Schulzeit Mitglied der FDJ und betätigt sich in der Laienspielgruppe der Antifajugend als Schauspieler. Einige Mitschüler werden Ende 1949 nach einer antistalinistischen Aktion verhaftet und von einem sowjetischen Militärgericht zum Tode verurteilt. (Im Jahr 2000 ist Beyer als Zeitzeuge an einem Rundfunkfeature des MDR über diese Ereignisse beteiligt.)
Nach dem Abitur 1950 erhält er, inzwischen Mitglied der SED, den Auftrag, als Kreissekretär den "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung" in Altenburg zu leiten. Er beginnt, Theaterkritiken in der Altenburger Stadtzeitung zu veröffentlichen und geht schließlich als Dramaturg und Regieassistent an das Vereinigte Kreistheater Crimmitschau/Glauchau.
Im November 1952 geht er nach kurzem Zwischenspiel an der Berliner Humboldt-Universität nach Prag, wo er an der Filmhochschule FAMU Regie studiert. Nach einer Reihe ambitionierter Kurzfilme gibt Beyer 1956 mit "Zwei Mütter" sein Langfilmdebüt, für das er zugleich sein Regie-Diplom an der FAMU bekommt. Auch beim Publikum wird das Drama über ein Kind zwischen zwei Müttern ein Erfolg.
1959 dreht er "Eine alte Liebe", über die Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR. Der Film entspricht zwar den Forderungen der SED-Politik, wird nach einigen Monaten aber dennoch zurückgezogen. Bei diesem Film beginnt Beyers enge Zusammenarbeit mit dem Kameramann Günter Marczinkowsky, der neben dem Ausstatter Alfred Hirschmeier bis in die 1980er Jahre den visuellen Stil seiner Filme mitprägt. Beyers nächster Film "Fünf Patronenhülsen", die Geschichte von Mitgliedern einer internationalen Brigade im spanischen Bürgerkrieg, ist mit Darstellern wie Armin Mueller-Stahl und Manfred Krug hervorragend besetzt und wird von der DEFA, trotz knapper Devisen, teilweise in Bulgarien gedreht.
"Königskinder" (1962) thematisiert das Problem von Anpassung und Widerstand im Faschismus. Angelehnt an sowjetische Vorbilder der "Tauwetter"-Periode hebt sich der Film mit seiner verschachtelten Zeitstruktur, raffinierten Montagen und einer stilisierten Bildkomposition von anderen DEFA-Produktionen jener Jahre ab. Der schwarzweiße Cinemascope-Film "Nackt unter Wölfen" (1962) folgt dann wieder einer linear chronologischen Erzählweise und verzichtet auf formale Extravaganzen. Das auf Tatsachen beruhende Drama über ein von den Häftlingen verstecktes jüdisches Kind und den kommunistischen Widerstand im KZ Buchenwald wird mit einer Silbermedaille für die Beste Regie beim Filmfestival in Moskau sowie mit einem Nationalpreis I. Klasse ausgezeichnet. Heute zählt der Film zu den Klassikern des "antifaschistischen Films" des DDR-Kinos.
1965 verfilmt Beyer Erik Neutschs Bestseller "Spur der Steine". Die Hauptrolle des Bau-Brigadiers Balla spielt der bei der Bevölkerung wegen seines rebellischen Verhaltens sehr populäre Manfred Krug. Trotz großer Aufmerksamkeit durch die Medien und diverse Filmfestivals wird der politisch unliebsame Film wenige Tage nach seiner Ostberliner Premiere "aus dem Programm genommen". Steine des Anstoßes sind das "anarchische" Verhalten des Brigadiers gegenüber den Autoritäten von Partei und Staat sowie die Darstellung der Parteileitung, speziell die Einmischung der Partei in das Privatleben ihrer Funktionäre. "Spur der Steine" wird von Beyer leicht umgearbeitet und zunächst freigegeben – schließlich aber doch verboten.
Mit diesem Eklat findet Frank Beyers Filmkarriere vorläufig ein abruptes Ende. Er muss das DEFA-Studio und Berlin verlassen und arbeitet von 1967 bis 1969 als Regisseur am Staatsschauspiel Dresden. Mit zwei aufwendigen Mehrteilern für das DDR-Fernsehen, "Rottenknechte" und "Die sieben Affären der Dona Juanita", kehrt Beyer Anfang der 1970er Jahre allmählich wieder zum Filmgeschäft zurück. "Jakob der Lügner" (1974), sein erster Kinofilm nach fast zehn Jahren, avanciert zu seinem auch international erfolgreichsten Film. Die Geschichte über das trostlose Leben und die Hoffnung in einem polnischen Ghetto während der Nazi-Besetzung wird auf der Berlinale mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet sowie für den Oscar in der Kategorie "Bester ausländischer Film" nominiert – das erste und einzige Mal, dass einem DEFA-Film diese Anerkennung zuteil wird.
1975 lässt Beyer sich von seiner Frau scheiden, eine Erfahrung, die er gemeinsam mit Jurek Becker in dem Drehbuch zu der Komödie "Das Versteck" verarbeitet, in dem Manfred Krug die Hauptrolle spielt. Noch vor Abschluss der Dreharbeiten wird die Ausbürgerung von Wolf Biermann durch die DDR-Behörden bekannt gegeben. Beyer schließt sich einer Protestpetition von Künstlern an, die im Westen veröffentlicht wird – mit der Folge, dass er auf eine schwarze Liste gesetzt wird und mit erheblichen beruflichen Einschränkungen zu kämpfen hat. Als auch Krug einen Ausreiseantrag stellt, wird die bereits erteilte Feigabe-Zulassung für "Das Versteck" zurückgezogen. Der Westberliner Verband der deutschen Filmkritik zeichnet "Das Versteck" 1979 mit dem Kritikerpreis aus.
Während er in der DDR jahrelang keine Aufträge mehr bekommt, erhält Beyer 1980 vom DDR-Fernsehen die Erlaubnis zu einem "Arbeitsurlaub", um in der BRD die Fernsehfilme "Der König und sein Narr" und "Die zweite Haut" zu realisieren.
1983 legt Beyer mit "Der Aufenthalt" nach vier Jahren Zwangspause wieder einen DEFA-Kinofilm vor. Das Drama über Schuld und Mittäterschaft im Faschismus erhält ohne Probleme seine Zulassung. Das Roadmovie "Bockshorn" (1984) erzählt von zwei Jugendlichen, die quer durch Amerika ziehen. Trotz des Themas wird der Film von der jugendlichen Zielgruppe in der DDR jedoch kaum angenommen. Nach dieser Enttäuschung arbeitet Beyer an diversen Projekten, darunter "Hitlerjunge Salomon" und "Schindlers Liste" für Artur Brauner, von denen jedoch keines zustande kommt.
Gemeinsam mit Wolfgang Kohlhaase entwickelt Beyer nach einer wahren Begebenheit eine Kriminalkomödie, die im Berlin der ersten Nachkriegszeit spielt: "Der Bruch" (1989), mit der Ost-West-Besetzung Rolf Hoppe, Otto Sander und Götz George als Gauner-Trio, wird in der DDR ein Publikumshit und bei der Berlinale "89 von der Kritik positiv aufgenommen, kann jedoch bei der Kinoauswertung in der Bundesrepublik kaum Zuschauer in die Kinos locken.
Nach der Maueröffnung 1989 hat Beyer eine bevorzugte Position, da er durch seine Arbeit bei westdeutschen Fernsehsendern etabliert war. Die von intensiver Presseberichterstattung begleitete Wiederaufführung von "Spur der Steine" in der DDR verstärkt seinen Ruf als in der DDR umstrittener, regimekritischer Filmemacher.
Ende 1990 inszeniert Frank Beyer mit der DEFA-Produktion "Der Verdacht", die Geschichte einer Beziehung im von Misstrauen geprägten DDR-Alltag, seinen letzten Kinofilm. Doch als der Film im Herbst 1991 in die Kinos kommt, besteht von Seiten des Publikums kaum noch Interesse an der DDR-Thematik.
Bis Ende der 1990er Jahre dreht Beyer eine Reihe ambitionierter Fernsehfilme. So etwa den Zweiteiler "Sie und er", eine Ehekomödie mit Senta Berger und Reimar J. Baur in den Hauptrollen und DDR-Schauspielern wie Katrin Saß und Michael Gwisdek in tragenden Nebenrollen, oder die Wiedervereinigungs-Satire "Das große Fest". Die Dreharbeiten zu Beyers nächstem TV-Film, "Das letzte U-Boot" (1992), ein mit großem Etat und internationaler Besetzung realisiertes Zweite-Weltkriegs-Drama, verlaufen wegen technischer Probleme beim Dreh an Bord eines polnischen U-Boots, Sprachverwirrung und mangelhafter Koordination chaotisch.
Nach dem Holocaust-Drama "Wenn alle Deutschen schlafen" (1994; Drehbuch: Jurek Becker) realisiert Beyer 1995 mit der Verfilmung von Erich Loests Roman "Nikolaikirche" ein Großprojekt über die Endphase der DDR. Die für Anfang 1996 geplante Neuverfilmung von Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick" mit Harald Juhnke in der Titelrolle muss wegen eines Alkoholabsturzes Juhnkes auf März 1997 verschoben werden. Bei seiner Ausstrahlung im September 1997 wird der Film ein großer Erfolg bei Kritik und Publikum.
1998 legt Bayer mit "Abgehauen", über die Lebensgeschichte und die Ausbürgerung von Manfred Krug (gespielt von Peter Lohmeyer), seinen letzten Film vor. Im Jahr 2000 erkrankt er schwer und verfasst seine Erinnerungen "Wenn der Wind sich dreht". In den folgenden Jahren wird er in aller Welt mit Retrospektiven seines Werks geehrt.
Am 1. Oktober 2006 stirbt Frank Beyer in Berlin.