Nackt unter Wölfen

DDR 1962/1963 Spielfilm

Inhalt

Frank Beyers Verfilmung des gleichnamigen Romans von Bruno Apitz, der selbst acht Jahre im Konzentrationslager Buchenwald überlebt hat, beruht auf einer wahren Begebenheit: 1945, wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, bringt ein neuer Transport den Polen Jankowski in das KZ Buchenwald. Er trägt einen Koffer bei sich, in dem ein kleiner Junge versteckt ist. Bisher konnte Jankowski ihn so vor den Nazis schützen. Im KZ verstecken zwei weitere Häftlinge, Pippig und Höfel, das Kind in der Effektenkammer. Nicht nur sich selbst bringen die Häftlinge dabei in höchste Gefahr, sie gefährden auch die Aktivitäten der Widerstandsgruppe von Buchenwald. Doch der Junge bedeutet nicht nur ein Risiko, er wird auch zum Zeichen von Hoffnung und Widerstand.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Frühjahr 1945 im Konzentrationslager Buchenwald. Der Lagerleiter, Hauptscharführer Reineboth, bekommt es angesichts der militärischen Lage mit der Angst. Nicht nur die Nachrichten von der Front, die täglich neuen Horrormeldungen via Volksempfänger, sondern auch die Bomberflugzeuge der Alliierten, die über Thüringen fliegen, lassen keinen Zweifel darüber, dass das Tausendjährige Reich seinem vorzeitigen Ende entgegensieht. Während Reineboth („Hier kann uns nur noch der Teufel holen“) wie der Kommandoführer, Hauptscharführer Zweiling, darauf bedacht ist, seine Haut zu retten, die Ruhe im Lager aufrecht zu erhalten und sich bei den Lagerältesten, alle voran Walter Krämer und Andre Höfel, rückzuversichern, wenn der „Ami“ schneller als erwartet über Erfurt auf Weimar zustößt, will SS-Hauptsturmführer Kluttig tabula rasa machen – und verbrannte Erde hinterlassen: Er schickt täglich mehr Häftlinge in den Tod.

Der angesichts der militärischen Übermacht der KZ-Wachmannschaft ohnmächtige Widerstand der Lagerinsassen unter Führung der Häftlings-Selbstverwaltung wächst, aber Krämer, Höfel und Rudi Pippig dämpfen die Emotionen. „Der Amerikaner ist über den Rhein“: Diese Nachricht verbreitet sich rasch beim Morgenappell des Blocks 36. Aber auch diese Erkenntnis: „Remagen ist noch weit.“ In dieser immer angespannteren Situation trifft ein neuer „Evakuierungstransport“ aus Auschwitz ein – und mit ihm Zacharias Jankowski, der einen arg ramponierten Koffer nicht aus der Hand gibt, selbst als ihn ein Wachsoldat darauf anspricht. Es ist ein Wunder, aber in dem ganzen Drunter und Drüber des überfüllten Lagers gelangt der Koffer in die richtigen Hände – in die der Häftling-Selbstverwaltung.

„Ein Miezekätzchen ist uns zugelaufen“: Pippig und Höfel entdecken in dem ausgebeulten Koffer ein kleines Kind, das Jankowski aus Auschwitz mitgebracht hat. Er sei nicht der Vater, beteuert der Pole, und berichtet, dass die Eltern des Kindes aus dem Warschauer Ghetto nach Auschwitz gekommen und dort getötet worden sind. Der „kleine Maikäfer“ übt sofort eine große Faszination auf die geschundenen KZ-Insassen aus, vertreibt die Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit, gibt neuen Mut. Und der ist auch nötig, denn ein Kind im Lager zu verstecken ist so schwierig wie lebensgefährlich. Weshalb Herbert Bochow, politischer Kopf und Leiter der Widerstandsgruppe in Buchenwald, zunächst auch entscheidet, das Kind mit dem nächsten (Todes-) Transport – unter perfider Marschmusik - aus dem Lager zu bringen, um die eigenen Pläne zum militärischen Widerstand mit dem Ziel der Selbstbefreiung nicht zu gefährden. Das Leben von 50.000 Lagerinsassen gegen das eines Kindes – und doch bringen es Krämer, Pippig und Höfel nicht übers Herz. Zusammen mit dem Polen Marian Kropinski, der als Übersetzer fungiert, kümmern sie sich rührend um den Kleinen, besorgen Milch, sorgen für immer neue Verstecke.

Dennoch kommt Zweiling dahinter: August Rose gehört zu den Häftlingen, die so kurz vor Toresschluss nicht vor die Hunde gehen wollen. Er verrät das Kind, weiß aber nicht das aktuelle Versteck – im Schweinestall. Der Kommandoführer setzt, nachdem er aus opportunistischen Gründen zunächst eine Weile geschwiegen hat, doch noch die Maschinerie der Gewalt in Gang. Doch die SS erfährt nichts, nicht von den gefangenen und schwer misshandelten Höfel und Kropinski, nicht von dem zu Tode gefolterten Pippig. Für die KZ-Insassen ist das Kind, wobei sie noch nicht einmal sagen können, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelt, ein Symbol – für den eigenen Überlebenswillen, für den – letztlich erfolgreichen - Kampf gegen die Peiniger...

Mit „Nackt unter Wölfen“ ist Frank Beyer ein Film gelungen, der noch heute unter die Haut geht mit seinen suggestiven Schwarzweiß-Bildern und den Gesichtern, die man nicht vergisst – Erwin Geschonneck und Armin Mueller-Stahl vor allem, Fred Delmare und Kriystyn Wojcik. Er geht auf eine wie wir heute wissen nur teilweise authentische Geschichte zurück, die Bruno Apitz, selbst Buchenwald-Überlebender, in seinem gleichnamigen Roman von 1958 geschildert hat: Als den Häftlingen am 11. April 1945 die Selbstbefreiung gelang, war unter ihnen auch Stefan Jerzy Zweig, ein vierjähriger jüdischer Junge. Über Stationen u.a. in Frankreich und Israel kam er später zur Ausbildung als Kameramann zur Defa nach Babelsberg und heiratete eine DDR-Bürgerin, mit der er 1972 nach Österreich ging.

Frank Beyer, der den Roman an den Originalschauplätzen verfilmte, hat – aus DDR-Sicht naturgemäß – mit „Nackt unter Wölfen“ auch dem kommunistischen Widerstand im Lager ein Denkmal gesetzt. Vom Lagerältesten Krämer, der als früherer KPD-Funktionär im KZ Buchenwald einsitzt, bis hin zu Andre Höfel und dem politischen Kopf Herbert Bochow sind es sämtlich Angehörige der reinen Lehre, die unter Einsatz des eigenen Lebens die Initiative ergreifen. Und selbst unter den Bedingungen eines Konzentrationslagers durchaus willens sind, etwa mit dem russischen Häftling Leonid Bogorski dialektisch über Rolle und Ziel der Partei der Arbeiter- und Bauernklasse zu diskutieren.

Das mutet dem Betrachter heute befremdlich und manchmal gar unfreiwillig komisch an, tut letztlich der Wirkung des Stoffes und seiner um größtmögliche Authentizität bemühten Verfilmung aber keinen Abbruch. Man nimmt es heute nur mit anderen Augen und Ohren zur Kenntnis. „Nackt unter Wölfen“ ist am 10. April 1963 im Berliner Kino Colosseum uraufgeführt und ab 17. November 1967 auch in der Bundesrepublik gezeigt worden. Auf dem Int. Filmfestival Moskau im Juli 1963 mit einem Sonder-Silberpreis für Frank Beyer („Beste Regie“) ausgezeichnet gabs im gleichen Jahr den DDR-Nationalpreis erster Klasse für das „Schöpferkollektiv“ aus Frank Beyer, Bruno Apitz, Kameramann Günter Marczinkowsky und Designer Alfred Hirschmeier. Im Jahr darauf erhielt das „Schauspielerkollektiv“ Gerry Wolff, Herbert Köfer, Erik S. Klein und Wolfram Handel den Heinrich-Greif-Preis für „hervorragende Leistungen der sozialistisch-realistischen Film- und Fernsehkunst der DDR“.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Szenarium

Kamera-Assistenz

Bau-Ausführung

Requisite

Kostüme

Produktionsleitung

Länge:
3384 m, 124 min
Format:
35mm, 1:2,35 (Totalvision)
Bild/Ton:
s/w, Magnetton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 10.04.1963, Berlin, Colosseum

Titel

  • Originaltitel (DD) Nackt unter Wölfen

Fassungen

Original

Länge:
3384 m, 124 min
Format:
35mm, 1:2,35 (Totalvision)
Bild/Ton:
s/w, Magnetton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 10.04.1963, Berlin, Colosseum