Grethe Weiser
Mathilde Ella Dorothea Margarethe Nowka wurde am 27. Februar 1903 in Hannover geboren und wuchs in Dresden auf. 1921 heiratete sie gegen den Wunsch ihrer Eltern Josef Weiser, einen Süßwarenfabrikanten mit dem sie 1922 einen Sohn bekam. Aufgrund des finanziellen Ruins der Fabrik Weisers zum Ende der Inflation zogen sie vom Land in die Hauptstadt. Sie übernahm nach ihrer Mutterschaft Jobs in Berliner Kabaretts, unter anderem im 'Charlott', das ihr Mann dort gepachtet hatte. Obwohl sie durch eine Erbschaft mittlerweile finanziell unabhängig geworden war, war sie mit sechsundzwanzig teilweise in mehreren Kabaretts beschäftigt, spielte aber auch auf Opernbühnen und am Theater. Ihre unverblümte Berliner Art zu reden wurde dort begeistert rezipiert.
Vom Theater und der Operette kam sie 1927 zum Film. In ihrem ersten Stummfilm "Männer vor der Ehe" (1927), in dem sie eine Zofe spielt, wurde sie jedoch nicht einmal im Personenverzeichnis genannt. Auch in einer weiteren Zofenrolle in "Kind, ich freu' mich auf Dein Kommen" (1933) stand im Programmheft ihr Name falsch als 'Gertrud Weiser'. Bis 1937 spielte sie so hauptsächlich in Nebenrollen in fast 30 deutschen Spielfilmen mit. Mit der "Göttlichen Jette" (1937), einer Persiflage auf Marlene Dietrich, wurde sie schließlich auch deutschlandweit bekannt und spielte sich mit angeborener Schlagfertigkeit und Redegewandtheit in die Herzen ihres Publikums.
Da ihr Mann Josef Jude war, hatte Grethe Weiser aus Angst vor einem Berufsverbot bei der Gründung der Reichstheaterkammer fälschlicherweise angegeben Mitglied in der NSDAP zu sein. Nachdem sie daraufhin von ihren Freunden gewarnt wurde, reichte sie nachträglich einen Antrag auf Parteimitgliedschaft ein, die ihr aber durch ihren jüdischen Ehemann verwehrt blieb. Trotzdem wurde sie Mitglied bei der Reichstheaterkammer. Die Ehe der Weisers ging in dieser Zeit in die Brüche. 1934 lernte Grethe Weiser den Filmjuristen und Produzenten Dr. Hermann Schwerin kennen. Auch er hatte einen Sohn und lebte getrennt von seiner Frau. Beide reichten nach ihrer Bekanntschaft jeweils die Scheidung ein. Auf eine Hochzeit wurde aus Angst vor einem Zwang zum Nachweis des "arischen" Stammbaumes erst einmal verzichtet, diese sollte erst 1958 nachgeholt werden.
Während des Krieges wurde sie weiter in Mutter-, Tanten- oder Zofen-Rollen besetzt. Zusammen mit Theo Lingen war sie beispielsweise in "Sonntagskinder" (1941) und mit Rudolph Platte in "Der Meisterdetektiv" (1943) zu sehen, 1944 spielte sie in Georg Jacobys "Die Frau meiner Träume". 1942 wurde Weiser zur Truppenbetreuung auf 'Wehrmachtstournee' geschickt.
1946 wurde im Rahmen der Entnazifizierung ein Auftrittsverbot gegen Grethe Weiser erlassen. Sie leitete ein Verfahren gegen sich selbst ein und versuchte in diesem die damals fälschlicherweise angegebene Mitgliedschaft in der NSDAP zu erklären. Befreundete Zeugen sagten beim Prozess aus, dass Weiser wie auch Schwerin im Dritten Reich ihrem Umfeld mit Geld, falschen Pässen und Ausreisemöglichkeiten geholfen hatten. Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt und das Berufsverbot aufgehoben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte sie in Wernigerode und trat in Hamburg bei der Jungen Bühne und den Hamburger Kammerspielen auf, 1954 zog es sie wieder zurück nach Berlin. In den 1950ern spielte sie in einer Vielzahl von Unterhaltungsfilmen mit zum Beispiel in der Artur Brauner CCC-Film-Produktion "Die Kaiserin von China" (1953). Mit Georg Thomalla stand sie in "Tante Wanda aus Uganda" (1957) vor der Kamera und im selben Jahr war sie in einer weiteren Brauner-Produktion "Einmal eine große Dame sein" (1957) zu sehen. "Holzhammer-Komik zwischen Travestie, Klamotte und unbeholfenem Slapstick-Dilettantismus", (Heinz 1995: 12) nennt Rainer Heinz die Streifen dieser Zeit, aber anscheinend kamen diese beim Publikum an, denn Frau Weiser verdiente damit durchschnittlich 50.000 Mark pro Rolle.
Als Freizeitbeschäftigung Grethe Weisers wurden oft ihre Hunde genannt, zu denen sie eine besondere Beziehung pflegte. Ein von ihr diesbezüglich geäußerter Scherz lautete: "Mein Hund ist wirklich ein Muster an Treue und Gehorsam. Wenn ich zu ihm sage: Kommst du jetzt her oder nicht? — kommt er her oder nicht." (Borgelt 1971: 55) Auch das Patience-Legen zählte zu ihren Steckenpferden - sie hat wohl morgens oft ihre Karten befragt.
In den 1960er-Jahren zog sich Weiser langsam von der Leinwand zurück und war nur in wenigen Kinorollen zu sehen, wendete sich aber verstärkt dem Fernsehen zu. 1968 erhielt sie im Jahr ihres 65. Geburtstages das Bundesverdienstkreuz als Auszeichnung für ihr Lebenswerk. Im Juni 1970 wurde das Theaterstück "Das Kuckucksei" in den Hamburger Kammerspielen vom ZDF aufgezeichnet, in dem sie die Mary Miller spielte, ihre seit 1950 mit Abstand erfolgreichste Theaterrolle. Noch im selben Jahr starb Grethe Weiser allerdings an den Folgen eines Autounfalls, bei dem auch ihr Mann ums Leben kam. Friedrich Luft bezeichnete Weiser, die in über 100 Filmen mitgespielt hatte, in der Welt 1970 als "Volksschauspielerin" und die Kritik der Zeit gab ihm Recht.
Autorin: Wilma Demel
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum gemeinsam angeboten wird.
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