Katharina Thalbach
Katharina Thalbach, geboren am 19. Januar 1954 in Berlin, stand als Tochter der Schauspielerin Sabine Thalbach und des Regisseurs Benno Besson von Kindesbeinen an in Kontakt mit dem Theater. Ab dem Alter von vier Jahren übernahm sie Kinderrollen auf der Bühne, im Fernsehen und im Film. 1961 spielte sie in Lothar Warnekes "Es ist eine alte Geschichte" ihre erste größere Filmrolle.
1969 bot ihr Helene Weigel die Rolle der Hure Betty in der "Dreigroschenoper"-Inszenierung des Berliner Ensembles an, wo sie als Entdeckung gefeiert wurde. Ab 1972 spielte sie an der Volksbühne Berlin. Große Erfolge erzielte sie in Inszenierungen von Peter Hacks (als Venus/Galatea in Offenbachs "Die schöne Helena") und von Karge/Langhoff (als Desdemona in Shakespeares "Othello" und als Mira in Pereira da Silvas "Speckhut"). 1973 erhielt sie in Konrad Wolfs Spielfilm "Der nackte Mann auf dem Sportplatz" die Rolle einer jungen Schwangeren. Im selben Jahr brachte sie ihre Tochter Anna zur Welt. In den folgenden Jahren spielte Thalbach eine Bauerntochter im Mehrteiler "Die Frauen der Wardins" sowie in zwei Goethe-Filmen von Egon Günther: die Ottilie in "Lotte in Weimar" und Lotte in "Die Leiden des jungen Werther".
Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns siedelte Katharina Thalbach 1976 gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schriftsteller und Regisseur Thomas Brasch, nach Westberlin über. Dort setzte sie ihre Karriere sowohl am Theater als auch im Film fort. Neben Rollen in anderen prominenten Inszenierungen spielte sie in Jürgen Flimms "Käthchen von Heilbronn" (Köln, 1979) und erhielt für diese Hauptrolle die Auszeichnung zur "Besten Darstellerin des Jahres 1980" der Zeitschrift "Theater heute".
Im Kino überzeugte sie in Margarethe von Trottas "Das zweite Erwachen der Christa Klages" (1978), in dem sie als Bankangestellte auf eigene Faust eine Bankräuberin verfolgt, und in Volker Schlöndorffs "Die Blechtrommel" (1979), wo sie Maria, Oskars junge Stiefmutter und Liebhaberin verkörperte. Im zweiteiligen Filmessay "Fluchtweg nach Marseille“(1978) nahm Thalbach in einer persönlichen Reflexion Stellung zu Anna Seghers Exil-Roman "Transit". Bei Geissendörfer spielte sie im TV -8-Teiler "Theodor Chindler" die revolutionäre Tochter des Reichstagsabgeordneten.
In Thomas Braschs Filmdebüt "Engel aus Eisen"(1981) spielte Katharina Thalbach die weibliche Hauptrolle der Lisa Gabler, Angehörige der Gladow-Bande, die im geteilten Nachkriegsberlin auf Raubzüge ging. Die Figur der Schauspielerin Lisa in "Domino" (Brasch, 1982) ist teilweise ihrer eigenen Lebensgeschichte nachempfunden und speziell für sie geschrieben. Die achtziger Jahre brachten ihr aber auch spannende Theaterpartien, so etwa die Rolle der Oi in der Uraufführung von Braschs "Mercedes" (Regie: Matthias Langhoff, 1983) und die der Ophelia in der "Hamlet"-Inszenierung ihres Vaters Benno Besson am Schauspielhaus Zürich.
In den nächsten Jahren spielte Thalbach in zahlreichen Filmen und TV-Produktionen, unter anderen in "Paradies" von Doris Dörrie (1986), "Helsinki Napoli" von Mika Kaurismäki (1987), "Der Passagier – Welcome to Germany" von Thomas Brasch (1988), "Die Lügnerin" von Siegfried Kühn (1993), "Die Denunziantin" von Thomas Mitscherlich (1993), "Sonnenallee" von Leander Haußmann (1998/99) und in Heinrich Breloers TV-Dreiteiler "Die Manns – Ein Jahrhundertroman" (2001).
Besonders zwischen 2004 und 2008 war sie (zum Teil in Nebenrollen) in einer ganzen Reihe hochkarätiger und ambitionierter Kinoproduktionen zu sehen, darunter Leander Haußmanns Komödie "NVA" sowie dessen Schiller-Verfilmung "Kabale und Liebe", Didi Danquarts "Offset" und Detlev Bucks hoch gelobter Kinderfilm "Hände weg von Mississippi".
Eine ihrer wichtigsten Rollen der letzten Jahre spielte Thalbach unter der Leitung von "Blechtrommel"-Regisseur Volker Schlöndorff: In "Strajk – Die Heldin von Danzig" (2006) verkörpert sie die legendäre polnische Gewerkschafterin Agnieszka . Viel Kritikerlob erhielt sie auch für ihre Leistung in der Sozialkomödie "Du bist nicht allein" (2007) von Bernd Böhlich – mit dem sie ein Jahr später bei der romantischen Komödie "Der Mond und andere Liebhaber" erneut zusammen arbeitete.
Im Jahr darauf spielte sie eine tragende Nebenrolle in dem TV-Krimi "Commissario Laurenti - Der Tod wirft lange Schatten" an der Seite von Henry Hübchen. Auf der Kinoleinwand sah man Thalbach in den folgenden Jahren in Nebenrollen so unterschiedlicher Filme wie Jo Baiers Historienepos "Henri 4" (2010), der Kinderbuchverfilmung "Hanni & Nanni" (2010), der Til-Schweiger-Komödie "Kokowääh" (2011) und dem Migrantendrama "Almanya – Willkommen in Deutschland", das im Wettbewerb der Berlinale 2011 Premiere feierte. Im Rahmen der Berlinale wurde sie in diesem Jahr auch mit dem vom Progress-Verleih gestifteten "Paula"-Preis ausgezeichnet.
2012 sah man Thalbach in einer ganzen Reihe von Kino- und Fernsehproduktionen: in der Filmbiografie "Friedrich - Ein deutscher König" (TV) spielte sie den alten König Friedrich; in "Hanni & Nanni 2" schlüpft sie erneut in die Rolle der putzigen Französischlehrerin Mademoiselle Bertoux; in dem Psychothriller "Du hast es versprochen" gab sie eine Fischhändlerin, die ein dunkles Geheimnis hütet; in "Die Vermessung der Welt" war sie die Mutter des Mathematikers Carl Friedrich Gauß; und in "Ludwig II" von Peter Sehr und Marie Noelle verkörperte sie Königin Marie von Bayern. Außerdem lieh Thalbach bei den Animationsfilmen "Der Mondmann" und "Der kleine Rabe Socke" einzelnen Charakteren ihre Stimme.
Kaum weniger aktiv war die Schauspielerin im Jahr darauf. In dem Fantasy-Abenteuer "Rubinrot" spielte sie die eigenwillige Tante der übersinnlich begabten Protagonistin, in Uwe Jansons Satire "Der Minister" eine Politikerin namens Angela Murkel; in der Komödie "Hai-Alarm am Müggelsee" von Leander Haußmann und Sven Regener war sie eine namenlose Figur, die nur "die zynische Irre" hieß, und in "Hanni & Nanni 3" gab sie einmal mehr die Französischlehrerin Mademoiselle Bertoux.
Auch 2014 blieb Thalbach den Genres Kinder- und Familienfilm treu. In der Kinderbuchverfilmung "Rico, Oskar und die Tieferschatten" spielte sie die schlitzohrige Ellie Wandbek, für den Fantasyfilm "Saphirblau" schlüpfte sie nach "Rubinrot" (2013) erneut in die Rolle der Großtante Maddy und in Til Schweigers "Honig im Kopf" hatte sie als lebenslustige, leicht exzentrische Schwiegermutter eine echte Paraderolle. In Uwe Jansons sozialkritischer Satire "Die Schlikkerfrauen" (2014) glänzte Thalbach als Angestellte einer bankrotten Drogeriekette, die gemeinsam mit Kolleginnen den korrupten Chef des Unternehmens als Geisel nimmt.
2015 gehörte sie zum Ensemble von "Rico, Oskar und das Herzgebreche", erneut als diebische Ellie Wandbek, und hatte eine Nebenrolle in "Ich bin dann mal weg", nach dem Bestseller von Hape Kerkeling. In "Bibi & Tina 3: Mädchen gegen Jungs" (2016) gab sie eine sympathische Zeltlager-Köchin, in dem Fantasyfilm "Smaragdgrün" (2016) erneut die gütige Großtante Maddy. TV-Hauptrollen hatte sie als listig-kriminelle Großmutter in der Gaunerkomödie "Wir sind die Rosinskis" (2016) und als ländliche Bürgermeisterin in der viel gelobten Heimatkomödie "Zwei Bauern und kein Land" (2017).
Auf der Kinoleinwand sah man Thalbach weiterhin meist in tragenden Nebenrollen: als Lehrerin in "Hanni & Nanni: Mehr als beste Freunde" (2017), als Nachbarin in dem Liebesreigen "Wuff - Folge dem Hund" (2018) und als Großmutter in der Gesellschaftskomödie "100 Dinge" (2018). Eine zentrale Rolle hatte sie in Yilmaz Arslans Coming-of-Age-Drama "Sandstern" (2018): Darin spielte sie die großmütterliche Nachbarin eines 12-jährigen Türken, der neu nach Deutschland gezogen ist.
Danach gab sie die Schulrektorin in dem Kinderfilm "Alfons Zitterbacke - Das Chaos ist zurück" (2019). Philipp Stölzl besetzte sie in dem Musical "Ich war noch niemals in New York" (2019) in einer Hauptrolle, als nach Amerika aufbrechende Frau mit Gedächtnisschwund. Für diese Rolle erhielt sie den Ernst-Lubitsch-Preis.
Ebenfalls 2019 wurde ihr vom französischen Kulturministerium der Ordre des Arts et des Lettres verliehen, eine Auszeichnung an "Personen, die sich durch ihr Schaffen im künstlerischen oder literarischen Bereich oder durch ihren Beitrag zur Ausstrahlung der Künste und der Literatur in Frankreich und in der Welt ausgezeichnet haben".
In den nächsten Jahren spielte Thalbach die großmütterliche Vermieterin der Hauptfigur in der Lehrerkomödie "Extraklasse 2+" (2021,) und dessen Fortsetzung "Extraklasse - On Tour" (2022); in der Krimiparodie "Miss Merkel - ein Uckermark-Krimi" (2023) verkörperte sie Angela Merkel, die als Pensionärin eine neue Berufung als Hobbydetektivin findet und einen Mordfall löst.
Am Berliner Theater Komödie am Kurfürstendamm sah man sie 2022 in "Mord in Orient im Orientexpress" als scharfsinnigen Detektiv Hercule Poirot – und wurde dafür mit dem Publikumspreis Goldener Vorhang ausgezeichnet. Im Kino gehörte sie 2024 zum Ensemble der Agentenkomödie "Kundschafter des Friedens 2".
Katharina Thalbachs Tochter Anna (geboren 1973, Vater ist Vladimir Weigl) ist ebenfalls Film- und Fernsehschauspielerin.