Inhalt
Neuverfilmung der populären DDR-Kinderbuchreihe "Alfons Zitterbacke – Geschichten eines Pechvogels". Im Mittelpunkt steht der zehnjährige Alfons, der davon träumt, Astronaut zu werden. Für den Moment würde es ihm aber schon genügen, sportlich zu glänzen und gut in der Schule zu sein. Leider sieht die Realität anders aus: Von den Lehrern wird Alfons unfair behandelt, und von seinen Mitschülern wird er wegen seines Nachnamens gehänselt. Bei einem Wettbewerb für Fluggeräte sieht Alfons endlich die Chance gekommen, allen zu beweisen, was in ihm steckt. Er will eine riesige Rakete konstruieren, die sämtliche Mitbewerber blass aussehen lässt. Tatkräftige Unterstützung erhält er dabei von seinem besten Freund Benni und seiner neuen Klassenkameradin Emilia.
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Trotz dieses Horrorszenarios ist eines ist für den elfjährige Ich-Erzähler Alfons Zitterbacke (der 12-jährige Tilman Döbler mit enormer, selbstverständlicher Unbekümmertheit) ganz klar: Er wird einmal als genialer Erfinder und zukünftiger Astronaut das Weltall erobern! Leider stolpert er auf Mutter Erde immer nur von einem Missgeschick ins nächste, womit er sich regelmäßig Ärger einhandelt. Zum einen daheim, weil er etwa mit sportlichen Leistungen seinen Vater Paul nie zufrieden stellen kann. Und es darüber zuhause oft Streit der Eltern untereinander gibt, denn seine Mutter Louise, stark geforderte Filialleiterin eines großen Baumarktes, schlägt sich zumeist auf seine Seite. Das geht inzwischen so weit, dass der aus dem Schlafzimmer verbannte Paul seine Nächte in einem Zelt im Garten verbringen muss.
Auch auf dem Gymnasium hat der vor Ideen nur so sprühende Junge nichts zu lachen. Denn er wird schon seines ungewöhnlichen Namens wegen gemobbt, und das nicht nur von der Clique des Klassenrowdies Nico, sondern auch von den so genannten Pädagogen, allen voran vom Sportlehrer Greife, vom Chemielehrer Dr. Olaf Schubert und von der diktatorischen Direktorin Dr. Girzig. Nur sein bester Freund mit dem wunderbar leuchtenden Rotschopf, Benni Diezler, steht zu ihm. Und bald auch seine neue, aus Berlin nach Halle an der Saale zugezogene Nachbarin und Klassenkameradin Emilia, die Alfons anvertraut, warum sie wirklich bei ihrer Großmutter leben muss. Und ihm immer wieder Mut macht: „Alle großen Erfinder wurden anfangs ausgelacht…“
Das Trio will es allen zeigen und nimmt mit einer selbst gebastelten Wasserrakete an einem außerschulischen Technik-Wettbewerb teil. Ihr größter Konkurrent um das spektakulärste Fluggerät: Nico und sein Großkotz von Opa Klausner („Geld spielt keine Rolle bei uns“). Wie gut, dass Alfons sein Idol Alexander Gerst und dessen Kopiloten, den Kosmonauten Sergej Krumov, an seiner Seite weiß, denn: „Wer mit Freunden und Ideen durchs Leben geht, der kann gar nicht immer Pech haben.“
„Zitterbacke, Hühnerkacke…“: Die drei Kinderbücher „Alfons Zitterbacke - Geschichten eines Pechvogels“ (1958), „Alfons Zitterbacke hat wieder Ärger“ (1962) und „Alfons Zitterbackes neuer Ärger“ (1995) von Gerhard Holtz-Baumert waren in der DDR ein Hit, wurden von der Defa für die große Kinoleinwand verfilmt und auf Litera-Schallplatte gepresst. 1966 hat Konrad Petzold die Erzählung „Alfons Zitterbacke, die heitere Geschichte eines Pechvogels“ zuerst fürs Kino und knapp zwanzig Jahre später als Serie fürs Fernsehen der DDR adaptiert.
Dass sich jetzt ein West-Regisseur, der aus Münster stammende Mark Schlichter, diesem in den alten Bundesländern so gut wie unbekannten Stoff erneut widmet und mit einem hochkarätigen Ensemble besetzt, noch zu nennen Axel Prahl, der dem ängstlichen Wachhund Elvis seine Stimme leiht, erstaunt schon. Naturgemäß hat er zusammen mit den Drehbuchautoren den Sechziger-Jahre-Stoff ins Hier und Jetzt übertragen: Alfons, seinerzeit großer Juri-Gagarin-Fan, träumt nun eine Raumfahrt an der Seite des deutschen Astronauten Alexander Gerst. Und kommuniziert mit Benni nicht mehr mittels Telefon aus Schnüren und Dosen, eine Technik, die man heute etwa im Kindermuseum Duisburg nachvollziehen kann, sondern skypt mit seinem Freund via Internet.
Alfons bekommt mit Emilia, der Neuen in seiner Klasse, erstmals eine Freundin. Die Schule ist, das muss den Wessis erklärt werden, nach Sigmund Jähn benannt. Der ehemalige Wehrmachts-Jagdflieger, Kosmonaut und Generalmajor der Nationalen Volksarmee der DDR flog im August 1978 als erster Deutscher in den Weltraum. Übrigens: Helmut Rossmann, der Titeldarsteller von 1966, wirkt in einer kleinen Episodenrolle als Bratwurstverkäufer beim von Checker Tobi Krell (als er selbst) moderierten Flugobjekt-Wettbewerb mit. So liebenswert-aufmerksam wie dieser Besetzungs-Coup ist der ganze Familienfilm.
Alle drei jungen Protagonisten verfügen bereits über Bühnen- und Filmerfahrung. Tilman Döbler. Berliner des Jahrgangs 2006, erhielt für den TV-Film „Zuckersand“ 2017 den Grimme-Preis, Lisa Moell, Jahrgang 2005, wurde 2018 mit dem Kindermedienpreis „Der weiße Elefant“ ausgezeichnet als „Königin von Niendorf“, im Jahr darauf „Bester Kinderfilm“ der Deutschen Filmkritik. Axel Prahl, der Münsteraner „Tatort“-Kommissar und einst langjähriges Ensemblemitglied des Berliner Grips-Theaters, bei der Uraufführung Anfang April 2019 in der Prenzlberger Kulturbrauerei: „Ich bin immer sehr dankbar, wenn ich Kinofilme für Kinder entdecke, die auch mich als Erwachsenen ansprechen. Ich habe selbst zwei Kinder in dem Alter, für das dieser Film gemacht wurde, und ich bin immer sehr froh, wenn intelligente Unterhaltung dahintersteckt.“
Pitt Herrmann