Biografie
Robert Paul Fritz Herlth wurde am 2. Mai 1893 in Wriezen/Oder geboren. Nach dem Abschluss des Realgymnasiums studierte er von 1912 bis 1914 Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Sein jüngerer Bruder Kurt war zunächst als Hochbau-Ingenieur und später ebenfalls als Filmarchitekt tätig.
1914 wurde Robert Herlth zum Kriegsdienst eingezogen; nach einer Verwundung versetzte man ihn zum Schreibstubendienst im besetzten Vilnius (Litauen), das damals zum Russischen Kaiserreich gehörte. Dort holte der Filmarchitekt Hermann Warm ihn 1916 zum Fronttheater, wo er bis zum Kriegsende im Herbst 1918 tätig war, gegen Ende zusammen mit Walter Reimann, den Warm ebenfalls dorthin geholt hatte. In Vilnius lernte Herlth auch seine spätere Ehefrau Mania Leibson kennen.
Im Januar 1919 kehrte Herlth nach Berlin zurück. Im Jahr darauf holte Warm ihn, Reimann und Walter Röhrig zur Decla-Bioscop Film. Zusammen mit Röhrig zeichnete er dort unter anderem für die Bauten von "Das Geheimnis von Bombay. Das Abenteuer einer Nacht" (1920) verantwortlich. Bei Fritz Langs "Der müde Tod" (1921) entwarf Herlth die Szenenbilder der deutschen, sowie Teile der chinesischen Episode.
Schließlich wurden Herlth und Röhrig, die ein gemeinsames Atelier unterhielten, von der Ufa als Filmarchitekten engagiert. Die Bandbreite ihres Schaffens zeigte sich besonders Mitte der 1920er Jahre: 1923 gestalteten sie die gedrungenen Innenräume für Pabsts "Der Schatz", 1925 die luftigen Heidelandschaften und die strengen Bauernzimmer für Arthur von Gerlachs "Zur Chronik von Grieshuus", 1926 die klaren, stilisierten Interieurs zu Murnaus "Tartüff".
Von besonderer Bedeutung waren die Arbeiten mit F.W. Murnau, der sich kreativ in die Szenenbildgestaltung einbrachte. Neben den lichtdurchfluteten Hotelhallen für "Der letzte Mann" waren auch die Szenenbilder zu "Komödie des Herzens" (1924), "Tartüff" (1925), "Faust" (1926) und "Vier Teufel" (1928) von bemerkenswerter Originalität. Zusammen mit Murnau und seinem Stammkameramann Karl Freund bildeten Herlth und Röhrig eines der kreativsten Filmteams ihrer Zeit. Auch Alfred Hitchcock, der 1924 das Set von "Der letzte Mann" besucht hatte, ließ sich nach eigener Aussage von der expressionistischen Gestaltung der Filme inspirieren.
Weitere bedeutende Arbeiten des Duos Herlth-Röhrig waren Viktor Tourjanskys "Manolescu" (1929), Erik Charells "Der Kongreß tanzt" (1931) sowie insgesamt 13 Filme mit Gustav Ucicky, beispielweise "Hokuspokus" (1930), "Mensch ohne Namen" (1932) und, während der NS-Zeit, "Flüchtlinge" (1933) und "Savoy-Hotel 217" (1936).
Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 konnte Robert Herlth seine Arbeit ungehindert fortsetzen, obwohl seine Ehefrau, die aus Vilnius stammende Mania Leibson, Jüdin war. 1936 endete jedoch die Zusammenarbeit mit Röhrig. Mutmaßlicher Grund war die desaströs verlaufende erste Regiearbeit der beiden, das aufwändige NS-Prestigeprojekt "Hans im Glück" (1936); ein Faktor dürfte aber auch Röhrigs Aufforderung an Herlth gewesen sein, sich von seiner Frau zu trennen, um beider Karrieren nicht zu gefährden (Röhrig entwarf später die Szenenbilder zu Karl Ritters NS-Propagandafilmen "Patrioten", 1937, "...Über alles in der Welt", 1941, und "Kadetten", 1941).
Tatsächlich forderte 1936, noch während des Drehs zu "Hans im Glück", die "Abstammungsprüfstelle" der Reichstheaterkammer einen "Ariernachweis" von Herlth und Leibson. Doch obwohl dieser nicht erbracht werden konnte, duldete man die Situation. Herlth erhielt von der Reichsfilmkammer "im Einvernehmen mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" eine "jederzeit widerrufliche Sondergenehmigung, sich als Architekt auf dem Gebiete des Films zu betätigen".
Bei Leni Riefenstahls "Olympia"-Filmen (1936-38) zeichnete Herlth für die filmtechnischen Bauten verantwortlich. Wie der Filmjournalist Hanns-Georg Rodek 2023 in einer detailreichen Reportage über Herlths Leben schrieb, vermutete Herlths enge Freundin Lotte Eisner einen unausgesprochenen "Olympia"-Deal: "Du arbeitest für mich, und ich sorge dafür, dass euch nichts passiert."
1937 ging Herlth zur Tobis, zwei Jahre später zur Terra, wo er vorwiegend Szenenbilder für leichte Unterhaltungsfilme entwarf, darunter einige Filme Géza von Bolvárys (u.a. "Opernball", 1939, "Rosen in Tirol", 1940), aber auch Helmut Käutners "Kleider machen Leute" (1940). 1944 wirkte er an G.W. Pabsts "Der Fall Molander" (1945) mit, der sich zum Kriegsende 1945 gerade im Schnitt befand und nicht fertiggestellt wurde.
Herlths erster Farbfilm, "Die Fledermaus" (Regie: Géza von Bolváry), befand sich zum Kriegsende ebenfalls im Schnitt und startete erst 1946. Da dieser Film in Prag produziert wurde, hielten sich auch Herlth und sein Bruder Kurt zum Kriegsende dort auf. Sie gerieten in Gefangenschaft der Roten Armee, konnten aber flüchten (Mania Leibson und die gemeinsame Tochter waren bereits 1943 untergetaucht, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen).
Im Nachkriegsdeutschland arbeitete Herlth zunächst als Bühnenbildner für verschiedene Theater, darunter die Staatsoper Berlin. Seine erste Filmarbeit nach dem Krieg war 1947 der in München gedrehte "Zwischen gestern und morgen". 1948 holte ihn Carmine Gallone nach Rom, um gemeinsam mit Gastone Medin die "Faust"-Adaption "La leggenda di Faust" zu gestalten.
Schließlich zog Herlth mit seiner Familie nach München (sein Bruder Kurt arbeitete in Babelsberg für die Defa). Bis 1960 wirkte er an zahlreichen Unterhaltungsfilmen mit, so zum Beispiel "Das doppelte Lottchen" (1950), "Die Försterchristel" (1952) und "Sauerbruch – Das war mein Leben" (1954). Allein sechs Filme gestaltete er für den Regisseur Kurt Hoffmann, darunter Klassiker wie "Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" (1957) und "Das Wirtshaus im Spessart" (1958). Mit Wolfgang Liebeneiner arbeitete er unter anderem bei dem Klassiker "Die Trapp-Familie" (1956) und dem Kriegsgefangenen-Drama "Taiga" (1958). Für das Szenenbild zu Alfred Weidenmanns aufwändiger "Buddenbrooks"-Verfilmung (1959) erhielt Herlth 1960 den Bundesfilmpreis – die einzige "offizielle" Würdigung für einen der bedeutendsten und produktivsten deutschen Szenenbildner des 20. Jahrhunderts.
Robert Herlth, dessen Filmografie rund 160 Titel umfasst, starb am 6. Januar 1962 in München.