Hans Moser
Hans Moser, geboren als Johann Julier am 6. August 1880 in Wien, begann nach dem Besuch einer Handelsschule zunächst eine Lehre als Buchhalter bei einem Wiener Lederwarenhändler. Obwohl seine Eltern gegen eine Laufbahn als Schauspieler waren, besuchte er daneben kurzzeitig die Theaterschule Otto. Zudem nahm er Sprechunterricht bei dem Hofschauspieler Josef Moser – eine offenbar prägende Zeit, denn Josef Mosers Nachname diente Johann Julier fortan auch als Künstlername.
Sein erstes Engagement erhielt Hans Moser mit 17 Jahren an einer Schmierenbühne in Friedek-Mistek an der Ostrawitza, gefolgt von Auftritten als Statist und Chorsänger in Czernowitz und Cilli; seine ersten Sprechrollen hatte er 1897 am böhmischen Stadttheater Reichenberg. Anfang 1903 wurde er von Intendant Josef Jarno ins Ensemble des Wiener Theaters in der Josefstadt berufen. Da er auf Grund seiner geringen Körpergröße (1,57 Meter) oft in Kinderrollen besetzt wurde, verließ Moser 1907 das Ensemble und schloss sich Wanderbühnen an, mit denen er durch böhmische Dörfer, die Steiermark, Mähren und Ungarn zog.
Im Jahr 1910 kehrte Moser nach Wien zurück, wo er in Revue- und Kabarettaufführungen kleinere Rollen bekam. Am 5. August 1911 heiratete er Blanca Hirschler (1890-1974); zwei Jahre später wurde seine Tochter Margarete geboren. Im gleichen Jahr konnte er erste Erfolge als Solo-Komiker an der Possen-Bühne "Max und Moritz" verbuchen. 1914 wurde Moser zum Kriegsdienst eingezogen und war bis 1918 als Soldat in der k.u.k. Bau-Compagnie 1 des 4. Regiments an der Ostfront und am Isonzo in Norditalien.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wendete Moser sich erneut dem Kabarett zu. Als Ensemblemitglied der Wiener Rolandbühne trat er ab 1920 in Schwänken und Einaktern an Varietés und Musikbühnen auf. Dabei etablierte er sich zusehends als unverwechselbarer Charakterkomiker, nicht zuletzt dank Sketchen wie "Ich bin der Hausmeister vom Siebenerhaus" (1922), "Der Patient" (1922; 1932 als Kurzfilm verfilmt) und dem von ihm selbst verfassten "Der Dienstmann" (1923; 1928 und 1932 als Kurzfilme verfilmt). In Revuen des Varieté Ronacher und in Operetten des Theaters an der Wien spielte er Figurentypen, die auch sein späteres Filmimage prägen sollten: Kammerdiener, Billeteure, Hausknechte und andere dienstbare, aber kauzige Geister.
1925 wurde Hans Moser von Max Reinhardt erneut ans Theater in der Josefstadt engagiert; diesmal waren die Rollen hochkarätiger: Er spielte in Stücken unter anderem von Schnitzler und Nestroy. Außerdem stand er bei den Salzburger Festspielen und 1926 am Deutschen Theater Berlin auf der Bühne, 1927/28 gab er bei einem New Yorker Reinhardt-Gastspiel am Broadway den Zettel in Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". In Berlin und Wien arbeitete er mit renommierten Regisseuren wie Heinz Hilpert sowie Otto Preminger und avancierte vor allem beim Wiener Publikum zu einem Star; seinem Rollentyp des nuschelnd-nörgelnden Kleinbürgers blieb er dabei meist treu. Trotz der Bühnenerfolge übernahm er zwischen 1934 und 1939 nur noch gelegentlich Theaterengagements. Um sich auf seine Filmkarriere zu konzentrieren, verzichtete er schließlich fast komplett auf Bühnenauftritte.
Seine ersten Nebenrollen in Filmen hatte Moser in den 1920er Jahren in Stummfilmen gespielt, so etwa als Notar in "Kleider machen Leute" (1922), als Abgeordneter in "Die Stadt ohne Juden" (1924), nach dem Roman von Hugo Bettauer, und als Dienstmann in "Die Familie ohne Moral" (1927). Aber erst mit dem Tonfilm, der ihm Gelegenheit gab, seinen ganz eigenen Sprachduktus zum Einsatz zu bringen, gelang Moser schließlich der Durchbruch als Filmschauspieler, wenn auch zunächst in Nebenrollen. Sein Tonfilm-Debüt gab er 1930 mit einem kleineren Part in der Komödie "Geld auf der Straße". In Willi Forsts Schubert-Film "Leise flehen meine Lieder" (1933) verkörperte er einen Pfandleiher, in dem Melodram "Maskerade" (1934) einen Gärtner. In Komödien, häufig inszeniert von E. W. Emo, Geza von Bolvary oder Carl Lamac, kultivierte er seine typische Rolle als fortwährend moserndes Faktotum, meist mit den Namen Anton, Ferdinand, Franz oder Alois.
Uniformen und Dienstmützen aller Art waren zwar die Insignien seiner Figuren, aber Moser spielte seine Aufseher, Diener und Beamten nicht ohne Hintersinn. So schrieb der Kritiker Karsten Witte 1981: "Mißmutige und Dienende waren Mosers Rollen, der Kleinbürger als Misanthrop sein Fach. Doch war er kein Menschenfeind, nicht von den Finten seiner Klasse geknickt, sondern von den Allüren der Herrschenden. Seine Grantigkeit drückt auch den Mißmut am Dienen aus." Damit stellte Moser einen Kontrast zu braven Kleinbürger-Darstellern wie Heinz Rühmann dar. Zugleich porträtierte er immer wieder Charaktere, die einen Wandel durchleben: In "Anton, der Letzte" (1939) gab er einen Bewunderer des Adelsstands, der schließlich zum Kämpfer für die Anliegen des kleinen Mannes wird; in "Das Ferienkind" (1943) war er ein verbitterter Mann, der vor Jahren seine eigene Tochter verstoßen hatte, aber durch sein Enkelkind zum liebevollen Großvater wird; in "Der Herr Kanzleirat" (1948) brillierte er als biestiger Frauenfeind, der sich unverhofft in eine junge Frau verliebt.
Nach 1933 war Moser für seine Filmarbeiten in Berlin auf eine "Sonderbewilligung" angewiesen. Er weigerte sich, sich von seiner jüdischen Frau Blanca scheiden zu lassen, die Deutschland im Jahr 1939 alleine verließ. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Nazi-Herrschaft lebte das Paar zeitweilig in Baden bei Wien; Moser gab im Landestheater Salzburg (auf englisch!) seinen "Dienstmann" für die Besatzungstruppen; 1947 trat er erneut an Wiener Theatern auf. 1948 gab Moser Gastspiele an Paul Walter Jacobs Freier Deutscher Bühne im argentinischen Buenos Aires, wo auch seine Tochter lebte, und in der New Yorker Carnegie Hall.
Seine Kinofilme der Nachkriegszeit waren ganz auf ihn zugeschnittenen. In Komödien wie "Hallo, Dienstmann" (1951) und "Der Onkel aus Amerika" (1953) gab Moser mit großem Erfolg seine cholerischen Nörgler; sanftere Varianten dieses Typus spielte er in Historienfilmen wie "Kaisermanöver" (1954) und "Kaiserball" (1956). Er wirkte in Remakes alter Filmerfolge wie "Der Kongreß tanzt" (1955) und "Die drei von der Tankstelle" (1955) mit, sowie in Neuauflagen eigener Kassenerfolge wie "Die Deutschmeister" (1955), "Opernball" (1956) und "Unentschuldigte Stunde" (1957). Seine amüsante, ironische Galligkeit wich dabei mit den Jahren einer altersmilden Sentimentalität.
Mosers Theaterarbeit beschränkte sich in den 1950er Jahren auf gelegentliche Gastspiele an Wiener und Münchner Bühnen. Am Wiener Burgtheater stellte er 1954 in einer Inszenierung von Schnitzlers "Liebelei" noch einmal sein Können als ernster Charakterdarsteller unter Beweis; 1957 wirkte er auch im gleichnamigen Fernsehspiel mit. 1961 verkörperte er den Zauberkönig in der TV-Adaption "Geschichten aus dem Wienerwald". Im gleichen Jahr wurde er zum Kammerschauspieler ernannt; 1962 erhielt er das Filmband in Gold für sein "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film".
Als himmlischer Polizeikonzipient in Kurt Meisels Burgtheater-Inszenierung von Molnárs "Liliom" stand Moser im November 1963 zum letzten Mal auf der Bühne. Seine letzte Rolle vor der Kamera spielte er in "Das Leben ist die größte Schau" (1964). Am 19. Juni 1964 erlag Hans Moser in Wien einem Lungenkrebs-Leiden. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.