Schabernack. Wer ist wer

Deutschland 1936 Spielfilm

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Falk Schwarz
Ein Hotel voller Verrückter
Wenn sich der prächtige Max Gülstorff als Hotelier Mügler aus Dresden so richtig die Hände reibt, sich in volle Aufbruchstimmung versetzt und sich dem „Filmdoktor“ Paul Henkels ausliefert, dann entsteht echte Komik. Gülstorff tanzt auf dem Hochseil, ist ständig auf 180 und gleich danach wieder zu jeder Vergebung bereit, er überdreht und ist doch ganz federnde Spannung bei allem, was er tut. Ein großartiger Darsteller, der viel zu selten in Filmen eingesetzt wurde (schon 1947 leider verstarb). Hier kommt er als Verehrer, Geizhals und Krösus daher, um die hübsche Hotelbesitzerin zu umgarnen. Viel zu alt, viel zu frech - aber wie er Trude Marlen die Hand auf den Arm legt und ihr in die Augen schaut, das hat etwas Absurdes und Unverfrorenes zugleich. Denn es geht ja bei diesem Film um das Spiel mit den Identitäten. Wer ist „verrückt“ und wer nicht? Als das Sanatorium abbrennt, in dem eine hochkarätige Klientel sich zur Kur aufhält, fallen sie in das Hotel darunter ein und freuen sich über den Schabernack, den sie jetzt treiben, weil sie so tun, als wären sie verrückt („Pension Schöller“ stand Pate). Doch als der Ulk vorbei ist, fällt es schwer, wieder „normal“ zu sein. „Jeder hält sich selbst für normal, nur die anderen sind verrückt“. Daraus schlagen Moser, Hörbiger und der pfiffige Regisseur E.W. Emo allerhand Funken. Witzig wird der Film dann, wenn Gülstorff im Vorbeigehen den Hoteldiener Wandl (Hans Moser) als „Schafskopf“ bezeichnet, und dieser richtig beleidigt ist. Denn er sieht natürlich nicht, dass er mit seiner Angst vor den normalen „Verrückten“ wirklich der einzige Schafskopf weit und breit ist. Der Film, entstanden 1936, soll keine Naziuntertöne haben. Doch wenn der Wandl sich von Journalisten bestechen lässt und mit der Bemerkung, dass die Argumente sehr überzeugend seien, einen 20 Mark-Schein einsteckt, dann hatte das schon Bedeutung, die E.W. Emo - linientreu - mit Bedacht gesetzt hat. Die Nazis hielten Österreich für korrupt. Ob allerdings die Hotelchefin gut beraten ist, ihren aufdringlichen Oberkellner zu erhören, steht auf einem anderen Blatt.