Theodor Nischwitz
Theodor Nischwitz wurde am 27. April 1913 in Berlin geboren. Durch seinen Vater, den Regisseur und Schauspieler Heinrich Lisson, kam er früh mit der Welt des Films in Berührung – so hatte er im Alter von drei Jahren an der Seite seines Vaters einen kleinen Auftritt in dem Film "Glaubensketten".
Nischwitz absolvierte die Mittlere Reife und begann 1930, mit 17 Jahren, eine Lehre beim Berliner Kopierwerk Afifa. Im Jahr darauf erhielt er bei der Universum Film AG (Ufa) in Babelsberg eine Stelle in der Trickabteilung. Er spezialisierte sich als Kameramann auf Trickaufnahmen und war in dieser Funktion bei aufwändigen Renommierproduktionen wie "Bomben auf Monte Carlo" (1931), "Der Kongress tanzt" (1931) und "F.P.1 antwortet nicht" (1932) für die Optischen Spezialeffekte zuständig.
Oftmals in Zusammenarbeit mit verschiedenen Chefkameramännern perfektionierte er technische Trick-Standards und wirkte maßgeblich an der Erfindung optisch-technischer Effekte mit. Für den Film "Ekstase" (CZ 1933) gestaltete er eine schnelle Kamerafahrt, die den Effekt eines Zooms vorwegnahm, bei Karl Hartls "Gold" (1934) verantwortete er die elektrischen Tricks, bei Willi Forsts "Maskerade" (1934) die Überblendungen, bei Reinhold Schünzels "Amphitryon" (1935) die Blitzeffekte.
Neben seiner Arbeit bei Spielfilmen wirkte Nischwitz auch an Industriefilmen mit.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 setzte man ihn als Kriegsberichterstatter ein. Von dieser Arbeit wurde zwischenzeitlich für zwei Propagandafilme Karl Ritters abberufen: "Stukas" (1941) und "Besatzung Dora" (1943). Außerdem gehörte er 1942 zum Trickaufnahmen-Team der Ufa-Jubiläums-Produktion "Münchhausen", bei der er die Tricks der Sequenzen "Schnellläufer" und "Ferngewehr" verantwortete. Ab 1943 besuchte Nischwitz die Kriegsschule in Potsdam und wurde zum Leutnant befördert.
Nach dem Kriegsende und der Befreiung Deutschlands arbeitete Nischwitz als Spezialist für Trickaufnahmen. 1948 erhielt er eine Stelle bei der Bavaria Film in München, wo er 1949 von Erich Brandes die Leitung der Tricktechnik-Abteilung übernahm. In den folgenden 14 Jahren war er für die Spezialeffekte zahlreicher sehr unterschiedlicher Filme zuständig, darunter Helmut Käutners "Der Apfel ist ab" (1948) und "Königskinder" (1950), Harald Brauns "Nachtwache" (1949), Josef von Bakys "Das doppelte Lottchen" (1950), Rudolf Jugerts "Nachts auf den Straßen" (1952), Rolf Hansens "Sauerbruch – das war mein Leben" (1954) und Victor Trivas’ "Die Nackte und der Satan" (1959). Herauszuheben sind seine Schiffsmodell-Aufnahmen für Frank Wisbars "Nacht fiel über Gotenhafen" (1960) und die Gespensteraufnahmen für Kurt Hoffmanns "Das Spukschloß im Spessart" (1960), bei denen er auf clevere Weise mit Doppelbelichtungen arbeitete.
Von 1963 bis 1972 arbeitet Nischwitz überwiegend fürs Fernsehen und erregte vor allem mit seinen immens einfallsreichen Spezialeffekten für die Serie "Raumpatrouille" (1966) Aufsehen – wobei hier auch die Architekten Rolf Zehetbauer und Götz Weidner zu nennen sind. Zu seinen wenigen Kinoarbeiten dieser Jahre gehört Harald Reinls "Die Schlangengrube und das Pendel" (1967).
In den 1970er Jahren kehrte er mit drei Werken des Regisseurs Hans Jürgen Syberberg zum Kino zurück: "Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König" (1972), "Karl May" (1974) und der epische, aus vier Teilen bestehende "Hitler – ein Film aus Deutschland" (1977). In diese Zeit fällt auch die Mitarbeit an mehreren internationalen Koproduktionen: Wim Wenders’ "Der amerikanische Freund" (DE/FR 1977), Billy Wilders "Fedora" (DE/FR 1978) und der amerikanische Spionagethriller "Avalanche Express" ("Lawinenexpress", 1979). Rainer Werner Fassbinder engagierte ihn für den TV-Mehrteiler "Berlin Alexanderplatz" (1980).
Ein bedeutender Meilenstein in Nischwitz' Karriere war Wolfgang Petersens auch international äußerst erfolgreiches Kriegsdrama "Das Boot" (1981), für das er zahlreiche U-Boot-Trickszenen realisierte (u.a. die Sturmszenen).
In den folgenden Jahren wirkte er an so unterschiedlichen Filmen wie "Der Zauberberg" (1981), "Die Schaukel" (1983), "Didi und die Rache der Enterbten" (1984), "Otto – Der Film" (1985), "Ödipussi" (1987) und "Das schreckliche Mädchen" (1990) mit. 1984 wurde er beim Deutschen Filmpreis (damals: Bundesfilmpreis) mit einem Ehrenpreis für seine Verdienste um den deutschen Film ausgezeichnet.
Theo Nischwitz’ letzte Arbeiten waren Roland Emmerichs Science-Fiction-Film "Moon 44" (1990), Franz Seitz' historischer TV-Dreiteiler "Erfolg" (1991) und Edgar Reitz' dreizehnteiliges Epos "Die zweite Heimat" (1988-1992).
Am 14. Juli 1994 starb Theodor Nischwitz in Grünwald bei München. Seine Töchter Babette (Schnitt) und Susanne (Script) wurden ebenfalls bei Film und Fernsehen tätig.