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Alle Fotos (9)Biografie
Harald Reinl wurde am 9. Juli 1908 im österreichischen Bad Ischl geboren. Nachdem er seine Matura an einem humanistischen Gymnasium in Hall abgelegt hatte, begann er ein Jurastudium in Innsbruck, wo er zudem 1938 promovierte, seine Referendarzeit jedoch nicht beendete. Neben seinem Studium fuhr Reinl leidenschaftlich Ski, wurde so Mitglied der österreichischen Ski-Nationalmannschaft und 1931 gar Akademischer Skiweltmeister. Er belegte 1936 den zweiten Platz beim Skifliegen in Planica und gilt nicht zuletzt als Erfinder der Ski-Stahlkanten.
Bereits 1930 war Bergfilm-Pionier Arnold Fanck auf den jungen Wintersportler aufmerksam geworden und hatte ihn für "Stürme über dem Mont Blanc" und im Jahr darauf für "Der weiße Rausch" verpflichtet, wo er als Skifahrer unter anderem Leni Riefenstahl doubelte. In Max Obals "Abenteuer im Engadin" (1932) war er dann sowohl vor als auch hinter der Kamera aktiv, wo er dem Regisseur als 3. Regieassistent zur Hand ging. Nachdem sein Interesse am Film so geweckt worden war, arbeitete Reinl gegen Ende der 1930er Jahre zusammen mit seinem Fanck-Kollegen Guzzi Lantschner schließlich an Schnitt, Buch und Regie der an Originalschauplätzen gedrehten Kurzfilme "Wildwasser" (1939) und "Oster-Skitour in Tirol" (1939), sowie "Bergbauern" (1940).
Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der unabkömmlich gestellte Reinl dann Regieassistent Leni Riefenstahls, die zuvor die Lantschner/Reinl-Kurzfilme produziert hatte, und arbeitete an ihrem letztem Film, dem umstrittenen "Tiefland" sowohl als Assistent als auch als künstlerischer Berater für Buch und Schnitt. Die Zusammenarbeit endete 1944 mit dem Ende der Dreharbeiten. In den Nachkriegsjahren schlug sich Reinl mit der Herstellung und dem Vertrieb von Hausschuhen durch, bevor er als Editor wieder eine erste Anstellung im Filmbereich finden konnte.
1949 markierte schließlich das Jahr der ersten komplett eigenständigen Spielfilmregie des Österreichers. Nachdem er sich mit dem Kurz-Dokumentarfilm "Zehn Jahre später", der kriegsversehrte Skifahrer zum Thema hatte und bei den Filmfestspielen Venedig ausgezeichnet wurde, das Vertrauen der Produzenten Josef Plesner und Hubert Schonger erarbeitet hatte, zeigte sein Film "Bergkristall" – nach der Stifter-Novelle – klassische Themen des Heimatfilms. Auch die folgenden Reinl-Filme sollten im Bergmilieu spielen. Zu den Genrearbeiten gehörten insbesondere Verfilmungen von Ganghofer-Romanen wie "Der Herrgottschnitzer von Ammergau" (1952) oder "Der Klosterjäger" (1953). Mit der Adaption von Johanna Spyris "Rosen-Resli" gelang dem Regisseur 1954 dann ein großer Publikumserfolg, der nicht zuletzt Christine Kaufmann zu verdanken war, die mit diesem Film zum Kinderstar wurde. Die junge Schauspielerin war zudem auch in "Der schweigende Engel" (1954) und "Ein Herz schlägt für Erika" (1956) zu sehen.
Zu Diskussionen führten in den späteren 1950er Jahren einige Kriegsfilme, an deren militaristischen Tendenzen sich viele Betrachter stießen. Insbesondere "Solange du lebst" (1955), in dem die Bombardierungen Spaniens durch die faschistische "Legion Condor" allzu unkritisch behandelt werden, ist hier zu nennen. Kriegsbeschönigende Neigungen finden sich aber auch in "U 47 – Kapitänleutnant Prien" (1958) und "Die grünen Teufel von Monte Cassino" (1958).
1959 drehte Reinl dann den ersten Film einer Reihe, welche die Säle der bundesdeutschen Kinos über fast ein Jahrzehnt immer wieder aufs Neue füllen sollte: Die dänische Produktion "Der Frosch mit der Maske" ("Frøen") brachte zum ersten Mal die Mischung aus nebligen Londoner Nächten, einem wiedererkennbaren deutschsprachigen Cast, latent komödiantischem Spiel und ungewöhnlichen Kriminalfällen auf die Leinwand, die eine Edgar-Wallace-Verfilmung ausmachen sollte. In der Folge inszenierte er noch vier weitere Krimis der Reihe, allesamt Erfolge an der Kinokasse.
Auch bei seinen nächsten Filmen richtete sich der Regisseur nach den Wünschen des Publikums, das an der 1960 von Fritz Lang mit "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" wiederbelebten Mabuse-Thematik Geschmack gefunden hatte. So zeichnete er 1961 und 1962 für gleich zwei Reißer verantwortlich, die den legendären Schurken in den Mittelpunkt und ihren Titel stellten, "Im Stahlnetz des Dr. Mabuse" und "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse". Lex Barker, der zu Reinls Vorzugsschauspielern gehörte, hinterließ hier als FBI-Agent Joe Como einen ersten Eindruck, sollte jedoch durch Reinls nächsten Coup ungleich berühmter werden, nämlich der Verfilmung der Romane von Karl May. Allen voran: die Winnetou-Trilogie. Unter Reinls Regie wurden die deutschen Western zu ungeheuren Erfolgen und "Old Shatterhand" Barker sowie "Winnetou" Pierre Brice schlagartig bekannt. Der Regisseur wurde mit populären Preisen wie dem Bambi ausgezeichnet, sowie mehrfach mit der "Goldenen Leinwand" prämiert. Die Indianer-Thematik behielt er in der Adaption von James Fenimore Coopers "Der letzte Mohikaner" (1965) erfolgreich bei.
Für besonderes Augenmerk, vor allem im Ausland, sorgte wenig später Reinls Zweiteiler "Die Nibelungen" (1966). Das von Artur Brauner produzierte Großwerk stellte den bis dato teuersten deutschen Nachkriegsfilm dar, blieb trotz all seiner Ambition aufgrund seiner mitunter naiven Machart nicht frei vom Reinl-typischen "Trash-Faktor", der auch den kultigen Horrorstreifen "Die Schlangengrube und das Pendel" (1968) mit Christopher Lee, Karin Dor und erneut Lex Barker ausmachte. Der "Meister des deutschen Trivialfilms" wurde jedoch zum Beispiel positiv von den "Cahiers du Cinéma" aufgenommen, die Reinl in eine Reihe mit den Regie-Granden des Hollywood-Serienfilms stellten. In den späten 1960er Jahren sind als Serien mit Beteiligung des Regisseurs dabei insbesondere die Jerry Cotton-Filme zu nennen ("Dynamit in grüner Seide", 1967; "Der Tod im roten Jaguar", 1968; "Todesschüsse am Broadway", 1969), sowie die ebenfalls deutsch-italienisch produzierte Kommissar X-Reihe. Dort zeichnete er 1971 für "Kommissar X jagt die roten Tiger" verantwortlich.
Im gleichen Jahr kam es auch zu Reinls erster und einziger Oscar-Nominierung; allerdings nicht für ein Serienwerk, sondern für den Dokumentarfilm "Erinnerungen an die Zukunft" (1970), nach dem gleichnamigen populärwissenschaftlichen Buch Erich von Dänikens. Zudem spielte der Regisseur seine Stärken in weiteren Genrefilmen aus, darunter zwei "Lümmelfilme" ("Pepe, der Paukerschreck", 1969; "Wir hau'n die Pauker in die Pfanne", 1970), heitere Komödien, bei denen er auf die Publikumswirksamkeit von Uschi Glas setzte ("Wer zuletzt lacht, lacht am besten", 1971; "Verliebte Ferien in Tirol", 1971), sowie im Verlauf der 1970er erneut in Abenteuerfilmen wie "Der Schrei der schwarzen Wölfe" (1972), "Die blutigen Geier von Alaska" (1973), "Ein toter Taucher nimmt kein Gold" (1974) und schließlich, wie zu Beginn seiner Karriere heimelige Ganghofer-Verfilmungen ("Schloss Hubertus", 1973; "Der Jäger von Fall", 1974).
Gegen Ende der siebziger Jahre ließ das Arbeitspensum Reinls schließlich etwas nach. Neben den beiden dokumentarischen Arbeiten "Botschaft der Götter" (1976), "...und die Bibel hat doch recht" (1977) und der TV-Serie "Sieben Weltwunder der Technik" (1980/81) entstanden lediglich noch zwei Spielfilme: In Wolfgang Liebeneiners Verfilmung des Goethe-Dramas "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" zeichnete der erfahrene Reinl für die Action-Regie verantwortlich, seine Karriere beschloss er dann 1982 mit der Abenteuerklamotte "Im Dschungel ist der Teufel los".
Als handwerklich talentierter Filmemacher ohne Starallüren, dafür mit professioneller Arbeitsmoral und einem fast unfehlbaren Gespür für den Geschmack des Publikums, den er stets bediente, wurde Reinl einer der erfolgreichsten Regisseure des westdeutschen Nachkriegskinos. Auch wenn seine Ausrichtung stets eine kommerzielle war und er selten künstlerisch Bedeutsames schuf, prägten seine Filme die unterschiedlichsten Genres der deutschsprachigen Kinolandschaft. Neben einem festen Stab an technischen Mitarbeitern, wie Kameramann Ernst Wilhelm Kalinke, Editor Hermann Haller, und den Regie-Assistenten Charles M. Wakefield und Lothar Gündisch förderte er dabei nicht unerheblich die Karrieren von Stammschauspielern wie Joachim Fuchsberger, Carl Lange, Eddi Arent und dem bereits oben genannten Lex Barker.
Harald Reinl, der verhinderte Jurist, dessen Zwillingsbruder und Kommilitone Kurt als Rechtsanwalt praktizierte, war mehrere Male verheiratet: Zu Beginn seiner Regie-Karriere mit Corinna Frank, für lange Jahre (1954-68) mit seiner Stammschauspielerin Karin Dor (Kätherose Derr), mit der er 1955 auch den Sohn Andreas bekam, und seit Mitte der 1970er Jahre mit der tschechischen Aktrice Daniela Maria Delis. Die beiden lebten in einer gemeinsamen Wohnung in Puerto de la Cruz auf Teneriffa, bis die als psychisch krank geltende Delis ihren Mann am 9. Oktober 1986 nach einem Streit erstach und Harald Reinls Leben ein tragisches Ende fand.
Den künstlerischen Werdegang Reinls und seine Bedeutung für den deutschen Film stellen die beiden TV-Dokumentationen "Die heile Welt und ihre Märchenhelden" (1974) sowie "Harald Reinl – Kino ohne Probleme" (1985) dar. 2011 wurde die erste Biografie Reinls herausgegeben.