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Alle Fotos (30)Biografie
Irmgard Hermann, geboren am 4. Oktober 1942 in München, absolvierte nach der Volksschule zunächst eine Lehre als Verlagskauffrau und arbeitete als Sekretärin beim ADAC, als sie 1966 Rainer Werner Fassbinder kennenlernte. In dessen Kurzfilm "Der Stadtstreicher" wirkte sie noch im selben Jahr als Darstellerin mit. Gemeinsam mit Fassbinder und Hanna Schygulla war sie Gründerin des "action-theaters" (später "antiteater"). Über die berufliche Beziehung hinaus gehörte Hermann bald zu Fassbinders engsten Vertrauten.
Bis 1975 spielte Irm Hermann in nahezu allen Filmen und Theater-Produktionen Fassbinders, wobei er sie meist in zentralen Nebenrollen als kleinbürgerliche, spießige und frustrierte (Ehe-)Frau einsetzte. 1972 gewann sie den Deutschen Filmpreis für ihre einzige Film-Hauptrolle bei Fassbinder, die Irmgard Epp in "Händler der vier Jahreszeiten".
1975 beendete sie die Arbeitsgemeinschaft mit Fassbinder und zog nach Berlin. Anfang der Achtziger Jahre war sie lediglich noch in Fassbinders "Berlin Alexanderplatz" und "Lili Marleen" zu sehen. Sie hatte aber weiterhin zahlreiche Engagements bei Theater, Film und Fernsehen und arbeitete mit Regisseuren wie Werner Herzog ("Woyzeck"), Hans W. Geissendörfer ("Ediths Tagebuch"), Ulrike Ottinger (u. a. "Johanna D'Arc of Mongolia") und Christoph Schlingensief ("Das deutsche Kettensägenmassaker", "Die 120 Tage von Bottrop") zusammen. Ihre enge Verbindung mit letzterem griff später auch Bettina Böhlers für den Deutschen Filmpreis nominierter Dokumentafilm "Schlingensief - In das Schweigen hineinschreien" (2018-20) auf. Für die Rolle der Mitgefangenen von Sophie Scholl in Percy Adlons "Fünf letzte Tage" erhielt sie 1983 erneut den Deutschen Filmpreis.
Für das Fernsehen spielte sie in zahlreichen Serien wie "Tatort", "Polizeiruf 110", "Unser Lehrer Dr. Specht" oder "Ein starkes Team". In Loriots Kinoerfolg "Pappa ante portas" (1991) trat Irm Hermann in einer Nebenrolle als biedere Schwester der von Evelyn Hamann verkörperten Hauptfigur auf. Im Omnibusfilm "Ten Minutes Older – The Cello" (GB DE 2002), für den sieben renommierte Regisseure aus aller Welt je einen Kurzfilm von zehn Minuten Lauflänge drehten, war sie im Beitrag von Volker Schlöndorff zu sehen. Weitere Rollen in Kinofilmen hatte sie in den kommenden Jahren u.a. in Peter Timms "Mein Bruder ist ein Hund" (2004) oder Dito Tsintsadzes "Der Mann von der Botschaft" (2006). In Max Färberböcks "Anonyma – Eine Frau in Berlin" (2008) über die systematischen Vergewaltigungen deutscher Frauen durch Soldaten der Roten Armee spielte sie eine Witwe. Für diese Darstellung wurde sie beim Deutschen Filmpreis 2009 als beste Nebendarstellerin nominiert.
In den folgenden Jahren war Irm Hermann regelmäßig in TV- und Kinoproduktionen zu sehen, ebenfalls meist in Nebenrollen. Viel Medienecho erhielt ihre Besetzung an der Seite der drei weiteren Fassbinder-Darstellerinnen Hanna Schygulla, Margit Carstensen und Eva Mattes in "Wofür es sich zu leben lohnt" (2016, TV) aus der "Tatort"-Reihe und unter der Regie Aelrun Goettes. In diesem letzten "Tatort"-Fall von Klara Blum (Eva Mattes) begeben sich drei alternde Damen auf einen Feldzug gegen die Ungerechtigkeit. Weiterhin spielte sie 2017/18 in der bissigen TV-Serie "Labaule & Erben" die intrigante Mutter Marianne an der Seite von Uwe Ochsenknecht als unwilligem Zeitungsverleger Wolfgang Labaule.
Auch das Theater ließ Hermann zeitlebens nicht los, wie ihre Engagements in Inszenierungen von Christoph Marthaler zeigen, so z.B. 2014 in "Tessa Blomstedt gibt nicht auf" an der Volksbühne oder 2016/17 am Hamburger Schauspielhaus in "Glaube Liebe Hoffnung", "Die Wehleider" und "Der Entertainer".
Auf der großen Leinwand war Irm Hermann 2017 neben Elyas M'Barek, Jella Haase, Sandra Hüller und Katja Riemann im dritten Teil der Erfolgskomödie "Fack Ju Göhte 3" zu sehen. Ihr letzter Kino-Auftritt findet sich schließlich ein Jahr später in Josef Bierbichlers Familienchronik "Zwei Herren im Anzug".
Neben ihrer Tätigkeit als Schauspielerin war Irm Hermann immer wieder auch an Hörbuch-Produktionen beteiligt. Für ihre Rolle als Hermann Görings Ehefrau in "Enigma Emmy Göring" erhielt sie 2009 den Deutschen Hörbuchpreis. Zuletzt gab sie 2019 die Erzählerin Dorothy in der SWR-Hörspiel-Produktion "Der Zauberer von Ost", welches zwar an den Plot des berühmten Kinderbuchs "Der Zauberer von Oz" angelehnt ist, sich aber um den langjährigen Intendanten der Berliner Volksbühne, Frank Castorff dreht.
Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb Irm Hermann am 26. Mai 2020 im Alter von 77 Jahren.