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Alle Fotos (34)Biografie
Alexander Scheer, geboren am 1. Juni 1976 in Berlin (Ost), schlägt sich nach der Schulzeit zunächst vier Jahre lang mit Gelegenheitsjobs als Postbote, Friedhofsgärtner und Barkeeper durch. Scheers Drogenerfahrungen dieser Zeit verarbeitet Jörg Böckem in seinem Buch "Danach war alles anders". Erste Erfahrungen als Schauspieler sammelt Scheer in Werbefilmen. Am Berliner Off-Theater TiK gibt er Ende der neunziger Jahre sein Theaterdebüt. Der Durchbruch gelingt dem Autodidakten, der nie eine Schauspielschule besucht hat, gleich mit seiner ersten Kinorolle in Leander Haußmanns "Sonnenallee". Im Anschluss an diesen Film holt Haußmann ihn ans Bochumer Schauspielhaus, wo Scheer in Klassikern wie "Viel Lärm um Nichts" und "Leonce und Lena" zu sehen ist.
Seit 2002 gehört Scheer zum Ensemble der Berliner Volksbühne. Im Jahr 2003 gründet er gemeinsam mit dem Kurzfilm-Regisseur André Jagusch die Video-Produktionsfirma "9 O"Clock Pictures", mit der die beiden Trash-Videofilme wie "American Showdown" realisieren. Zu Scheers bekanntesten Filmen zählen die Satire "Viktor Vogel – Commercial Man" mit Götz George und Sven Taddickens "Mein Bruder, der Vampir". Eine delikate Rolle spielt Scheer, der in seiner Projektauswahl bislang stets dem eigenwilligen Arthouse-Kino treu geblieben ist, in der Uschi Obermaier-Filmbiografie "Das wilde Leben": Darin verkörpert er die Rock-Legende Keith Richards.
Für die Vorbereitung auf diese Rolle gründet Scheer die Band The Rockboys, die einen Sommer lang eigene Konzerte spielen. Danach ist er weiterhin in verschiedenen Bands als Gitarrist und als Frontman aktiv. 2009 wird Alexander Scheer von Theater Heute zum Schauspieler des Jahres gewählt. Diese Auszeichnung verdankt er seiner Verkörperung des englischen Shakespeare-Darstellers Edmund Kean in Frank Castorfs gleichnamiger Volksbühneninszenierung.
Im Kino ist Scheer dann im Jahr 2010 unter anderem in Sven Taddickens "Zwölf Meter ohne Kopf" und in dem Terroristen-Drama "Carlos - Der Schakal" zu sehen, der auf den Filmfestspielen in Cannes seine erfolgreiche Premiere hatte und Anfang 2011 in den deutschen Kinos startete. Ebenfalls 2011 startete das Aussteiger-Drama "Im Alter von Ellen", in dem Scheer, wie auch seine "Carlos"-Co-Schauspielerin Julia Hummer, eine Nebenrolle spielt.
Nach einem Auftritt als Rockmusiker in Lars Beckers Fernsehkomödie "Schief gewickelt" (2010) sieht man Scheer Ende 2011 in der Titelrolle des Kinderfilms "Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel" auf der Kinoleinwand. In Hermine Huntgeburths TV-Komödie "Eine Hand wäscht die andere" (2012) hat er eine Schlüsselrolle als gewissenhafter Oberregierungsrat, der sich in einer korrupten Kleinstadt wiederfindet.
2013 gehört Scheer zum Ensemble von Klaus Lemkes Low-Budget-Film "Kein Grosses Ding", das auf der Viennale Premiere feiert. Eine Hauptrolle spielt Scheer im gleichen Jahr als einsamer DDR-Auswanderer in Christian Schwochows preisgekröntem Drama "Westen", das im März 2014 in die deutschen Kinos kommt. Ebenfalls 2014 steht er in der Rolle eines Psychiaters für Achim Bornhaks Jugenddrama "Der Nachtmahr" sowie als Blixa Bargeld für Oskar Roehlers "Tod den Hippies, es lebe der Punk" vor der Kamera.
Im Fernsehen gehörte er zum Ensemble der hoch gelobten "Tatort"-Folge "Im Schmerz geboren" (2014) mit Ulrich Tukur und Ulrich Matthes. Daneben blieb Scheer stets auch als Theaterschauspieler aktiv. So stand er an der Berliner Volksbühne zwischen 2011 und 2017 in Dostojewskijs "Der Spieler" auf der Bühne und hatte Hauptrollen in "Die Brüder Karamasow" (2015) und "Faust" (2012/2017).
Auf der Kinoleinwand sah man ihn als Ganoven in der Gaunerkomödie "Schrotten!" (2016), als Friedrich Nietzsche in der Filmbiografie "Lou Andreas-Salomé" (2016) und als kommunistischen Theoretiker Wilhelm Weitling in "Der junge Karl Marx" (2017). In dem amerikanischen Abenteuerfilm "Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales" ("Pirates of the Caribbean: Salazars Rache", 2017) spielte er eine Nebenrolle als böser Piratenkapitän Teague in jungen Jahren. Zu seinen Fernsehfilmen dieser Jahre gehören Lars Beckers Psychiatrie-Drama "Der mit dem Schlag" (2016) und Wolfgang Murnbergers Komödie "Schnitzel geht immer" (2017). In dem mehrfach preisgekrönten Zweiteiler "Gladbeck" (2018), Kilian Riedhofs Rekonstruktion des Geiseldramas im Jahr 1988, spielte er den Geiselnehmer Dieter Degowski und wurde gemeinsam mit Sascha Alexander Geršak für den Deutschen Fernsehpreis nominiert.
Für Andreas Dresen stand Scheer 2017 in der Titelrolle von "Gundermann" (Start: 2018) vor der Kamera, einer Filmbiografie des kämpferischen, doch auch widersprüchlichen DDR-Liedermachers Gerhard Gundermann. Für seine charismatische Darstellung wurde Scheer 2018 mit dem Bayerischen Filmpreis und dem Günter-Rohrbach-Filmpreis und 2019 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.
Im Jahr darauf hatte er eine Schlüsselrolle als Nazi-Offizier in dem norwegischen Kriegsdrama "The Spy" (2019), die ihm eine Nominierung für den norwegischen Amanda Award einbrachte. Als deutsch-dänische Koproduktion entstand die Serie "Sløborn" (2020), über eine kleine Nordseeinsel, auf der sich ein tödliches Virus ausbreitet. In Oskar Roehlers Fassbinder-Film "Enfant Terrible" verkörperte Scheer den legendären Andy Warhol, in Thomas Stubers Horror-Serie "Hausen" gab er einen unheilvollen Obdachlosen.
Erneut mit "Gundermann"-Regisseur Andreas Dresen drehte Scheer im Herbst 2020 das Drama "Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush". Darin verkörpert er den Rechtsanwalt Bernhard Docke, der sich für die Befreiung von Murat Kurnaz aus Guantanamo einsetzte. Auch diese Darstellung brachte Scheer beim Deutschen Filmpreis eine Lola ein, diesmal für die Beste Nebenrolle.