E. E. Hermann Schmidt: Das politische Werbewesen im Kriege (1919)

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Quelle: Jeanpaul Goergen
Deckblatt

Anfang 1919 schlossen sich in Berlin Werbefachleute und Wissenschaftler des Werbegebiets in einem "Arbeitsbund für Werbelehre" zusammen. Ziel war es, gemeinsam an der Förderung der Werbewissenschaft und ihrer praktischen Anwendung zu arbeiten. Kurze Zeit später traten sie mit einer Reihe von Vorträgen über "Werbewissenschaftliche Zeitfragen 1914-1919" an die Öffentlichkeit. Ernst Eduard Hermann Schmidt, der Referent des Vortrags über das politische Werbewesen im Kriege am 6. März 1919, war zunächst für die Öffentlichkeitsarbeit des Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie verantwortlich, ehe er 1914 als Reklamefachmann zu der Zigarettenfirma Manoli wechselte. Er war auch stellvertretender Vorsitzender des Vereins Deutscher Reklamefachleute.

In seinem als Broschüre veröffentlichten Vortrag über das politische Werbewesen im Kriege beklagt er, dass die politische Propaganda während des Weltkriegs "zum größten Teil auf einem System der Lüge und der Unwahrheit" (S. 3 f) beruht habe. Neben diesem inneren Versagen habe aber auch die rein technische Seite der Propaganda zumindest zu Beginn des Krieges versagt. Im folgenden untersucht Schmidt das Wirken der Zensurbehörden sowie die wichtigsten Propagandamittel wie Tageszeitungen, Kriegspostkarten, Flugblätter, Plakate, Karikaturen sowie den Film.

Während des Krieges, so Schmidt, habe der Film größte Wertschätzung genossen, da ihn alle kriegsführenden Regierungen als "Aufklärungs- und Propagandamittel" (S. 19) nutzten. Deutschland habe erst in der zweiten Hälfte des Krieges dessen große Propagandabedeutung erkannt und die amtliche und militärische Bild- und Filmpropaganda beim Bild- und Film-Amt (Bufa) zusammengefasst. Das Bufa habe sich "zweifellos um die Sache des deutschen amtlichen Werbefilms sowie überhaupt um die Belebung und Entwicklung der gesamten deutschen Filmindustrie hervorragend verdient gemacht" ( S. 20). Tatsächlich stellte das am 30. Januar 1917 gegründete Bufa nicht nur Kriegsfilme, sondern auch zahlreiche populärwissenschaftliche Kultur- und Industriefilme mit werbendem Charakter her. Die Kriegspropagandafilme der Amerikaner, Engländer, Franzosen und der nordischen Länder seien aber "technisch vollkommener und inhaltlich reicher" (S. 20) gewesen als die deutschen Produktionen.

Seit einiger Zeit sei der intensive Kampf gegen das Kino praktisch verstummt. Heute werde vor allem darüber gesprochen, "wie man den deutschen Film besser und gediegener" (S. 19) gestalten könne, um der nach Kriegsende wieder einsetzenden ausländischen Konkurrenz zu begegnen. Vor allem auf dem Gebiet der Kinokunst und bei den Leistungen der Filmschauspieler bestehe Nachholbedarf.

Schmidt kritisiert scharf die während des Krieges herrschende Presseunfreiheit, so dass die Deutschen zu spät erkannt hätten, "in welchen Abgrund uns eine mit allen Mitteln geführte Regierungspropaganda gebracht hatte" (S. 23). Den Arbeitsbund für Werbelehre bezeichnet er als Kind der Revolution. Mit einem klaren Bekenntnis zur Wahrheit wolle man an der "Weiterentwicklung und Wahrhaftigkeit des deutschen politischen Werbewesens" (ebd.) mitwirken: "Eine Propaganda, die politische Auswirkungen erzielen soll, kann nur erfolgreich sein, wenn sie mit Wahrheit und freiem Geist geführt wird" (ebd.).

(Jeanpaul Goergen, April 2019)

Ernst Eduard Hermann Schmidt: Das politische Werbewesen im Kriege. Vortrag im "Arbeitsbund für Werbelehre" am 6. März 1919 in Berlin. Berlin: Arbeitsbund für Werbelehre 1919, 24 Seiten

dnb: http://d-nb.info/362620334
Online: http://d-nb.info/1131561538