Gudrun Ritter
Gudrun Ritter, geboren am 16. November 1936 in Marienberg im Erzgebirge, absolvierte von 1956 bis 1959 ein Diplom-Schauspielstudium an der Theaterhochschule in Leipzig. Im Anschluss erhielt sie ein Engagement am Deutschen Theater Berlin, dessen festem Ensemble sie mehr als 40 Jahre angehörte. Sie arbeitete mit Regisseuren wie Frank Castorf, Thomas Ostermeier und Claus Peymann zusammen, zu ihren zahlreichen Rollen gehörten unter anderem die Titelrollen in "Miss Sara Sampson" und "Elektra" sowie die Elisabeth in "Maria Stuart" und die Minna Scholz in "Das Friedensfest". Sowohl am Berliner Ensemble als auch am Deutschen Theater steht Gudrun Ritter nach wie vor auf der Bühne.
Ihr Debüt als Filmschauspielerin gab Gudrun Ritter 1962 mit einer kleinen Rolle in dem Fernsehspiel "Die neue Losung". Wenngleich sie in erster Linie ihrer Theaterarbeit verpflichtet blieb, wirkte sie seit Mitte der 1970er Jahre in größeren und kleineren Nebenrollen regelmäßig auch in Kino- und Fernsehproduktionen mit. So etwa in Rainer Simons DDR-Gesellschaftsstudie "Jadup und Boel" (1980), Simons zeitkritischer Filmbiografie "Das Luftschiff" (1983), über den Luftschiff-Konstrukteur Franz Xaver Stannebein, und in einer Doppelrolle in Heiner Carows internationalem Erfolg "Coming Out" (1989), der in der Nacht des Berliner Mauerfalls Premiere feierte und so nicht nur der erste, sondern auch der einzige DDR-Film zum Thema Homosexualität bleiben sollte.
Nachdem sie in den 1990er Jahren etwas weniger oft vor die Kamera stand, sah man Ritter seit der Jahrtausendwende wieder häufiger in TV-Produktionen: Unter der Regie von Andreas Kleinert spielte sie 2001 in "Kelly Bastian – Geschichte einer Hoffnung" die tragende Nebenrolle der Omi Birle. Im Jahr darauf besetzte Matti Geschonneck sie in seinem Familiendrama "Die Mutter" an der Seite von Martina Gedeck und Harald Krassnitzer. 2006 wurde Ritter für ihre Rolle in "Bella Block - Das Glück der anderen" für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Ebenfalls 2006 spielte sie, erneut unter der Regie von Andreas Kleinert, eine wichtige Nebenrolle in dem TV-Sozialdrama "Als der Fremde kam", als Mutter eines Arbeiters, dessen Ehefrau eine Affäre mit einem Gewerkschaftsfunktionär beginnt.
Nach weiteren Fernsehrollen sowie einem Auftritt in Thomas Arslans Ensemble-Film "Ferien" (2007), an der Seite von Angela Winkler und Uwe Bohm, war Gudrun Ritter 2010 nach vielen Jahren wieder in einer Kino-Hauptrolle zu sehen: In Matti Geschonnecks melancholischer Kiez-Komödie "Boxhagener Platz" verkörperte sie eine rüstige fünffache Witwe, die gemeinsam mit ihrem Enkelsohn in einen seltsamen Mordfall verwickelt wird.
2011 sah man Ritter dann im US-amerikanischen Actionfilm "Wer ist Hanna?" als Großmutter der jungen Titelheldin (Saoirse Ronan), welche den Tod ihrer Mutter durch eine CIA-Agentin (Cate Blanchett) rächen will. Ein Jahr später startete der preisgekrönte Kinderfilm "Das Haus der Krokodile" in den Kinos, in dem sie mit Christoph Maria Herbst als Mutter-Sohn-Duo auftrat, das die Nachforschungen der Hauptfigur, einem jungen Hobby-Detektiv, in einer alten Villa behindern will. Nach einer weiteren Nebenrolle in Florian Gottschicks Psychodrama "Nachthelle", stand sie 2014 für David Wnendts satirischer Bestseller-Verfilmung "Er ist wieder da" vor der Kamera, in dem sie die demente Großmutter der Freundin der Hauptfigur darstellte, deren Familie in einem Konzentrationslager ermordet wurde. Dazwischen war sie immer wieder in TV-Rollen zu sehen, etwa in der Kölner "Tatort"-Folge "Freddy tanzt", den Krimis "Die letzte Instanz" mit Jan Josef Liefers und "Zeugin der Toten" mit Anna Loos, sowie in Serien wie "Die Chefin", "SOKO Leipzig" oder "Heiter bis tödlich - Hauptstadtrevier".
In Florian Gallenbergers Tragikomödie "Grüner wird's nicht", der 2018 in die Kinos kam, mimte sie die lesbische Großmutter einer adeligen Landbesitzer-Familie. Im gleichen Jahr war sie zudem in sechs Folgen der in Berlin angesiedelten und von Amazon Prime produzierten Thriller-Serie "Beat" von Marco Kreuzpaintner zu sehen. 2019 spielte sie eine Nebenrolle in "Heimatliebe" aus der Krimireihe "Polizeiruf 110", in der sie seit 1972 bereits neunmal zu sehen war.
2020 startete auf Netflix die Comedy-Serie "Das letzte Wort", in der sie die renitente Mutter der Hauptfigur Karla Fazius (Anke Engelke) spielte, die aus dem Pflegeheim hinausgeworfen, bei der Tochter einzieht.
Neben ihrer Arbeit auf der Bühne und vor der Kamera, war und ist Gudrun Ritter bereits seit den 1960er Jahren immer wieder auch als Sprecherin in Radio-Hörspielen tätig, vor der Wende in vom Rundfunkt der DDR produzierten, danach zumeist in denen des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks.