Inhalt
Die Freundschaft zwischen Hanna, Maria und Lisa wird auf eine dramatische Probe gestellt, als eine von ihnen an Krebs erkrankt. Maria erzählt zunächst nur, dass sie eine Krebsoperation geheilt überstanden habe. Bald darauf aber erleidet sie einen Rückfall – und muss sich der Wahrheit über ihre eigene Situation stellen.Während Lisa dem Druck nicht standhalten zu können scheint, ist Hanna bereit, Maria dabei zu helfen. Sie will Maria aktiv beim Sterben begleiten.
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Maria hat diese Sätze einst in erheblich jüngeren Jahren auf den Brettern, die ihr die Welt bedeuteten, gesprochen an der Seite von Hanna als ihre Schwester Mascha und Lisa als Irina, die Jüngste. Nun zeugen nur noch schwarz-weiße Szenenfotos von ihrem einstigen Triumph, die Hanna in einem Karton findet bei der Haushaltsauflösung der Verstorbenen. Marias Sohn Tobias wird das Chaos bei der Aufteilung des Nachlasses seiner Mutter zu viel, er ergreift die Flucht.
Rückblick. Hanna und Maria haben sich viele Jahre aus den Augen verloren, treffen sich auf einem Empfang plötzlich wieder: „Endlich ein bekanntes Gesicht“ strahlt Erstere und Letztere berichtet, dass sie eine Krebserkrankung glücklich überstanden hat, aber nicht mehr auftreten könne. Nun müsse sie sich mit Lesen, Schlafen und Schreiben ihrer Autobiographie zufriedengeben, wobei ihre Verlagslektorin Zweifel an ihrem Durchhaltevermögen geäußert hat.
Zeitsprung in die Ära des Plattenspielers mit Schalltrichter. Hanna und Maria verleben eine unbeschwerte Kindheit auf dem Lande und lernen beim Besuch des Nachbarn Pommer die Segnungen einer Großfamilie kennen: der bettlägerige Alte liegt, umgeben vom fröhlichen Treiben der Kinder und Enkel, draußen im Garten und trinkt Rotwein. Freilich hat auch diese Idylle Risse: der fröhliche Genießer weigert sich, sein Raucherbein amputieren zu lassen.
Gegenwart. Tobias informiert Hanna über einen Rückfall Marias. Die Metastasen hätten gestreut, die Ärzte geben ihr noch ein halbes Jahr. Beim Besuch am Krankenbett, dem sich Lisa konsequent verweigert mit Zweifeln an der ärztlichen Diagnose („Vielleicht ist es Rheuma“), erinnert sich Maria an eine wunderbare Reise nach Venedig. Und Hanna, die jetzt auch fremdsprachige Filme synchronisiert, spricht von ganz neuen Berufserfahrungen unter kapitalistischen Bedingungen: nur zehn Drehtage, davon aber immerhin drei in Paris. Sie ist bereit, Maria nicht nur bei der Abfassung ihrer Autobiographie behilflich zu sein. Doch die Verzweifelte gibt sich Illusionen über ihren Zustand hin, lehnt jede Hilfe ab. Bis Maria schließlich doch noch fragt: „Hast du mir was besorgt?“
„Heute sterben immer nur die anderen“ geht auf die gleichnamige Erzählung von Charlotte Worgitzky zurück, die 1986 im Buchverlag der Tageszeitung „Der Morgen“, dem Organ der Blockpartei LDPD (Liberal-Demokratische Partei), erschien und sogleich eine Sterbehilfe-Debatte in der DDR auslöste. Obwohl es dort nur um Tabletten ging, die dann doch nicht zum Einsatz gekommen sind. Im Spielfilm dagegen verabreicht Hanna der qualvoll leidenden und daher sterbewilligen Maria die erlösende Spritze. Was zu Protesten der Autorin Worgitzky und der Szenaristin Brigitte Bernert bei einer Presseaufführung führte, von denen Michael Hanisch im Organ der einstigen Blockpartei CDU, „Neue Zeit“ (vom 25. Januar 1991), berichtet.
Nachdem das Defa-Projekt „Volkes Entscheid“ nach einem Szenarium von Karl Michel aus politischen Gründen nicht realisiert wurde, obwohl Siegfried Kühn 1989 die Produktionsfreigabe des Studios erhalten hatte, adaptierte der an führender Position bei der Defa gewerkschaftlich organisierte Regisseur mit Charlotte Worgitzkys Erzählung eine nicht minder brisante Vorlage. Mitten in der Endfertigung wurde am 1. Juli 1990, dem Tag der Währungsunion, der Volkseigene Betrieb in die nun der Treuhand gehörende und zum Verkauf anstehende Kapitalgesellschaft Defa Spielfilm GmbH verwandelt.
Siegfried Kühn macht einerseits Erinnerungen lebendig, indem mehrfach Szenen aus Tschechows „Drei Schwestern“ nachgespielt werden mit einem zwölfköpfigen Ensemble. Andererseits thematisiert er die Verwerfungen der unmittelbaren Wendezeit in gewohnt anti-realistischen (Traum-) Bildern: Ein Engel läuft durch den Park der Klinik, in der Maria liegt. Und in einer Rückblende wird Hanna in einer nur noch als Ruine existierenden Waldhütte von zwei Weißkitteln beobachtet und schließlich angegriffen. Surreal auch das Festbankett, das Hannas Eltern im Garten ihres Hauses geben: Am Tisch hat neben Hannas Mann Gustav auch eine Ziege Platz genommen.
Von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium und einem Klavierkonzert sowie Giuseppe Verdis Requiem unterlegt erklingt Gudrun Ritters Stimme aus dem Off mit Auszügen aus Marias Autobiographie. Dazu venezianische Endzeit-Stimmung: „Verfallenes und Blühendes“ aus der Lagunenstadt, einem wenn nicht dem Sehnsuchtsort der eingemauerten Deutschen zwischen Kap Arkona und Fichtelgebirge. Dass dem Film kein Publikumserfolg beschieden war, liegt auch an der neuen Freiheit des Publikums, sich unterhaltsameren Stoffen vornehmlich amerikanischer Machart zuwenden zu können.
Pitt Herrmann