Georg Friedrich
Georg Friedrich, geboren am 31. Oktober 1966 in Wien, studierte Schauspiel an der Schauspielschule Krauss in Wien. Ab Mitte der 1980er Jahre war er in Haupt- und Nebenrollen in zahlreichen, vor allem österreichischen Kinofilmen und Fernsehproduktionen zu sehen. Daneben spielte er gelegentlich Theater, konzentrierte sich aber seit jeher vor allem auf seine Filmarbeit. Im Lauf seiner Karriere hat er wiederholt mit den renommiertesten und wichtigsten Regisseuren des österreichischen Kinos gearbeitet: Er war in Michael Hanekes "Der siebente Kontinent" (1989), "Die Klavierspielerin" (2001) und "Wolfzeit" (2003) zu sehen, drehte mit Barbara Albert "Nordrand" (1999), "Böse Zellen" (2004) und "Fallen" (2006), spielte in "Hundstage" (2001) und "Import/Export" (2007) unter der Regie von Ulrich Seidl und trat in einer kleineren Rolle in Michael Glawoggers "Contact High" (2009) auf.
Häufig verkörpert Friedrich proletarische Typen, soziale Außenseiter oder halbseidene Gestalten. So gab er beispielsweise in "Hurensohn" (2003) einen Zuhälter, in Wolfgang Murnbergers "Silentium" (2003) einen bizarren Hausmeister, in "Die Unerzogenen" (2007) von Pia Marais einen Hippie, in Seidls "Import/Export" einen boshaften Altenpfleger und in der Uschi-Obermaier-Filmbiografie "Das wilde Leben" (2008) die Hamburger Kiez-Größe Lurchi.
Eine Hauptrolle hatte Georg Friedrich in Murnbergers Tragikomödie "Mein bester Feind" (2011): An der Seite von Moritz Bleibtreu spielt er darin einen Opportunisten, der während der deutschen Besatzung Wiens seinen besten Freund, einen Juden, an die Nazis verkauft. Neben Sandra Hüller überzeugte er in Jan Schomburgs Drama "Über uns das All" (2011) auch in einer für ihn ungewöhnlich "normalen" Rolle.
Im selben Jahr begeisterte er Kritik und Publikum als grantiger Bestatter in dem preisgekrönten Sozialdrama "Atmen" (AT), gefolgt von einem herrlich komödiantischen Auftritt als Baghwan-Anhänger in Marcus H. Rosenmüllers Komödie "Sommer in Orange". Eine äußerst prestigeträchtige und herausfordernde Rolle hatte er in Alexander Sokurows radikaler Neuinterpretation des "Faust" (RU), die in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde; darin verkörperte er Fausts Schüler Wagner.
In Christoph Schaubs schwarzer Komödie "Nachtlärm" (CH/D) spielte er dann einen Gelegenheitsgauner, der mit seiner Freundin ein Auto stiehlt – ohne zu bemerken, dass auf dem Rücksitz ein Baby schläft.
Kleine, aber prägnante Rollen hatte er als Sklavenhändler in Detlev Bucks Bestsellerverfilmung "Die Vermessung der Welt" (2012) und als österreichischer Restaurantbesitzer in München in "Eastalgia - einfach leben" (2012). Ende 2013 startete der Ensemblefilm "Annelie" (D/CH) in den deutschen Kinos, in dem Friedrich einen Junkie und Schnorrerkönig verkörpert, dessen Zuhause, eine ehemalige Pension, von der Schließung bedroht ist.
Unter der Regie von Benjamin Heisenberg zeigte Friedrich sich in "Über-Ich und Du" (DE/CH/AT 2014) von seiner komödiantischen Seite: Er spielte darin die Hauptrolle eines kauzigen Ganoven, den ein Psychotherapeut – ohne dessen Wissen – von seiner kriminellen Energie befreien will. Für diese Rolle wurde Friedrich für den Preis der deutschen Filmkritik nominiert. In dem Jugendabenteuer "Die Vampirschwestern 2" (2014) gab er einen alternden Vampir. Ebenfalls 2014 wurde Friedrich beim österreichischen Filmfestival 'Diagonale' in Graz mit dem Großen Schauspielpreis für Verdienste um die Österreichische Filmkultur ausgezeichnet.
Im Frühjahr 2015 startete der Psychothriller "Stereo" in den Kinos, in dem Friedrich eine Nebenrolle als fieser Gangsterboss spielte. Dieser Part brachte ihm eine Nominierung für den Deutschen Schauspielerpreis ein. Im Panorama der Berlinale wurde im Februar 2016 das Mystery-Drama "Aloys" (CH/FR) mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet; Friedrich verkörpert darin einen einsamen Privatdetektiv, dem eine geheimnisvolle Anruferin eine faszinierende Fantasiewelt eröffnet.
Eine starke Rolle hatte Georg Friedrich auch in "Wild" (Start: April 2016) unter der Regie von Nicolette Krebitz: Er brilliert in der eigenwilligen Charakterstudie als schikanöser Chef einer gehemmten jungen Frau, die eines Tages ihre "animalische" Seite entdeckt. Eine Paraderolle hatte er an der Seite von Cornelia Froboess in der Komödie "Pokerface - Oma zockt sie alle ab" (2016, TV), als zwielichtiger Besitzer einer Spelunke, der allabendlich illegale Pokerrunden organisiert. Für "Hotel Rock'n'Roll" (AT), nach "Nacktschnecken" und "Contact High" der Abschluss einer Trilogie, schlüpfte er noch einmal in die Rolle des Ganoven Schorsch. Die Komödie "Der Hund begraben" (2016) zeigte ihn als mysteriösen Fremden, der sich bei einer kleinbürgerlichen Familie einnistet, und in dem TV-Mehrteiler "Winnetou" (2016) gab er den rachsüchtigen Bruder eines ermordeten Saloon-Besitzers.
Im Wettbewerb der Berlinale 2017 liefen gleich zwei Filme mit Georg Friedrich in Hauptrollen: Josef Haders Tragikomödie "Wilde Maus" (AT/DE 2016) zeigte ihn als alten Freund eines entlassenen Angestellten (Hader), der sich auf ungewöhnliche Weise eine neue Existenz jenseits biederer Bürgerlichkeit aufbauen will; in Thomas Arslans "Helle Nächte" (2017) war er ein Ingenieur, der nach dem Tod seines Vaters mit seinem 13-jährigen Sohn zu einer Reise in die Einsamkeit Norwegens aufbricht. Für seine Leistung in "Helle Nächte" erhielt er den Silbernen Bären als Bester Darsteller. Wenig später, im April 2017, wurde Friedrich für seine Nebenrolle in "Wild" (siehe oben) mit dem Deutschen Filmpreis geehrt.
Danach spielte er 2018 in dem Kurz-Spielfilm "Midas oder die schwarze Leinwand" die Hauptfigur Robert Green, der als Firmenchef dazu gedrängt wird einen Selbstmord zu inszenieren, um das Image der Firma wieder reinzuwaschen. Im selben Jahr verkörperte er an der Seite von Jannis Niewöhner und Samuel Schneider die moralisch nicht ganz saubere Figur Ronny in Detlev Bucks "Asphaltgorillas".
In der Hesse-Verfilmung "Narziss und Goldmund" (2020) von Stefan Ruzowitzky war Georg Friedrich dann in einer Nebenrolle als Fürst zu sehen. In Sebastian Meises "Große Freiheit", der seine Premiere in Cannes 2021 feierte und dort mit einem Jurypreis ausgezeichnet wurde, stellte er den Mörder Viktor dar, der nach anfänglichen Differenzen in dem homosexuellen Mithäftling Hans (Franz Rogowski) einen Leidensgenossen findet und zwischen denen sich eine tiefe Beziehung entwickelt. Beim Sarajevo Film Festival 2021 und beim Österreichischen Filmpreis 2022 wurde Friedrich für diese Rolle als Bester Darsteller ausgezeichnet.
Danach sah man ihn in Ulrich Seidls Geschwisterfilmen "Rimini" (AT/FR/DE/IT 2022) und "Sparta" (AT/FR/DE 2022), die jeweils die Geschichte zweier Brüder erzählen, und als Erzherzog Viktor von Österreich in dem Historienfilm "Sisi & ich" (DE/AT/CH 2022).