Wolfgang Kohlhaase
Wolfgang Kohlhaase wurde am 13. März 1931 in Berlin geboren. Nach seinem Schulabschluss begann er als Journalist bei verschiedenen ostdeutschen Zeitungen bevor als Dramaturgie-Assistent bei der DEFA arbeitete. Ab 1952 war er als freischaffender Schriftsteller und Drehbuchautor tätig.
Sein Durchbruch gelang ihm Mitte der 1950er Jahre mit einer Reihe von neo-realistischen Filmen, die unter der Regie von Gerhard Klein entstanden. Die Filme drehten sich um Jugendliche im geteilten Berlin und wurden unter der Bezeichnung "Berlin-Filme" bekannt. In Folge drehten Kohlhaase und Klein gemeinsam das historische Drama "Der Fall Gleiwitz" (1960/1961) und "Berlin um die Ecke" (1965). Letzterer wurde im Zuge der Beschlüsse des 11. Plenums des ZK der SED noch im Stadium des Rohschnitts abgebrochen und erst 1990 fertiggestellt.
1967 markierte das anti-faschistische Kriegsdrama "Ich war neunzehn" den Beginn einer langjährigen kreativen Partnerschaft von Kohlhaase mit dem Regiseur Konrad Wolf. Bis zum Tod von Wolf im Jahr 1982 realisierten sie thematisch so unterschiedliche Filme wie "Der nackte Mann auf dem Sportplatz" und den auf der Berlinale 1980 gefeierten und unter anderem mit dem Silbernen Bären für die Beste Darstellerin (Renate Krößner) ausgezeichneten "Solo Sunny".
Ab den 1960er Jahren begann Kohlhaase auch, sich einen Namen als Autor von Hörspielen zu machen. 1982 adaptierte er Hermann Kants autobiografischen Roman "Der Aufenthalt" fürs Kino. Regie führte Frank Beyer, der auch als Regisseur von "Der Bruch" (1988) – ebenfalls nach einem Drehbuch von Kohlhaase – verantwortlich zeichnete. Die Hauptrollen des Films wurden mit den bekannten westdeutschen Schauspielern Götz George und Otto Sander besetzt. Nach dem Fall der Berliner Mauer führten Beyer und Kohlhaase ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort.
In den 1990er Jahren schrieb Kohlhaase in erster Linie Drehbücher für Fernsehfilme, so z.B. für die Neuverfilmung des Theaterstücks "Der Hauptmann von Köpenick" mit Harald Juhnke in der Titelrolle. Mit Beginn des neuen Jahrzehnts wendete er sich wieder vermehrt dem Kino zu - beginnend mit dem Drehbuch zu Volker Schlöndorffs hoch gelobtem Film "Die Stille nach dem Schuss", der die Geschichte einer RAF-Terroristin nachzeichnet, die bis zur Wende in der DDR untertaucht.
2005 folgte das beim Filmfestival San Sebastián sowie beim Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnete Drehbuch zum Arthouse-Erfolg "Sommer vorm Balkon" von Andreas Dresen. 2007 kooperierten Kohlhaase und Dresen erneut erfolgreich – bei der Komödie "Whisky mit Wodka", in der Henry Hübchen als alternder, den Frauen und dem Alkohol nicht abgeneigter Schauspieler darum kämpfen muss, nicht aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Im gleichen Jahr wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Für Andreas Kleinert schrieb Kohlhaase die Tragikomödie "Haus und Kind" (2009, TV), über ein großstädtisches Ehepaar (Stefan Kurt und Marie Bäumer), dessen Versuch, auf dem Land ein unbeschwertes Leben zu führen, durch allerlei - teils selbst verursachte - Widrigkeiten erschwert wird. Der Film erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den einmalig gestifteten Drehbuchpreis beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern.
Auf der Berlinale 2010 erhielt Kohlhaase den Goldenen Ehrenbären, im Jahr darauf ernannte ihn der Verband deutscher Drehbuchautoren (VDD) zum Ehrenmitglied. Ebenfalls 2011 wurde er beim Deutschen Filmpreis mit dem Ehrenpreis für hervorragende Verdienste um den deutschen Film ausgezeichnet.
Um eine ungewöhnliche, interkulturelle Liebesbeziehung ging es in Kohlhaases nächstem Kinodrehbuch: "I Phone You" (2011 DE/CN) erzählt von einer jungen Chinesin, die in Berlin einen dort lebenden chinesischen Geschäftsmann wiedersehen will, sich dann aber in dessen deutschen Bodyguard verliebt. Bei seinem folgenden Kinoprojekt, der Romanadaption "Als wir träumten" (2015), arbeitete Kohlhaase erneut mit Andreas Dresen als Regisseur. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Erlebnisse einer Clique junger Freunde in Leipzig kurz nach dem Ende der DDR. Der Film feierte im Wettbewerb der Berlinale 2015 Premiere und startete kurz darauf in den Kinos. Im Mai 2015 wurde Wolfgang Kohlhaase beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern mit dem Ehrenpreis "Goldener Ochse" (eine Anspielung auf das Landeswappen von Mecklenburg) ausgezeichnet.
Nur zwei Jahre darauf kam "In Zeiten des abnehmenden Lichts" von Matti Geschonneck ebenfalls auf der Berlinale zur Uraufführung. Die Geschichte um eine Ost-Berliner Großfamilie, die parallel zum Untergang der DDR auseinanderbricht, basiert auf einem Roman von Eugen Ruge und sollte Kohlhaases letzte Drehbucharbeit werden. 2020 kam noch der Spielfilm "Persischstunden" (RU/DE/BY, Regie: Vadim Perelman) in die deutschen Kinos, der auf Kohlhaases Erzählung "Erfindung einer Sprache" basiert. Darin versucht ein belgischer Jude das KZ zu überleben, in dem er sich als Perser ausgibt - und in der Folge eine Sprache neu erfinden muss, um seine Unkenntnis des Farsi zu verschleiern.
Neben seiner Tätigkeit als Drehbuchautor gab Kohlhaase Kurse zum Drehbuchschreiben an verschiedenen Hochschulen. Er war Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und wurde 1991 in die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg aufgenommen. 2021 erhielt er den Verdienstorden des Landes Berlin.
Wolfgang Kohlhaase lebte zuletzt mit seiner Frau, der Tänzerin und Choreografin Emöke Pöstenyi, in Berlin. Dort verstarb er am 5. Oktober 2022 im Alter von 91 Jahren.