Inhalt
Nike und Katrin wohnen in einem alten Mietshaus im Berliner Osten und sind beste Freundinnen. Tagsüber gehen sie ihrer Wege – die schlagfertige Nike arbeitet als Altenpflegerin, die geschiedene Katrin sucht lange schon einen Job und kümmert sich gleichzeitig um ihren pubertierenden Sohn Max. Die lauen Sommernächte indes verbringen die beiden Frauen gemeinsam auf Nikes Balkon, teilen ihre Erlebnisse und Träume auf der Suche nach dem Glück im Alltag. Trotz getrennter Wohnungen leben sie so irgendwie zusammen, doch als der LKW-Fahrer Ronald auf der Bildfläche erscheint, droht sich dieses Leben grundlegend zu ändern.
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Katrin und Nike sind Singles wider Willen und wohnen im selben Haus im Berliner Szeneviertel Prenzlauer Berg. Katrin zu ebener Erde – mit ständig weit geöffneten Fenstern, Nike im dritten Stock. Ihre Wohnung verfügt über einen Balkon, und auf dem sitzen die beiden Freundinnen so manchen Abend sozusagen zwischen Himmel und Erde und blicken auf das bunte und dabei doch so schwierige Dasein, in dem die richtigen Männer oft die falschen sind und in dem frau besser durchkommt, wenn sie nicht nur schön ist, sondern auch stark. Katrin hat es als alleinerziehende Mutter von Max nicht leicht. Sie trauert nicht nur ihrem ehemals glücklichen Familienleben nach, sondern schreibt eifrig – und meistens vergeblich – Bewerbungen. Die gelernte Graphikerin und Schauwerbegestalterin unterzieht sich sogar einem Bewerbungstraining, um ihre nicht gerade glänzenden Vermittlungschancen zu erhöhen.
Weil das Arbeitsamt nichts Passendes findet, versucht sie ihr Glück auch bei privaten Agenturen (Traute Hoess in einer bemerkenswerten Episodenrolle). Und weil weder in Tinas Kneipe (Stephanie Schönfeld als Kellnerin mit Herz, aber durchaus eigenen amourösen Interessen) noch in der Disco der richtige Mann zu finden ist, spekulieren die beiden Freundinnen aus der Vogelperspektive des Balkons schon ’mal auf den bürgerlichen Apotheker von der Ecke vis-a-vis. Der könnte den richtigen „Vater“ für Max abgeben, welcher gerade seinen ersten Liebeskummer durchstehen muss. Da hat es die attraktive Nike schon wesentlich leichter. Mit einem sicheren, wenn auch harten Job als Altenpflegerin und genug Selbstbewusstsein, gepaart mit Berliner Kodderschnauze, liegen ihr die Männer scharenweise zu Füßen. Wie Ronald, der coole Macho von Truckfahrer, der beinahe die wieder einmal gedankenabwesende Katrin mit seinem Bruttoregistertonnen-Ungetüm überfahren hätte. Ronald nistet sich bei Nike ein, die genau weiß, was sie an ihm hat, obwohl der mit Tattoos übersäte Proll nicht gerade ein Vorzeige-Lover ist: „Glaubst Du eigentlich, weil hier sexuell was läuft, kannst du dich wie’n Arsch benehmen?“. Als es Nike ’mal wieder zu viel wird, auch beruflich mit ihren schwierigen Stammkunden Helene, Oskar und Neumann, sperrt sie Ronald kurzentschlossen nachts auf dem Balkon aus...
Andreas Dresen ist mit „Sommer vorm Balkon“ eine beschwingte, schwebend-leichte und in den kalten Wintertagen des Kinostarts herzerwärmende Komödie mit reichlich Prenzlberger Lokalkolorit gelungen. Dabei bietet die Vorlage von Wolfgang Kohlhaase zahlreiche Klippen: Großstadtballade über Einsamkeit und Solidarität, Dreiecksbeziehungen in ständig wechselnden Konstellationen, Patchwork-Familien-Stress, Arbeitslosigkeits-Sozialdrama – genug Stoff also für eine kitschige Sozialschnulze. Doch Andreas Dresen hält mit tollen Schauspielern (selbst Axel Prahl gibt sich in einer kleinen, stummen Kneipensequenz die Ehre), lakonischen Dialogen und ganz unspektakulären Szenen, die einmal mehr seine Liebe zum Detail unterstreichen, die Balance zwischen Komik und Tragik. Weil er seine Figuren mit großer Sympathie zeichnet und dem Publikum ganz nahebringt, ohne sie diesem mit Ironie auszuliefern. Am Ende sitzen die nach manchen Missverständnissen und Problemen wieder vereinten Freundinnen auf dem Balkon: „So ist das Leben.“ – „Aber wirklich!“.
Pitt Herrmann