Inhalt
Nachdem die Frauen von Paul und Frank bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sind, beschließen die beiden Taugenichtse zusammenzuziehen. Gemeinsam kümmern sie sich um Franks 15-jährige Tochter Lilli, den Lebensunterhalt bestreiten sie mit miesen Jobs und gelegentlichen Straftaten. Eines Tages geht ein Raubüberfall schrecklich schief, in einem Gerangel erschießt Paul einen Wachmann. Auch im Zusammenleben mit Lilli bahnt sich eine Katastrophe an. Als sie den dunkelhäutigen Tommy mit nachhause bringt, passt das ihrem Vater gar nicht. Er wirft ihn raus, woraufhin Lilli auf Rache sinnt. Also verführt sie Paul. Als Frank herausfindet, dass Lilli schwanger ist, dreht er durch und erschießt Tommy, den er für den Vater hält. Während er verhaftet und verurteilt wird, fliehen Paul und Lilli in die Niederlande auf die Insel Texel, wo sie sich auf einem Campingplatz einquartieren. Sie ahnen nicht, dass Frank sie verfolgt.
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Als Papa Frank dahinterkommt, dass seine Tochter auch noch schwanger ist, kommt es zum zweiten folgenschweren Zwischenfall des Films in der Pommesbude Tommys, bei dem der vermeintliche Vater sein Leben lassen muss. Frank erschießt Tommy ausgerechnet mit der Pistole, die Paul bei einem Supermarktraub nutzte und bei dem ganz unfreiwillig ein Wachmann sein Leben ließ. Mittlerweile waren die beiden Freunde arbeitslos geworden und hatten sich auf das Hehlen von Elektronikartikeln spezialisiert. Nun schon zwei Gründe für den Polizeibeamten Stiefel, die Ermittlungen aufzunehmen. Während Frank nach der Tat in der Pommesbude verhaftet wird, kann Paul flüchten – zusammen mit Lilli, die ihn verführt hat und ihm nun einredet, der Vater ihres Kindes zu sein. Das Ziel Holland wird mit dem klapprigen Lada der polnischen Prostituierten Lana, mit der Paul seit alten Bar-Tagen befreundet ist, angesteuert.
Doch Lilli will das Kind nicht abtreiben, sondern zur Welt bringen. So landen die beiden auf einem Campingplatz an der Küste unweit der Stelle, wo Lilli einst verunglückte und ihre Mutter bei dem tragischen Autounfall ums Leben kam. Paul nimmt einen Job in der Küche eines Ferienbetriebes auf, während die 15-jährige Lilli mit dem Sohn der Wirtin flirtet – sehr zum Verdruss des eifersüchtigen „Vaters“ ihres Kindes. Die hochschwangere Lilli kotzt die Nobelkarosse, die sich ihr junger holländische Freund nur geliehen hat, voll, Paul jobbt als Tellerwäscher und Kellner, um seine „Familie“ durchzubringen, und Frank sitzt hinter Gittern – die Perspektive ist gleich Null. Doch letzterer, vom Polizeibeamten gegen seinen Freund Paul aufgehetzt, kann bei einem Krankentransport aus dem Knast fliehen und reist den beiden nach Holland nach. Showdown in der Brandung: Paul beichtet Frank, der Vater des Kindes seiner Tochter zu sein. Schlägerei, Versöhnung, neuer Pakt: Alles auf Anfang, weitermachen in der Großfamilie zu viert.
Doch Lilli schmeißt ihren Vater Frank hinaus. Die Wehen setzen ein, Lilli, Frank und Paul in rasender Autofahrt in die Klinik, gestoppt von einem Polizisten, Ausbruch in die Dünen. Zwei männliche Geburtshelfer für Lilli, die einen kleinen farbigen Jungen zur Welt bringt. Es war also doch der Pizzabote Tommy. „Niemand geht endgültig verloren“: Die beiden Freunde lassen sich, versöhnt mit sich und der Welt, gemeinsam von einem philosophierenden holländischen Polizisten anketten zur Überführung in den deutschen Polizeigewahrsam. Und Lilli? Die erzählt ihrem Baby von der wundersamen Rettung aus den Fluten seinerzeit: „Schau, in diesem Meer bin ich ertrunken.“
Philipp Stölzl war zuvor vor allem durch Musikvideos u.a. für Madonna („American Pie“) bekannt geworden. Er zeigt in seinem Spielfilmdebüt „Baby“ nach einem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase und David Hamblyn liebenswerte Loser, deren vermeintlich idyllisches Leben durch eine sagenhafte, bisweilen gar hanebüchene Verkettung unglücklicher Umstände Stück für Stück in sich zusammenbricht und im totalen Chaos endet. Mit jedem Ereignis spitzt sich die Geschichte und mit ihr die zunehmend ausweglosere Lage der Protagonisten zu. Doch die tragen ihr Schicksal mit Fassung, ja geradezu mit stoischer Leichtigkeit. Alice Dwyer, Lars Rudolph und Filip Peeters sind ein ideales Trio für diese bei allem Chaos auch anrührende Mischung aus Tragik und Humor. Die schrecklichsten, grausamsten Ereignisse werden mit einem so noch nicht gesehenen lakonisch- verdrehten, schicksalsergebenen Humor erzählt, wobei auch Kameramann Michael Mieke ein Sonderlob für großes, opulentes Erzählkino gebührt. Die Komödie ist zwar am 2. Juli 2002 beim Münchner Filmfest uraufgeführt worden, war aber zunächst nicht für die große Leinwand vorgesehen. Nach Festival-Einladungen am 25. September 2002 in San Sebastian, am 15. November 2002 beim Kinofest Lünen, am 15. Januar 2003 beim Max Ophüls Wettbewerb Saarbrücken sowie am 5. September 2003 beim German Film Festival in Argentinien startete „Baby“ am 12. September 2003 zunächst in spanischen Kinos und erst am 26. Februar 2004 in den deutschen Lichtspielhäusern.
Pitt Herrmann