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Alle Fotos (3)Biografie
Gerhard Klein wurde am 1. Mai 1920 in Berlin geboren und wuchs im damaligen Arbeiterviertel Kreuzberg auf. Als Kind trat er dem marxistischen Jung-Spartakus-Bund bei; nach der Machtübernahme der Nazis im Jahr 1933 war er als 13- bis 15-Jähriger für die Widerstandsorganisation der KPD aktiv und wurde zweimal verhaftet. Neben dem politischen Engagement beschäftigte Klein sich schon in jungen Jahren autodidaktisch mit der Welt des Films. Mit 18 Jahren wurde er zum Wehrdienst eingezogen und war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs an der Ostfront stationiert. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst im Hauptjugendausschuss der KPD und beim Jugendamt des Berliner Magistrats.
1946 bekam Klein eine Stelle im DEFA-Studio für Wochenschauen und Dokumentarfilme. Dort arbeitete er anfangs als Drehbuchautor für populärwissenschaftliche Kurzfilme, dann als Regieassistent. Ab 1949 führte er selbst bei einigen Kurz-Dokumentarfilmen Regie, etwa bei "Binnenschiffahrt" (1949), "Für ein einiges, glückliches Vaterland" (1950) und "Maul- und Klauenseuche" (1950). Größere Aufmerksamkeit erhielt er für seinen langen, teils mit Puppentrick realisierten "Gäste aus Moskau" (1951), der anlässlich eines DDR-Besuchs des weltberühmten Puppenspielers Sergej Obraszow und dessen Ensemble entstand.
1952 wechselte Klein zum DEFA-Studio für Spielfilme. Er war maßgeblich am Aufbau des DEFA-Kinderfilmstudios beteiligt, wo er auch seinen ersten Spielfilm realisierte: "Alarm im Zirkus" (1954), nach einem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase und Hans Kubisch, erzählte von zwei West-Berliner Jungen, die von einer Boxkarriere träumen und bei einem Ost-Berliner Zirkus einen Diebstahl vereiteln. Der erfolgreiche Film war stilbildend für Kleins folgende "Berlin-Filme", die in einem reportagehaften Stil Geschichten aus der geteilten Stadt erzählen. Geschickt setzte Klein dabei seine Erfahrungen aus der Dokumentarfilmarbeit im Spielfilmformat um.
Auch bei diesen nächsten Filmen arbeitete Klein nach Drehbüchern von Kohlhaase: "Eine Berliner Romanze" (1956) handelte von der Liebe zwischen einem arbeitslosen West-Berliner und einer Ost-Berliner Auszubildenden. "Berlin – Ecke Schönhauser" (1957), der wohl bekannteste Film der Berlin-Serie, zeigte ohne Schönfärberei, dass es auch im Ostteil der Stadt ein Problem mit aufsässigen und ziellosen "Halbstarken" gab. Der Film rief massive Diskussionen hervor: Von der Hauptverwaltung Film wurde er wegen seiner negativen Darstellung ostdeutscher Lebenswirklichkeit abgelehnt; im FDJ-Zentralrat hingegen sah man ihn als positives Gegenstück zu westdeutschen Halbstarken-Filmen. Im August 1957 kam "Berlin – Ecke Schönhauser" schließlich mit einigem Erfolg in die Kinos.
Mit "Die Geschichte des armen Hassan" (1958), nach Motiven eines uigurischen Märchens, gelang Klein ein ungewöhnlicher Märchenfilm. Die Geschichte eines geknechteten Mannes im Orient, der zu rebellieren beginnt und notleidende Menschen aus dem Brunnen eines reichen Kaufmanns trinken lässt, ist als parabelhaft-poetisches Lehrstück im Sinne des Brechtschen Theaters inszeniert (die Darsteller*innen kamen vom Berliner Ensemble). In seiner gelungen ambitionierten Umsetzung ragte der Film positiv aus der Reihe von Fehlschlägen der damaligen DEFA-Märchenfilme heraus.
Bei "Die Feststellung" (1958) führte Gerhard Klein gemeinsam mit Herbert Fischer und Werner Bergmann Regie. Basierend auf dem Bühnenstück von Helmut Baierl erzählt der Film von einem Bauer, der in den Westen flüchtet, bald aber enttäuscht in die DDR zurückkehrt. In einem Rollenspiel stellen die Dorfbewohner die Gründe der Flucht nach. Anschließend übernahm Klein von seinem Kollegen Herbert Ballmann die Regie des Jugendfilms "Ein Sommertag macht noch keine Liebe" (1961).
International bekannt wurde Gerhard Klein mit "Der Fall Gleiwitz" (1961), erneut nach einem Drehbuch von Kohlhaase (zusammen mit Günther Rücker). In sachlichem, beinahe dokumentarischem Stil und mit minutiöser Genauigkeit rekonstruiert der Film den fingierten Überfall Polens auf den Sender Gleiwitz, der Hitler 1939 als Vorwand für den Einmarsch in Polen diente. Bei DDR-Kulturfunktionären stieß der Film jedoch auf Ablehnung: Man warf den Machern vor allem wegen der experimentell anmutenden, impressionistischen Bildgestaltung eine Verherrlichung der Ereignisse vorgeworfen. Am Ende durfte "Der Fall Gleiwitz" zwar gezeigt werden, lief aber vorwiegend in kleinen Programmkinos. Erst später kam es zu einer allgemeinen Anerkennung; inzwischen gilt der Film als eines der eindrucksvollsten Werke antifaschistischer Kunst.
In der Komödie "Sonntagsfahrer" (1963, Drehbuch: Kohlhaase und Karl-Georg Egel), über die Fluchtpläne einer Leipziger Familie kurz vor dem Mauerbau, versuchte Klein, sich auf humorvolle Weise dem Mauerbau und den damit verbundenen Alltagskonflikten in der DDR anzunehmen.
Als Klein und Kohlhaase 1965 mit "Berlin um die Ecke" an den Erfolgsfilm "Berlin – Ecke Schönhauser" anknüpfen wollten, wurde die Produktion während des Rohschnitts gestoppt, weil nach dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED die "kritischen Tendenzen" in der Darstellung des Generationskonflikts unerwünscht waren. Erst nach der Wende konnte der Film so weit wie möglich fertig gestellt werden und wurde 1990 (also 20 Jahre nach Kleins Tod) im Forum der Berlinale gezeigt.
In "Der große und der kleine Willi", seinem Beitrag zu dem TV-Episodenfilm "Geschichten jener Nacht" (1967), thematisierte Klein erneut den Mauerbau auf humorvolle Weise, diesmal in einer Verwechslungsgeschichte um einen vermeintlichen West-Agenten.
Im Frühjahr 1970 begann Klein mit der Arbeit an "Leichensache Zernik", der in der Geschichte eines Nachkriegs-Kriminalfalls an die Tradition seiner Berlin-Filme anknüpfen sollte. Allerdings musste Klein die Dreharbeiten nach nur zehn Tagen wegen einer Erkrankung abbrechen. (Der Film wurde 1972 von Kohlhaase und Kleins Regieassistent Helmut Nitzschke realisiert).
Nach kurzer, schwerer Krankheit starb Gerhard Klein am 21. Mai 1970 in Ost-Berlin.