Die Geschichte vom armen Hassan

DDR 1958 Spielfilm

Inhalt

Irgendwo in Mittelasien in einer kargen, trockenen Landschaft lebt Hassan. Während die meisten Menschen dieser Gegend kaum genug Wasser zum Überleben haben, steht auf dem weiten Anwesen des reichen Kaufmanns Machmud ein prächtiger Brunnen. Als Hassans Wegbegleiter, ein Papagei, sich eines Tages auf den Brunnenrand setzt, wird er vom Wachhund des Kaufmanns angefallen. Hassan sieht keine andere Möglichkeit als den Hund zu töten, um den Papagei zu retten. Zur Strafe muss Hassan von nun an den Platz des Wachhundes einnehmen und angeleint auf dem Anwesen sitzen. Als kurz darauf ein Pferd gestohlen wird, muss er auch noch dessen Aufgaben erfüllen. Nur Fatima, eine schöne Sklavin, bringt etwas Licht und Hoffnung in sein Leben. Doch Hassan hält die Strafe aus, weil er sie als gottgegeben ansieht. Als er jedoch eines Tages begreift, dass in Wahrheit nicht Gott, sondern die Reichen die Regeln aufstellen, rebelliert er. Er öffnet die Tore von Machmuds Garten und lässt alle Menschen aus dem großen Brunnen trinken.

Die Ausstattung dieser Filmseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein großes kupfernes Tor inmitten einer hohen, unüberwindlichen Mauer trennt den armen Lastenträger Hassan vom prächtigen Brunnen des reichen Kaufmanns Machmud. Der gar nicht daran denkt, freiwillig etwas von seinem in dieser kargen, trockene Landschaft Mittelasiens kostbaren Nass abzugeben. Im Gegenteil: Der zynische Kapitalist macht sich einen Spaß daraus, dem Wasserhändler ständig mehr Geld abzupressen.

Während Hassan Allah darum bittet, eine Karawane zu schicken, damit er sich als Lastenträger Geld für Wasser und Brot verdienen kann, setzt sich sein ständiger Begleiter, der sprechende Papagei Ara, auf den Rand besagten Brunnens, um mit seinem Schnabel Wasser daraus zu schöpfen. Als der Vogel vom Wachhund des Kaufmanns angefallen wird, sieht Hassan keine andere Möglichkeit seinen gefiederten Freund zu retten als den Vierbeiner zu erschlagen. Woraufhin Machmud ein Gerichtsverfahren anstrengt, obwohl er weiß, dass der Koran einem Hund keinen Wert beimisst.

Doch hat er mitbekommen, dass der Kadi ein Auge auf Fatima, seine neue, schöne Sklavin geworfen hat. Um einen für den vergleichsweise armen Staatsdiener bezahlbaren Preis für sie zu erzielen, verurteilt er Hassan, von nun an beim Kaufmann den Platz des Wachhundes einzunehmen und mit dem Halsband des erschlagenen Tieres angeleint im Hof zu hocken.

Als kurz darauf zwei finstere Gestalten, denen Hassan nicht habhaft werden kann, einen wertvollen Schimmel aus Machmuds Stall stehlen, muss der Lastenträger auch noch die Arbeit des Pferdes verrichten. Die in erster Linie darin besteht, sich ständig im Kreis drehend ein Schöpfrad zu bewegen, um dem Wasserhändler die Krüge zu füllen. Nur die schöne Sklavin bringt etwas Licht und Hoffnung in sein Leben: Hassan soll Fatima zur Flucht verhelfen. Doch der naive Hassan will seinen von Allah bestimmten Platz nicht verlassen, hält seine (Doppel-) Strafe als gottgegeben an.

500 Goldstücke muss der angebliche Stellvertreter Allahs auf Erden für Fatima hinlegen. Als Hassan das sehr weltliche Geschäft des Kadi und weitere Gespräche zwischen diesem und dem Kaufmann belauscht, begreift er endlich, dass seine Abhängigkeit nicht Gottes Wille ist, sondern allein der Macht- und Geldgier der Reichen, welche die angeblich göttlichen Regeln aufstellen, geschuldet ist. Während einer Spazierfahrt des Kaufmannes und des Kadi in die Wüste rebelliert Hassan in seiner Rolle als Zugpferd: Er sprengt seine Fesseln und schleudert den Wagen samt der beiden Insassen gegen einen Felsen. Zurück am Anwesen Machmuds überwindet er die Mauer, befreit Fatima aus dem Harem und öffnet die Tore zum Innenhof, damit alle dürstenden Menschen aus dem großen, randvoll gefüllten Brunnen trinken können…

„Die Geschichte vom armen Hassan“ ist ein Film für schlichte Gemüter: die Parabel, im Prolog vom Erzähler Ekkehard Schall als aufgeschlagenes Märchenbuch präsentiert, zielt auf die ausbeuterischen Kapitalisten ebenso wie auf die mit ihr verbundenen bigotten papistischen Kleriker der allein selig machenden katholischen Kirche. Die Ende der 1950er Jahre im noch im Aufbau befindlichen sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat auch außerhalb des thüringischen Eichsfeldes vielleicht noch einen gewissen Einfluss gehabt haben mag. Das mit den Kapitalisten ist zeitlos geblieben: heute ist es der Schweizer Nestle-Konzern, der in der Dritten Welt Brunnen graben lässt und das Wasser, das eigentlich den Bewohnern der Länder, in denen es geschöpft worden ist, gehört, in Flaschen abgefüllt für teures Geld verkauft.

Das mit der Religion hat mehr als ein halbes Jahrhundert später eine neue – auch politische – Dimension erhalten. Basiert Rosel Kleins Drehbuch doch auf einem ujgurischen Märchen: Die Ujguren, ein Zusammenschluss verschiedener Steppenvölker mongolischer und türkischer Herkunft, gehören einem vom Schamanismus geprägten sunnitischen Islam an und werden heute in der Volksrepublik China verfolgt. Die größte turksprachige Ethnie Chinas, die hauptsächlich in dem sog. Autonomen Gebiet Xinjiang lebt, wird durch das kommunistische Regime in Umerziehungslager gesteckt und auf allen Gebieten unterdrückt.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
1635 m, 60 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 19.07.1958

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Geschichte vom armen Hassan
  • Weiterer Titel (DD) Hassan und der reiche Kaufmann Machmud

Fassungen

Original

Länge:
1635 m, 60 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 19.07.1958