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Alle Fotos (4)Biografie
Gernot Roll, am 9. April 1939 in Dresden geboren, absolvierte seine Ausbildung in den DEFA-Studios in Babelsberg, wo er bereits erste Erfahrungen als Kamera-Assistent bei Spielfilmen sammelte. Ab 1960 arbeitete er für die Bavaria-Filmstudios in München und drehte dort ab 1964 als Kameramann zahlreiche Film- und Fernsehproduktionen, zum Beispiel einige Folgen der Serie "Graf Yoster gibt sich die Ehre" (1966). Anfang der Siebziger drehte er auch ein paar der damals zahlreich produzierten deutschen Sexkomödien, zum Beispiel "Wilder Sex frühreifer Mädchen" (1972). Doch parallel zu diesen Arbeiten stand er auch bei Anspruchsvollerem hinter der Kamera, beispielsweise beim TV-Mehrteiler "Die merkwürdige Lebensgeschichte des Friedrich Freiherrn von der Trenck" (1972) von Fritz Umgelter. 1974 drehte Roll den Tatort "Zweikampf" – die erste einer ganzen Reihe von Arbeiten für die Krimiserie. 1976 folgte die erste Zusammenarbeit mit Edgar Reitz bei dessen Film über die unmittelbare Nachkriegsgeschichte "Stunde Null".
Nach weiteren Arbeiten für das Fernsehen, etwa der Mini-Serie "Wallenstein" (1978) von Franz Peter Wirth, sowie dem Kinofilm "Car-Napping: Bestellt - geklaut - geliefert" (1980) von Wigbert Wicker engagierte Edgar Reitz ihn für sein Dorf- und Familienepos "Heimat" (1981 bis 1984), das er in einem Wechsel von farbigen und schwarz-weißen Passagen umsetzte. "Heimat" wurde ein überragender Erfolg bei Kritik und Publikum. Ebenfalls in Schwarz-Weiß drehte Roll "Welcome in Vienna" (1985), unter der Regie von Axel Corti. Für Fritz Lehners (farbigen) "Mit meinen heißen Tränen" über die letzten Lebensjahre Franz Schuberts erhielt er 1988 den Deutschen Kamerapreis. 1992 wurde er für Jo Baiers "Wildfeuer" mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, im Jahr darauf noch einmal für "Kleine Haie", "Krücke" und "Meine Tochter gehört mir"; einen weiteren Deutschen Filmpreis erhielt er zehn Jahre später für Caroline Links "Nirgendwo in Afrika".
Nach "Die zweite Heimat", der 13-teiligen Fortsetzung von Reitz' Epos, drehte Roll 1992 für Sönke Wortmann "Kleine Haie", 1993 für Peter Sehr "Kaspar Hauser" und 1994, wieder für Wortmann, den Publikums-Hit "Der bewegte Mann". Im gleichen Jahr führte er zum ersten Mal Regie: Als Axel Corti während der Dreharbeiten zum Dreiteiler "Radetzkymarsch" verstarb und die Produzenten händeringend nach Ersatz suchten, übernahm Roll neben der Kamera auch die Inszenierung – und wurde, wie schon zuvor für die "Heimat"-Filme und später den TV-Dreiteiler "Die Manns - Ein Jahrhundertroman" (2001) mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Neben weiteren erfolgreichen Arbeiten als Kameramann Neben weiteren erfolgreichen Arbeiten als Kameramann, so z.B. in Helmut Dietls "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" (1996), setzte Roll seine Ausflüge ins Regiefach in den nächsten Jahren fort. Produzent Bernd Eichinger engagierte ihn für die Regie von "Ballermann 6" (1997) mit Tom Gerhardt, später inszenierte Roll weitere leichte Komödien wie "Pura Vida Ibiza – Die Mutter aller Parties" (2003). Doch er bewies auch als Regisseur große Vielseitigkeit, beispielsweise mit der Neuverfilmung des "Friedrich Freiherr von Trenck – Zwei Herzen gegen die Krone" (2002).
Auch in den folgenden Jahren zeichnet sich Rolls Filmographie durch eine kuriose Mischung aus ambitionierten Arthouse-Stoffen und Klamauk-Komödien aus: So ist er beispielsweise bei den Heinrich Breloer-Filmen "Speer und Er" (2005) und "Buddenbrooks" (2008) ebenso für die Bildgestaltung verantwortlich wie bei der Bundeswehr-Klamotte "Kein Bund fürs Leben" (2007); als Regisseur inszeniert er neben der stilsicheren und hoch gelobten Preußler-Adaption "Räuber Hotzenplotz" die Komödie "Männersache" (2009), ein Vehikel für den Comedian Mario Barth. Als Kameramann dreht er danach Jo Baiers aufwändigen Historienfilm "Henri 4" (2010), als Regisseur die Tom-Gerhardt-Klamotte "Die Superbullen" und die Comic-Verfilmung "Werner – Eiskalt!" (beide 2011). Ebenfalls 2011 fotografierte er die vielgelobte Udo-Jürgens-Filmbiografie von ARD/ORF, "Der Mann mit dem Fagott".
Danach knüpfte Roll an die Zusammenarbeit mit Regisseur Edgar Reitz an und übernahm die Schwarzweiß-Bildgestaltung bei dessen "Prequel" zur Heimat-Trilogie: "Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht" wurde auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2013 uraufgeführt und startete im Oktober desselben Jahres im Kino. Der Film wurde begeistert aufgenommen und vielfach ausgezeichnet. Roll erhielt die Auszeichnung für die beste Kamera beim Preis der deutschen Filmkritik und eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis 2014. "Die andere Heimat" stellte seinen letzten Kinofilm dar.
2013 erhielt Gernot Roll das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, dem folgte 2014 ein Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin. Im Januar 2015 wurde der Bildgestalter beim Bayerischen Filmpreis mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erschien im Fernsehen der von Roll teils in Mexiko gefilmte "Meister des Todes", dem noch zwei weitere Kooperationen mit Daniel Harrich folgten, bevor er 2017 seine letzte Kamera-Arbeit ablieferte: "Brecht", eine weitere TV-Filmbiografie inszeniert von Breloer, feierte auf der Berlinale 2019 Premiere.
Am 12. November 2020 starb Gernot Roll mit 81 Jahren nach schwerer Krankheit in München.
Sein Sohn Michael Roll, geboren 1961, ging ebenfalls in die Filmbranche und wurde als Schauspieler bekannt.