Der bewegte Mann

Deutschland 1994 Spielfilm

Inhalt

Nachdem er von seiner Freundin Doro in flagranti erwischt wurde, muss der Casanova Axel sich mitten in der Nacht eine neue Bleibe suchen. Notgedrungen nimmt er die Einladung des schwulen Norbert an, bei ihm zu übernachten. Als Doro die beiden in einer kompromittierenden Lage überrascht, glaubt sie natürlich, Axel sei in Wahrheit schwul oder zumindest bisexuell. Nach einigen Verwicklungen landen Axel und die schwangere Doro dann doch noch vor dem Traualtar. Aber damit gehen die Turbulenzen erst richtig los. Denn Axel nutzt Doros erste Abwesenheit, um erneut fremdzugehen. Dazu braucht er jedoch Norberts Hilfe.

 

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Falk Schwarz
Lose Reden verkniffener Typen
Gehen so Tabubrüche? Axel (Til Schweiger) fällt auf dem Damenklo über eine Frau her. Wir müssen zuschauen. Kommt keiner von beiden (auch der Regisseur nicht) auf die Idee, wie demütigend eine solche Situation für alle ist? Den Akt enttabuisieren, aber auf so eine Arrt? Der attraktive Axel, um den sich alle reissen, lächelt dazu und da sieht er keineswegs mehr megascharf aus, sondern eher etwas dümmlich. Nächste Szene: zwei Schwule, zu denen der Axel einzieht, machen provokante Reden („Habe ich dich beim Onanieren gestört?“, „Bei uns ist nur der Schließmuskel trainiert“), aber sie vögeln nicht zusammen. Das tun nur Heteros. Davor scheut der Film zurück. Freundin Doro ist schwanger und doch total erschreckt und beleidigt, als zwei Tunten zu ihrer Hochzeit auftauchen. Sind das die neuen Zeiten, in denen „politische Korrektheit“ nicht mehr gelten soll? Der Film ist auf einer zweiten Ebene konservativ und erlaubt sich nur ein paar Ausfälle im Spiel mit der Sexualität. In der verdrucksten Männergruppe geht es um Begriffe wie „Titten“ und „Finger im Po“, was leider über die Provokation hinaus nur töricht klingt. Waren sie so, die langweiligen Neunziger? Kameramann Gernot Roll tut alles, um mit seiner Steadicam den bewegten Mann in Schwung zu halten. Der Film steht nie still, ist dauernd unterwegs, setzt die einzelnen Szenen dicht an dicht, sodass keine Zeit für Reflexion bleibt. Es wird gelacht über die Situationskomik und dabei fällt durch, dass die Dialoge wohl frech und unbekümmert, aber eben auch wenig geistreich und tiefenscharf wirken. Wortmann will provozieren und ein Lebensgefühl transportieren, das er in Köln gefunden zu haben glaubt. Da hat es keinen Zweck, sich an Filme von Ernst Lubitsch und Billy Wilder zu erinnern, in denen die Andeutung zur Filmkunst erhoben wurde. Denn was hinter geschlossenen Türen passiert, das wissen wir alle nur zu genau. Dass wir es auch mit ansehen sollen - dann aber bitte auch zwischen Männern und zwischen Frauen und dann vielleicht zwischen Heteros. Gleichberechtigung in der Horizontalen!
Heinz17herne
Heinz17herne
Frauenheld Axel ist als Berufsfotograf gescheitert und kellnert in einem Kölner Nachtlokal der gehobenen Klasse, in dem das Berliner Szeneidol Max Raabe („Kein Schwein ruft mich an“) nostalgische Schlager der 1920er und 1930er Jahre zum Tanzen beisteuert. Axel ist kein Kind von Traurigkeit – und auch schon ’mal zum Quickie mit einem attraktiven weiblichen Gast auf dem Damenklo bereit.

Seine Freundin Doro, Kellnerin im gleichen Etablissement, erwischt ihn dabei – und zögert keine Sekunde, ihn an die Luft zu setzen. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe landet Axel ausgerechnet auf einer flippigen Schwulenparty – und später bei Norbert im Bett. Der kümmert sich wie sein „stiller“ Freund, die Tunte Walter, rührend um den „Flüchtling“.

Doch Doro ist schwanger und sehnt sich nach „ihrem“ Axel zurück. Beinahe hätte die Versöhnung auch geklappt, nachdem Norbert dabei geholfen hat, Axels Sachen aus ihrer Wohnung zu schaffen. Doch Doro erwischt ihr Objekt der Begierde in eigentlich harmloser, doch sehr verfänglich erscheinender Situation mit Norbert ausgerechnet im eigenen Ehebett. So nimmt eine tolle Verwechslungskomödie ihren Lauf, die nur so voller Regieeinfälle sprudelt und ein unbeschwert-heiteres Licht auf die Kölner Szene wirft anno 1994, also bereits mittendrin im Aids-Zeitalter.

Angesichts der Running gags bleibt wirklich kein Auge trocken, auch wenn es manchmal Tränen des Mitgefühls sein können. Da kommt eine attraktive Klassenkameradin gerade recht, um alle Wolken am Himmel zu verscheuchen. „Red Bull“, das damals noch ein Geheimtipp aus Österreich war, tut ein übriges – die Post geht ab, auch beim schwulen Metzger Horst, der als Brutalo-Lederhengst eine heiße Schaumbad-Nummer abzieht.

Und wieder platzt die hochschwangere Doro mitten hinein. Axel begleitet sie in die Klinik, klärt sie über die wahren „Verhältnisse“, die mit dem Anschein nichts zu tun haben, auf. Er, der kein Blut sehen kann, hält Händchen bei der Entbindung und gilt fortan im Krankenhaus natürlich als richtiger Vater. Doro wird als glückliche Mutter eines gesunden Jungen entbunden, aber mit Axel ist sie ’mal wieder fertig.

Der sucht in gar nicht schwülen Männergesprächen Rat bei Norbert – und findet ihn. Denn so kann es gehen: Nicht immer nur Erwartungen erfüllen, Vorurteile pflegen, sich selbst unter Erwartungsdruck setzen, sondern die Dinge einfach laufen lassen, cool das Leben auf sich zukommen lassen. Und dann geht’s besser als erwartet, Doro und Axel werden gar ein Ehepaar mit dem Segen des Staates. Wenn da auf der Hochzeitsfeier nicht solcher Besuch einer merkwürdig tuntigen Truppe wäre...

Nach den beiden Comics „Der bewegte Mann“ und „Pretty Baby“ von Ralf König drehte Sönke Wortmann die Komödie mit einer Reihe bekannter Schauspieler, darunter auch die köstliche Martina Gedeck, zu denen auch, zum damaligen Zeitpunkt, mit Armin Rohde, Hedi Kriegeskotte und Christof Wackernagel drei Mitglieder des Ensembles am Schauspielhaus Bochum gehörten. Mit der wohl berühmtesten Szene des Films als nackter Mann im Kleiderschrank bedeutete „Der bewegte Mann“ für den gebürtigen Herner Joachim Król den endgültigen Durchbruch auf der Kinoleinwand. Und für Max Raabe und sein Palastorchester einen enormen Popularitätsschub.

Nach dem Leinwand-Start gehörte „Der bewegte Mann“ zu den knapp einhundert unterhaltsamsten Minuten des Jahres 1995 für mehr als sechs Millionen Kinogänger, wozu auch Kameramann Gernot Roll und der für die Musik zuständige Torsten Breuer einiges beisteuerten. Der Film lief im gleichen Jahr sogar auf zwei US-Festivals in Seattle und Chicago und wurde mit Preisen überhäuft. Free-TV-Premiere war am 14. März 1998 auf Pro Sieben.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Kamera

Kamera-Assistenz

Standfotos

Licht

Kamera-Bühne

Ausstattung

Außenrequisite

Innenrequisite

Frisuren

Schnitt

Synchron-Ton-Schnitt

Ton-Assistenz

Geräusche

Mischung

Darsteller

in Zusammenarbeit mit

Produzent

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Assistenz

Dreharbeiten

    • 06.04.1994 - Mai 1994: Köln
Länge:
2563 m, 94 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby Stereo
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 23.09.1994, 72040, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 06.10.1994, Premiere;
Kinostart (DE): 06.10.1994;
Aufführung (DE): 04.06.2024 [Wiederaufführung]

Titel

  • Originaltitel (DE) Der bewegte Mann

Fassungen

Original

Länge:
2563 m, 94 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby Stereo
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 23.09.1994, 72040, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 06.10.1994, Premiere;
Kinostart (DE): 06.10.1994;
Aufführung (DE): 04.06.2024 [Wiederaufführung]

Auszeichnungen

Cinema 1995
  • Jupiter, Bester deutscher Film
Arbeitsgemeinschaft Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater 1995
  • Gilde-Filmpreis
Hubert Burda Media 1995
  • Bambi
Deutscher Filmpreis 1995
  • Filmband in Gold, Bester Film
  • Filmband in Gold, Beste Regie
  • Filmband in Gold, Darstellerische Leistungen
FBW 1994
  • Prädikat: wertvoll