Hans Steinhoff
Hans Steinhoff wurde am 10. März 1882 in Marienberg in Sachsen in eine Kaufmannsfamilie geboren. Nach dem Gymnasium nahm er zunächst ein Medizinstudium in Leipzig auf, brach es jedoch bereits nach einem Semester ab und entschied sich, Schauspieler zu werden. Nach seinem Debüt 1903 in Braunschweig bei einem Tourneetheater war er in München zunächst Schauspieler und Sänger, wurde dann aber Oberregisseur am Metropol-Theater in Berlin. Ab 1914 inszenierte er an Wiener Varieté-Bühnen. 1921 folgte seine erste Filmregie, bei der Adaption von Gottfried Kellers Novelle "Kleider machen Leute". Sein zweites Werk als Regisseur war der Historienfilm "Der falsche Dimitry", worauf er mit Henny Porten in der Hauptrolle "Inge Larsen" drehte.
Nach einer kurzen Phase, in der er Drehbücher schrieb, führte er wieder Regie und drehte in den folgenden Jahren zahlreiche Filme diverser Genres, von Kriminalfilmen über Komödien bis hin zu Melodramen und Liebesfilmen, bereits ab 1929 auch Tonfilme, die dem theatererfahrenen Steinhoff keine Probleme bereiteten. Zu seinen Werken aus den 1920er und beginnenden 1930er Jahren zählen beispielsweise "Mensch gegen Mensch" (1924), "Gräfin Mariza" (1925), "Schwiegersöhne" (1926), die Stefan-Zweig-Adaption "Angst. Die schwache Stunde einer Frau" (1928) und "Scampolo, ein Kind der Straße" (1932) mit Dolly Haas, an dessen Drehbuch auch Billy Wilder mitarbeitete. Außerdem drehte der Routinier Steinhoff Verfilmungen populärer Fortsetzungsromane wie Hans Schulzes "Der Mann, der sich verkauft" und Norbert Jacques' "Das Frauenhaus von Rio" (US/Deutschland 1927).
Hans Steinhoff war bereits vor 1933 nationalsozialistischen Ideen zugetan, nach Hitlers Machtübernahme avancierte er zu einem prominenten Vorzeigeregisseur des "Dritten Reichs", insbesondere durch seinen Film "Hitlerjunge Quex. Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" (1933), den Goebbels – anders als viel andere Propagandafilme – hoch schätzte und für den Steinhoff mit dem goldenen Ehrenzeichen der "Hitlerjugend" ausgezeichnet und zum Hauptreferenten der "Reichsjugendführung für Film" ernannt wurde. In dieser Funktion wirkte er in den folgenden Jahren an der Herstellung einiger Schmalfilme für die Jugendarbeit der NSDAP mit.
Für seine Spielfilme konnte Steinhoff nun die besten Techniker und Künstler des deutschen Films engagieren und über große Budgets verfügen. So drehte er neben Unterhaltungsfilmen weitere Werke im Geiste der nationalsozialistischen Ideologie: "Der alte und der junge König" (1935), der an die "Fridericus Rex"-Reihe anschließt, und "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes" (1939) verklärten im Gewand historischer Gestalten Führerfiguren und "nationalsozialistische Tugenden". Der während des Burenkriegs spielende Propagandafilm "Ohm Krüger" (1941) mit Emil Jannings, der zweitteuerste Film der NS-Zeit und mit dem eigens erfundenen Prädikat "Film der Nation" ausgezeichnet, schürte antibritische Ressentiments und schrieb den Briten die eigenen Greuel des Nazi-Regimes zu, von Konzentrationslagern bis hin zu betont rücksichtsloser Kriegführung.
Zu den weniger politisch geprägten Erfolgsfilmen Steinhoffs aus diesen Jahren zählen "Tanz auf dem Vulkan" (1938) mit Gustaf Gründgens und Sybille Schmitz, "Die Geierwally" (1940) mit Heidemarie Hatheyer und der visuell ambitionierte "Rembrandt" (Kamera: Richard Angst).
Die Dreharbeiten zu seinem letzten Film "Shiva und die Galgenblume" 1945 in den Barrandov-Studios in Prag wurden abgebrochen, als die Rote Armee näherrückte. Steinhoff floh nach Berlin. Als die Stadt eingekesselt wurde, versuchte er mit einer Lufthansa-Maschine Richtung Madrid zu fliehen. Mit allen anderen Insassen starb Hans Steinhoff beim Absturz des Flugzeugs, vermutlich infolge russischen Beschusses, am 20. April 1945.