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Alle Fotos (3)Biografie
Herrmann Zschoche wurde am 25. November 1934 in Dresden geboren. Sein Interesse an der Filmarbeit erwachte früh; schon in seiner Jugend war er Mitglied in einem Schmalfilmklub. Außerdem nahm er Sprechunterricht bei Martin Hellberg, dessen Kollege er später sein würde. Nach Abschluss des Abiturs im Jahr 1953 arbeitete er für kurze Zeit als Assistent und Kameramann bei der "Aktuellen Kamera" des DDR-Fernsehens (unter anderem bei Ernst Hirsch), bevor er von 1954 bis 1959 dann Regie an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg studierte.
Noch im Jahr seines Studienabschlusses startete Herrmann Zschoche seine Laufbahn bei der DEFA, zunächst als Regie-Assistent im DEFA-Studio für Spielfilme bei Gerhard Klingenberg in dessen "Was wäre wenn…" (1960) und bei Frank Beyer für "Königskinder" (1960). 1961 feierte er dann sein Regiedebüt mit dem Kinderfilm "Das Märchenschloß", der auf einem Bilderbuch von Fred Rodian beruht. An den Erfolg dieses Filmes knüpfte er in den Folgejahren mit weiteren Kinderbuchverfilmungen an; so drehte er die deutsch-tschechische Koproduktion "Die Igelfreundschaft" (1962) nach einer Erzählung von Martin Viertel und "Lütt Matten und die weiße Muschel" (1964) nach Benno Pludras Vorlage. Seine Kinderfilme gehen dabei stets einfühlsam auf die Erlebniswelt der kleinen Protagonisten und Zuschauer ein, ohne dabei die Wirklichkeit zu verflachen oder zu trivialisieren.
1965 folgte mit dem gesellschaftskritischen "Karla" der erste "Erwachsenenfilm" des noch jungen Regisseurs, in dessen Zentrum die gleichnamige Hauptfigur, eine unangepasste junge Lehrerin (Jutta Hoffmann) steht, die in Konflikt mit der Doktrin der Schulleitung gerät. Der Film, dessen Drehbuch Zschoche gemeinsam mit Ulrich Plenzdorf erarbeitet hatte, erlebte jedoch erst 1990 seine Uraufführung, da er im Entstehungsjahr vom 11. Plenum des Zentralkomitees der SED abgelehnt wurde. Bei der Berlinale 1990 kam er zu später Ehre und gewann den FIPRESCI-Preis sowie den Interfilm Preis. Zudem sollte sich die Zusammenarbeit mit Plenzdorf weiterhin als äußerst fruchtbar erweisen und sich bis 1983 in fünf Filmen niederschlagen.
Thematisch drehten sich Zschoches Filme ab dem Ende der 1960er ("Leben zu zweit", 1968) und während der 1970er Jahre häufig um Probleme, Sorgen und Konflikte Jugendlicher und junger Erwachsener, die er stets lebensnah und authentisch, teilweise fast dokumentarisch inszenierte. In "Sieben Sommersprossen" (1978), nach dem Buch von Christa Kozik, zeichnete er vor dem Hintergrund einer Ferienlagerinszenierung von "Romeo und Julia" feinfühlig den Wandel einer Kinderfreundschaft zur ersten Liebe nach. Der Film wurde zum Erfolg bei Publikum und Kritik: Neben über 1,5 Millionen verkaufen Eintrittskarten wurde "Sieben Sommersprossen" 1978 beim DDR-Kritikerpreis als bester DEFA-Gegenwartsfilm ausgezeichnet, sein Regisseur erhielt den Spezialpreis der Jury beim Nationalen Spielfilmfestival der DDR.
Dass er jedoch auch in anderen Genres erfolgreich arbeiten konnte, hatte Herrmann Zschoche zuvor bereits im nach eigenem Drehbuch inszenierten, technisch aufwändigen 70mm-Science-Fiction-Werk "Eolomea" (1972) und in dem Roadmovie "Weite Straßen – Stille Liebe" (1969) bewiesen. Manfred Krug, der in diesem Film eine Hauptrolle übernommen hatte, stand auch bei Zschoches "Feuer unter Deck" im Mittelpunkt – zunächst als Hauptdarsteller, dann schließlich aufgrund seines Ausreiseantrags im Jahr 1977. Die DDR-Behörden zogen daraufhin den 1976 fertiggestellten Film zurück; erst 1979 kam es zur Uraufführung – allerdings im Fernsehen.
Zschoches nächster Film, der regulär im Kino startete, war 1980 "Glück im Hinterhaus", nach einer Plenzdorf-Adaption von Günther de Bruyns Roman "Buridans Esel". Die Kritik nahm die Verfilmung der Dreiecksgeschichte im Vergleich zur Buchvorlage jedoch eher verhalten auf. Im Anschluss drehte der Wahlberliner den Kassenerfolg "Und nächstes Jahr am Balaton" (1980), ein Roadmovie, das seinen jugendlichen Protagonisten Jonas (René Rudolph) von der großen weiten Welt träumen lässt, sowie "Bürgschaft für ein Jahr" (1981) über eine mit Problemen belastete junge Mutter, die das Sorgerecht für ihre drei Kinder zu verlieren droht. Das hoch gelobte, authentische Drama lief im Wettbewerb der Berlinale 1982, Hauptdarstellerin Katrin Sass wurde zudem mit dem silbernen Bären ausgezeichnet.
Mit "Insel der Schwäne" folgte 1983 ein Film, dem kein Erfolg bei der DDR-Kritik beschieden war. Zschoche und Szenarist Plenzdorf wurde vorgeworfen, eine Verzerrung der Darstellung des sozialistischen Alltags bewusst in Kauf zu nehmen, indem die Tristesse einer Plattenbausiedlung herausgestellt würde und die Charakterisierung der erneut jugendlichen Figuren eine positive Identifikation unmöglich machen würde. Der Film hatte zuvor keine direkte Freigabe erhalten und konnte nur mit einem abgeänderten Ende aufgeführt werden, zählt heute aber vor allem aufgrund seiner authentisch wirkenden Schonungslosigkeit zu den wichtigsten Kinder- und Jugendfilmen der DEFA.
Wegen der Auseinandersetzungen um "Insel der Schwäne" wendete Zschoche sich 1984 erstmals einem historischen Stoff zu und drehte nach einem Szenarium von Christa Kozik den Hölderlinfilm "Hälfte des Lebens" mit Ulrich Mühe als Hölderlin und Jenny Gröllmann als dessen verheiratete Liebe Susette Gontard. Die Zuschauerjury des 4. Nationalen Spielfilmfestivals der DDR zeichnete das Drama, das nicht zuletzt die Unmöglichkeit betont, ein halber Dichter und ein halber Revolutionär zu sein, als "wirkungsvollsten" Film aus. 1987 schilderte Zschoches "Die Alleinseglerin" dann die Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mutter, in ihrem Leben die richtigen Prioritäten zu setzen. Das geerbte Segelboot, das sie reparieren will, steht nach Aussage der Dramaturgin Christel Gräf dabei für den Kampf mit den Mühen des Alltags, der zwar oft belastend ist, aus dem aber auch etwas Kostbares entstehen kann.
Mit "Grüne Hochzeit" brachte Herrmann Zschoche 1989 schließlich eine Fortsetzung seines wohl größten Erfolges "Sieben Sommersprossen" ins Kino. Der letzte ausschließlich von der DEFA produzierte Film schildert die Schwierigkeiten einer Ehe nach der Phase des ersten Verliebtseins, die in den "Sommersprossen" noch im Vordergrund gestanden hatte. 1991 kam sein letzter Kinospielfilm "Mädchen aus dem Fahrstuhl", dessen Produktion noch vor der Wende begonnen hatte, auf die große Leinwand. Wie seine größten Erfolge ist auch dieses letzte Werk ein Jugendfilm, in dem sich Zschoche mit dem "coming-of-age" unter den Bedingungen der späten DDR auseinandersetzt.
In der Bundesrepublik der 1990er Jahre hatte es Zschoche, wie viele andere DEFA-Regisseure, im Kino schwer und er begann, ausschließlich für das Fernsehen zu arbeiten. Er führte unter anderem Regie bei der letzten Staffel der Fernsehserie "Drei Damen vom Grill" (1991), zeichnete 1994 für die umstrittene TV-Produktion "Natalie – Endstation Babystrich" verantwortlich und drehte 1995 einen "Tatort" sowie eine Folge der Krimiserie "Kommissar Rex". 1996/97 markierten elf Folgen der Fernsehserie "Kurklinik Rosenau" seine vorerst letzte Arbeit im Fernsehbereich.
Hermann Zschoche begann sich in den Folgejahren seiner zweiten Leidenschaft zu widmen, veröffentlichte Reiseberichte und schrieb Bücher über Malerei, insbesondere über den Einfluss von Landschaften auf das Werk von Künstlern wie Caspar David Friedrich. 2002 erschien dann „Sieben Sommersprossen und andere Erinnerungen“, in dem Zschoche seine Arbeit bei der DEFA resümiert. Im Januar 2014, rund 30 Jahre nach ihrer Zusammenarbeit in "Hälfte des Lebens", erhielten Christa Kozik und Hermann Zschoche schließlich den Hölderlin-Ring der Stadt Nürtingen für ihre humorvolle, aber immer auch ehrliche und kritische Betrachtung des Alltags insbesondere junger Menschen in der DDR.
2016 wurde Herrmann Zschoche von der DEFA-Stiftung mit einem Preis für sein filmkünstlerisches Lebenswerk geehrt, 2019 von den Internationalen Berliner Filmfestspielen mit der Berlinale Kamera für seine langjährige besondere Verbindung zum Festival.
Herrmann Zschoche war in erster Ehe mit Jutta Hoffmann ("Karla", 1965) verheiratet, seit 1962 haben sie eine gemeinsame Tochter, Katharina. Er lebt in Storkow in Brandenburg.