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Alle Fotos (5)Biografie
Gerhard Lamprecht wurde am 6. Oktober 1897 als Sohn eines Pastors in Berlin geboren. Als er 1916 das Gymnasium mit Abitur abschloss, war er bereits seit etwa 5 Jahren neben der Schule als Filmvorführer tätig. Über diese Arbeit wurde er bereits in jungen Jahren zum Sammler Kenner von Projektoren, Plakaten, Filmkopien und Programmheften. Diese Leidenschaft sollte ihn sein ganzes Leben begleiten und trug maßgeblich zu seinem enormen, auch filmhistorischen, Schaffen bei.
Ebenfalls 1916 schrieb sich Lamprecht an der Friedrich-Wilhelm-Universität (heute Humboldt Universität) für die Fächer Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte ein. Parallel dazu nahm er auch Schauspielunterricht. Im November desselben Jahres gab er sein Bühnendebüt und war unter dem Künstlernamen "Gerhard Otto" auf verschiedenen Berliner Bühnen zu sehen. Schon zwei Jahre zuvor, 1914, hatte er sein erstes Filmmanuskript an die Berliner Filmgesellschaft Eiko-Film verkauft. 1917 wurde er bei der Messter-Film GmbH als Dramaturg unter Vertrag genommen, allerdings erfolgte nur zwei Tage später der Einzug an die Kriegsfront, wo er im darauffolgenden Jahr verletzt wurde.
Im Lazarett schrieb er Filmmanuskripte und es entstand eine Verbindung zu Lupu Pick, bei dessen Rex-Film-Gesellschaft Lamprecht ab 1919 als Chefdramaturg tätig war. Ein Jahr später führte er bei "Es bleibt in der Familie" erstmals Regie. In den folgenden Jahren inszenierte er erfolgreich Filme verschiedener Genres, vor allem Lustspiele und die Serie "Frauenbeichten" mit Ruth Weyer. Innerhalb Deutschlands erlangte seine Thomas-Mann-Verfilmung "Buddenbrooks" aus dem Jahr 1923 große Bekanntheit. Kritiker stellten hier stilistische und thematische Schwerpunkte fest, die auch für die späteren Arbeiten Lamprechts wichtig sein sollten, etwa die präzise, realistische Schilderung eines Milieus und des Alltags der Charaktere. Thomas Mann selbst stand der Verfilmung seines Romans, wie zu dieser Zeit der gesamten Kunstform Film, negativ gegenüber.
Ab 1925 arbeitete Lamprecht mit dem Maler und Illustrator Heinrich Zille zusammen. Dessen graphische Milieustudien flossen nun in filmische Sujets und lösten eine Mode sogenannter "Milljöh"-Filme aus. Zille und Lamprecht arbeiteten an Originalschauplätzen und meist mit Laiendarstellern. Trotz eines, wenn auch nicht sehr ausgeprägt vorhandenen, gesellschaftskritischen Ansatzes wurden die Filme vor allem von politisch Linksgerichteten kritisiert, da sie reines Anschauungsmaterial seien, und nicht zur Veränderung der dargestellten Zustände beitrügen.
1925 war auch das Gründungsjahr der Gerhard-Lamprecht-Filmproduktion, für die Lamprecht bald einen festen Mitarbeiterstab gewinnen konnte, zu dem unter anderen Giuseppe Becce und Karl Hasselmann zählten. Zusammen realisierten sie erfolgreiche Produktionen wie "Menschen untereinander"(1926) und "Die Unehelichen" (1926), die immer noch vom Geist der Gesellschaftsstudien getragen wurden. Mit "Erstarrte Märchenwelt" (1928) und " Unter der Laterne" (1928) wandte sich Lamprecht, ebenfalls erfolgreich, dem Dokumentarfilm zu. Zunehmend beschäftigte er sich auch mit anderen Genres, inszenierte den Kriminalfilm "Der Mann mit dem Laubfrosch" (1928) sowie "Der Katzensteg" (1927) nach dem gleichnamigen Roman von Sudermann.
Nach einem Exkurs zu den sogenannten "Preußenfilmen" gelang Lamprecht 1931 mit "Emil und die Detektive" seine international erfolgreichste Regiearbeit. Das Drehbuch, basierend auf dem Kinderbuchklassiker von Erich Kästner, verfasste Billy Wilder.
Von 1933-1945 realisierte Lamprecht 16 Filme. Er versuchte, propagandistische Stoffe zu meiden und drehte neben Kriminalfilmen und Melodramen zahlreiche Literaturverfilmungen, teilweise in deutscher und französischer Version für den internationalen Markt, etwa "Der Spieler" oder "Madame Bovary". Seine letzte während des Krieges begonnene Arbeit blieb unvollendet, da ihr Handlungsort Würzburg mittlerweile völlig zerstört war.
1946 drehte er mit der Heimkehrergeschichte "Irgendwo in Berlin" einen der ersten DEFA-Filme, der auch auf Grund seiner thematischen Aktualität großen Zuspruch fand. In den frühen Fünfzigern orientierte sich Lamprecht stärker am Unterhaltungskino, konnte hier aber keine großen Erfolge erzielen. Sein letzter Film "Menschen im Werk ", ein Industriefilm mit Spielszenen, wurde 1958 uraufgeführt und auf dem Industriefilm-Festival in Turin prämiert.
Ab 1955 widmete er sich vor allem der filmhistorischen Tätigkeit auf Grundlage seiner mittlerweile sehr umfangreichen und einzigartigen Sammlung. 1962 erwarb sie der Berliner Senat, und gemeinsam mit der Sammlung Albert Fidelius bildete sie den Grundstock der 1963 gegründeten Deutschen Kinemathek e.V., die Lamprecht bis 1966 leitete. Danach widmete er sich einem weiteren filmhistorischen Projekt, der Katalogisierung der deutschen Stummfilme aus den Jahren 1903-1931. Das zehn Bände umfassende Werk wurde 1970 fertiggestellt und gilt bis heute als Standardwerk.
Gerhard Lamprecht starb am 4. Mai 1974 im Alter von 77 Jahren in Berlin. 1967 war ihm das Filmband in Gold für sein langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film verliehen worden.