Tom Tykwer
Tom Tykwer, geboren am 23. Mai 1965 in Wuppertal, drehte bereits im Alter von elf Jahren eigene Super8-Filme und begann 1978 in Programmkinos zu jobben. Nach dem Umzug nach Berlin wurde er 1988 Leiter des legendären Programmkinos Moviemento in Kreuzberg. Daneben war Tykwer als Drehbuchlektor tätig und erstellte Fernsehporträts von Regisseuren.
Auch als Regisseur machte Tykwer weiterhin Experimente und zeigte sich in seinen Kurzfilmen schon zu dieser Zeit an formalen Erzählansätzen interessiert: "Because" (1990) etwa schildert drei Variationen der gleichen Ausgangssituation, "Epilog" (1992) zeigt in einer Endlosschleife verschiedene Versionen eines Beziehungsstreits.
Im Jahr 1992 gründete der Autodidakt Tykwer gemeinsam mit dem Freund und Produzenten Stefan Arndt die Firma Liebesfilm, mit der er auch seinen ersten Langfilm "Die tödliche Maria" (1993) produzierte. Das kammerspielartige Psychodrama überzeugte nicht zuletzt durch einen außerordentlichen Gestaltungswillen, hervorragende Darsteller und eine überaus beklemmende Atmosphäre. Von Kritik und Publikum höchst positiv aufgenommen, wurde "Die tödliche Maria" 1994 mit dem Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnet.
Im selben Jahr schlossen sich Tykwer und Arndt mit den Regisseuren Dani Levy und Wolfgang Becker zu der Produktions- und Vertriebsfirma X-Filme creative pool zusammen. Gemeinsam mit Becker verfasste Tykwer 1996 das Drehbuch zu dessen erfolgreichem, vielfach preisgekröntem Großstadtfilm "Das Leben ist eine Baustelle".
Mit dem Ensemble-Drama "Winterschläfer" (1997) festigte Tykwer seinen Ruf als einer der meistversprechenden Nachwuchsregisseure des deutschen Kinos. Der visuell und dramaturgisch überaus komplexe Film wurde mit Deutschen Filmpreisen in den Kategorien Kamera (Frank Griebe) und Regie ausgezeichnet.
Der endgültige Durchbruch gelang Tykwer mit seinem folgenden Film: "Lola rennt" (1998) erzählte in Berlin von der jungen Lola (Franka Potente), die innerhalb von 20 Minuten 100.000 Mark auftreiben muss, um ihren Freund Manni (Moritz Bleibtreu) zu retten. Das formale Experiment, das anhand derselben Ausgangssituation drei verschiedene Verläufe der Story erzählt, ist äußerst dynamisch montiert - der Film wurde komplett als Storyboard durchgeplant - und hat einen mitreißenden Techno-Soundtrack, von Tykwer selbst komponiert. "Lola rennt" entwickelte sich zum erfolgreichsten deutschen Film des Jahres. Darüber hinaus wurde er auch im Ausland zu einem Erfolg und erntete vor allem von US-Rezensenten sehr positive Kritiken. Neben sechs deutschen Filmpreisen (plus zwei Publikumspreisen) wurde der Film mit zahlreichen anderen Auszeichnungen (unter anderem in Sundance und Genf) geehrt.
Gewissermaßen als Kontrast zu dem schnellen, grellen "Lola rennt" wendete Tykwer sich als nächstes einer betont ruhigen, gleichwohl sehr stilisierten Erzählweise zu: "Der Krieger und die Kaiserin", abermals mit seiner damaligen Lebensgefährtin Franka Potente in der Hauptrolle, erzählt die Geschichte einer wundersamen-märchenhaften Liebe zwischen einem Ex-Soldaten und einer Krankenschwester.
Im Jahr 2001 inszenierte Tykwer mit "Heaven" seine erste internationale Produktion mit internationaler Besetzung. Basierend auf einem Drehbuch des kurz zuvor verstorbenen Krzysztof Kieslowski handelt der Film von der amour fou einer Frau (Cate Blanchett), die sich nach dem Mord an einem Mafiosi in Italien mit einem jungen Polizisten (Giovanni Ribisi) auf die Flucht begibt.
In den folgenden Jahren betätigte Tykwer sich vor allem als Produzent, etwa bei dem Thriller "Lautlos" (2004) oder der Komödie "Ein Freund von mir" (2006). Als Regisseur inszenierte er lediglich den romantischen Kurzfilm "True" mit Natalie Portman, der auf der Berlinale 2004 Premiere feierte und großes Kritikerlob erhielt.
Mit der mit Spannung erwarteten Bestsellerverfilmung "Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders" nach Patrick Süskind meldete Tykwer sich 2006 zurück. Trotz zwiespältiger Kritiken wurde der Film ein überragender Kassenerfolg und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter zwei Bayerische Filmpreise (Regie, Ausstattung), zwei Europäische Filmpreise (Kamera, Ausstattung) sowie fünf Deutsche Filmpreise in Gold (Kamera, Ausstattung, Kostüme, Schnitt, Ton) und ein Deutscher Filmpreis in Silber in der Kategorie Bester Spielfilm.
Drei Jahre später, Anfang 2009, stellte Tykwer die internationale Koproduktion "The International" vor. Der Polit- und Bankenthriller mit Naomi Watts und Clive Owen in den Hauptrollen sowie spektakulären Actionsequenzen, darunter eine wilde Schießerei im New Yorker Guggenheim-Museum, feierte als Eröffnungsfilm der Berlinale seine Weltpremiere.
Nach dem Kurzfilm "Feierlich reist", seinem Beitrag zu dem auch von ihm mitproduzierten Omnibusfilm "Deutschland 09", drehte Tykwer erstmals seit Jahren wieder einen abendfüllenden Spielfilm ausschließlich in Deutschland: Die Dreiecksgeschichte "Drei" erzählt von einem Berliner Paar, bei dem beide Partner sich unwissentlich in den selben Mann verlieben. Sophie Rois, Sebastian Schipper und Devid Striesow spielen die Hauptrollen. Neben weiteren Auszeichnungen erhielt "Drei" 2011 drei Deutsche Filmpreise: für den besten Schnitt, die beste Hauptdarstellerin und die beste Regie.
Ein monumentales Projekt nahm sich Tykwer anschließend vor: In Co-Regie und Co-Autorenschaft mit den amerikanischen Filmemachern Lilly und Lana Wachowski ("The Matrix") und mit internationaler Starbesetzung verfilmte er den epischen Bestseller "Cloud Atlas" von David Mitchell. Das viel diskutierte, überbordende Drama startete im November 2012 in den deutschen Kinos und wurde im Jahr darauf mit fünf Deutschen Filmpreisen ausgezeichnet.
Gemeinsam mit seiner Frau Marie Steinmann-Tykwer gründete Tom Tykwer 2008 die Produktionsfirma One Fine Day Films. Ziel der Firma ist es, junge afrikanische Filmemacher*innen durch Mentoring-Programme in der Umsetzung ihrer Filmideen zu unterstützen. Neben weiteren erfolgreichen Filmen wurde auch David 'Tosh' Gitongas Film "Nairobi Half Life" (2012) durch One Fine Day Films produziert - der bislang erfolgreichste kenianische Film.
2012 veröffentlichte Tykwer zusammen mit Axel Ranisch, Chris Kraus, Julia von Heinz und Robert Thalheim den Dokumentarfilm "Rosakinder" über ihren gemeinsamen Mentor Rosa von Praunheim und ihre Beziehungen zu ihm. Mit "Sense 8" erschien dann 2015 eine internationale Serie für den Streaming-Dienst Netflix, bei der Tykwer wieder mit den Schwestern Wachowski zusammenarbeitete und als Co-Regisseur sowie an der Gestaltung des Soundtracks beteiligt war. Mit "Ein Hologramm für den König" nach dem Roman von Dave Eggers kam 2016 eine weitere internationale Arbeit Tykwers in die Kinos; die Hauptrolle spielte Hollywood-Star Tom Hanks.
Die vielfach preisgekrönte Fernsehserie "Babylon Berlin" ist ein weiteres großes Projekt von Tom Tykwer. Neben den Mitschöpfern Henk Handloegten und Achim von Borries arbeitete er als Regisseur, Drehbuchautor, Executive Producer und Komponist an den ersten vier Staffeln der aufwändigen, im Berlin der 1920er Jahre angesiedelten Erfolgsserie nach den Kriminalromanen von Volker Kutscher. 2018 erhielt Tykwer gemeinsam mit Johnny Klimek den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Musik, außerdem den Grimme-Preis für Buch, Regie und Filmmusik. Ein Jahr später wurden Tykwer, von Borries und Handloegten mit dem Europäischen Filmpreis in der neu eingeführten Kategorie Beste europäische Serie ausgezeichnet.