Georg Thomalla
Georg Valentin Thomalla wurde am 14. Februar 1915 in Kattowitz im damaligen Oberschlesien (heute: Katowice, Polen) geboren. Als Oberschlesien 1922 zwischen dem Deutschen Reich und Polen aufgeteilt wurde, zog die Familie ins deutsche Gebiet nach Oppeln. Nach dem frühen Tod seiner Eltern absolvierte Thomalla, der das Gymnasium nach nur einem Jahr verlassen hatte, zunächst eine Lehre als Koch. 1932 schloss er sich jedoch einem Wandertheater in Dömitz an, dem auch sein Bruder Eduard angehörte. Dort gab er sein Bühnendebüt als alter Diener in der Operette "Das Land des Lächelns". 1935 erhielt er ein Engagement am Berliner Theater am Kurfürstendamm, wo er häufig als Partner von Grethe Weiser auf der Bühne stand – die später oft auch seine Filmpartnerin sein würde. Von 1936 bis 1938 war Thomalla am Stadttheater Gelsenkirchen engagiert, gefolgt vom Reußischen Theater Gera (1938/39).
Sein Filmdebüt gab Georg Thomalla 1939 in Josef von Bakys Liebesdrama "Ihr erstes Erlebnis" in einer Nebenrolle als Freund einer jungen Künstlerclique. Noch während der Dreharbeiten wurde er zum Kriegsdienst eingezogen, aber schon bald für die Film- und Theaterarbeit wieder freigestellt. Bis 1945 spielte er meist Nebenrollen, unter anderem auch in Propagandafilmen wie "…Über alles in der Welt" (1941), "Stukas" (1941) und "Besatzung Dora" (1943), in denen er heitere Kontrapunkte zur ernsten Kriegshandlung setzte. Als Partner von Ilse Werner konnte er in Helmut Käutners "Wir machen Musik" (1942) sein komödiantisches Talent erstmals voll zur Geltung bringen. Zu Thomallas weiteren Filmen dieser Zeit gehören die Ibsen-Verfilmung "Nora" (1943), die Boulevardkomödie "Ein fröhliches Haus" (1944) und die Krimikomödie "Peter Voss, der Millionendieb" (1943-46).
Seine erste (Neben-)Rolle nach der Nazizeit hatte Thomalla als Rechtsanwalt in Helmut Weiss' Lustspiel "Sag' die Wahrheit" (1946), dem ersten mit westalliierter Lizenz hergestellten deutschen Nachkriegsspielfilm. In den nächsten Jahren folgten größere und kleinere Nebenrollen in Komödien wie Hans Deppes "Eine Nacht im Séparée" (1949) und Carl Froelichs "Drei Mädchen spinnen" (1950). Daneben spielte Thomalla weiterhin Theater in Berlin, etwa als Puck in "Ein Sommernachtstraum" (1946) und als Chlestakov in Gogols "Der Revisor" (1950). 1948 wurde er Mitglied des Kabaretts der Komiker (bis 1956).
Der endgültige Durchbruch beim Film gelang Georg Thomalla 1951 in Kurt Hoffmanns "Fanfaren der Liebe": Er und Dieter Borsche spielten darin arbeitslose Musiker, die als Frauen verkleidet Mitglieder einer Damenkapelle werden. In Billy Wilders US-Remake dieses Films, "Some Like It Hot ("Manche mögen's heiß", 1959), übernahm Thomalla die Synchronisation von Hauptdarsteller Jack Lemmon. Bereits vorher (und danach bis zu seinem Tod) war Thomalla die deutsche Stimme des Hollywoodstars. Auch anderen amerikanischen Darstellern, etwa Danny Kaye, Peter Sellers und Bob Hope, lieh er als Synchronsprecher seine Stimme.
In den 1950er und 1960er Jahren avancierte Thomalla zu einem der meistbeschäftigten Schauspieler des deutschen Kinos. Seine Figuren des quirligen Organisators mit "Schnodderschnauze" ("Der Onkel aus Amerika", 1953), des sympathischen Lebenskünstlers ("Junger Mann, der alles kann", 1957) und des geplagten Familienvaters ("Ooh … diese Ferien", 1958) gehörten bald zu den Standardtypen in den Komödien jener Jahre. In Karl Antons Neuverfilmung von "Viktor und Viktoria" (1957) spielte er die Titelrolle; Alfred Weidenmann besetzte ihn in "Scampolo" (1958) als gewitzten Modefotografen.
Neben den zahlreichen Lustspielen und Liebesfilmen wirkte Thomalla Mitte der fünfziger Jahre auch in mehreren ernsten Filmen mit: In Fritz Kortners "Die Stadt ist voller Geheimnisse" (1955) verkörperte er einen von Arbeitslosigkeit bedrohten Angestellten, in Helmut Käutners Ost-West-Liebesdrama "Himmel ohne Sterne" war er ein Lkw-Fahrer, der sich an der DDR-Grenze als Fluchthelfer betätigt.
Trotz guter Kritiken für solche Charakterrollen konnte Thomalla sich in diesem Bereich nicht etablieren. Als Folge wendete er sich wieder ganz der leichten Unterhaltung zu: In den Karl-May-Filmen "Die Sklavenkarawane" (DE/ES 1958) und "Der Löwe von Babylon" (DE/ES 1959) spielte er das Faktotum Hadschi Halef Omar. Für Kurt Hoffmanns "Das Spukschloss im Spessart" schlüpfte er in die Rolle eines wuseligen Spessarträuber-Geists; in den Ludwig-Thoma-Adaptionen "Lausbubengeschichten" (1964, als Geheimrat) und "Wenn Ludwig ins Manöver zieht" (1967, als Hauptmann) karikierte er Preußentum und Militarismus. Im Fernsehen konnte er mit der Comedy-Reihe "Komische Geschichten mit Georg Thomalla" (1961-71) und in der Serie "Unser Pauker" (1965-66), als Oberhaupt einer Berliner Lehrerfamilie, Erfolge feiern.
Ernste Stoffe spielte Thomalla am Theater: An den Münchner Kammerspielen verkörperte er in der Uraufführung von Fritz Kortners "Zwiesprache" (1964) den Komponisten Zietsch; an der Freien Volksbühne Berlin inszenierte Erwin Piscator ihn in der Hauptrolle von George B. Shaws "Androklus und der Löwe" (1964). Aber auch auf der Bühne konnte er seine größten Erfolge in Boulevardrollen verbuchen, die ihm meist der populäre Autor Curth Flatow auf den Leib schrieb.
1968 sah man Thomalla in zwei Produktionen der "Lümmelfilm"-Serie ("Die Lümmel von der ersten Bank", "Immer Ärger mit den Paukern") als überforderten Vater des ungezogenen Gymnasiasten Pepe Nietnagel. In "Hochwürden drückt ein Auge zu" (1971) und "Immer Ärger mit Hochwürden" (1972) gab er einen gewitzten Kleinstadtpfarrer.
Thomallas für lange Zeit letzter Kinofilm war die Satire "Der Tiefstapler" (1978), in der er einen falschen Entwicklungshilfeminister auf Staatsbesuch in einer Bananenrepublik spielte. In den 1980er und 90er Jahren arbeitete er ausschließlich für Fernsehen und Theater. Im Fernsehen wurden die Sendungen ganz auf ihn zugeschnitten, etwa bei der Serie "Georg Thomallas Geschichten" (1982) und dem Boulevard-Format "Ein Abend mit Georg Thomalla" (1982-85). Auf der Bühne hatte er 1982 die Hauptrolle in Curth Flatows dramatischem Theaterstück "Durchreise. Die Geschichte einer Firma", das die Lebensgeschichte eines jüdischen Kaufmanns in Berlin zwischen 1931 und 1961 schilderte. 1990 stand er in dem Flatow-Dauerbrenner "Das Geld liegt auf der Bank" auf der Bühne.
In den neunziger Jahren wurden Thomallas Auftritte deutlich seltener. In erster Linie übernahm er gelegentliche Gastrollen in Serien wie "Das Traumschiff". Einmal noch kehrte er auf die Kinoleinwand zurück: Als schlitzohriger Großvater in der Komödie "Lilien in der Bank", die bereits 1993 entstand, aber erst 1996 einen kleinen Kinostart bekam. Danach sah man ihn noch in jeweils einer Folge der Serien "Klinik unter Palmen" (1998) und "Auf eigene Gefahr" (1999).
Am 25. August 1999 starb Georg Thomalla in Starnberg. Er hatte zuletzt wechselweise in München und Javea (Spanien) gelebt.