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Alle Fotos (22)Biografie
Udo Kier wurde am 14. Oktober 1944 in Köln geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre in der Werkzeugbranche arbeitete er zunächst beim Automobilhersteller Ford am Fließband. Wenig später reiste Kier nach London, wo er Sprachunterricht nahm und sein erstes Filmangebot erhielt: "The Road to St.Tropez" (1966) war das Leinwanddebüt Kiers, der fortan auch als Fotomodell für diverse Zeitschriften gebucht wurde.
Ebenfalls zu seinen Filmanfängen gehörte ein Auftritt in dem spekulativen Exploitation-Film "Hexen bis aufs Blut gequält", der aufgrund seiner für damalige Verhältnisse äußerst expliziten Gewaltdarstellungen für Aufsehen sorgte. Früh entwickelte sich Kier zum Kosmopoliten und lebte dort, wo er ein Engagement fand. Nach einer zufälligen Begegnung mit dem Factory-Filmemacher Paul Morrissey übernahm er die Titelrollen in den Warhol-Produktionen "Frankenstein" (1973) und "Dracula" (1974), die Kier endgültig im Underground- und Arthouse-Kino bekannt machten.
Es folgten Rollen in weiteren europäischen Filme, darunter "L'histoire d'O" ("Die Geschichte der O.", 1975) und Dario Argentos Horrorklassiker "Suspiria" (1977). 1977 drehte er jedoch in Deutschland: In "Bolwieser" von Rainer Werner Fassbinder wirkte er nicht nur als Darsteller mit, sondern übernahm auch die Regie-Assistenz. Unter Fassbinder sollte er später immer wieder spielen, so etwa in "Lola" und "Lili Marleen".
Kier war mittlerweile ein vielbeschäftigter Schauspieler, der unbeschadet – und manchmal für den Zuschauer sichtbar amüsiert – zwischen Autorenfilm und oftmals reißerischen Genreproduktionen pendelte. 1986 markierte "Egomania" seine erste Zusammenarbeit mit dem Regieprovokateur Christoph Schlingensief, in dessen folgenden Arbeiten Kier zum illustren Stammpersonal gehörte.
Eine weitere wichtige Konstante in seiner Laufbahn wurden die Filme Lars von Triers, der Kier erstmals in "Epidemic" besetzte. Kier wirkte seitdem in fast allen Arbeiten des dänischen Filmemachers mit, wobei insbesondere seine eindrucksvollen Auftritte in "Europa", der gefeierten Gruselserie "The Kingdom" ("Geister" / "Hospital der Geister") und dem Musical-Melodram "Dancer in the Dark" für Aufsehen sorgten.
Durch seine Mitwirkung in Gus van Sants "My Own Private Idaho" ("Das Ende der Unschuld") gelang Udo Kier Anfang der 1990er Jahre zudem der Durchbruch in den USA. Fortan war er in Hollywood als charismatischer Nebendarsteller gefragt, wobei er neben aufwändigen Blockbuster-Produktionen wie "Armageddon" und "Blade" auch weiterhin Zeit für schrille B- und C-Filme aus dem Science-Fiction und Horror-Genre fand. Im deutschsprachigen Raum spielte er in diesen Jahren in der TV-Kinderserie "4 gegen Z" und der Historienfilmparodie "Tell".
Auch bei seinen folgenden Filmen wechselte Kier beständig zwischen B-Movies, künstlerisch ambitionierten Projekten und soliden Unterhaltungsfilmen: So spielte er den Bösewicht in Uwe Bolls trashiger Videospiel-Adaption "Far Cry", hatte einen selbstironischen Auftritt in Til Schweigers "1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde", gab einen fiesen Chauffeur in Oskar Roehlers "Lulu & Jimi" und bereicherte Fatih Akins Kiez-Komödie "Soul Kitchen" und Dani Levys Filmbusiness-Satire "Das Leben ist zu lang" mit kleineren, aber prägnanten Rollen.
Im Jahr 2011 kamen sieben Filme mit ihm in die Kinos, darunter das Drama "Pariser Platz – Berlin", in dem er einen Guru spielte, die urbane Milieustudie "Der Himmel hat vier Ecken", in der er einen geheimnisvollen Grafen gab, Lars von Triers vielfach preisgekröntes, apokalyptisches Gesellschaftsdrama "Melancholia" und das sozialkritische, in Südchina angesiedelte Drama "UFO in Her Eyes". Außerdem spielte er in der hoch gelobten Fernsehserie "Borgia" Papst Innozenz VIII.
Eine ausgesprochen bizarre Rolle hatte Kier in der Science Fiction-Komödie "Iron Sky", die auf der Berlinale 2012 Premiere feierte: darin verkörpert er einen Nazi, der 1945 auf den Mond flüchtete und nun mit einer Gruppe Gesinnungsgenossen eine Invasion der Erde plant.
Ebenfalls 2012 hatte er einen (ungenannten) Auftritt als Hexenjäger in Rob Zombies Horrorfilm "Lords of Salem" (US/UK/CND). Künstlerisch anspruchsvoller war danach Lars von Triers "Nymphomaniac" (DK/D/F/B/S 2013), in dem Kier einen kurzen, aber auffälligen Auftritt als Kellner hat. Einen Gastauftritt als Direktor einer Irrenanstalt hatte er in der Horrorkomödie "The Editor" (CND 2014). In der amerikanischen Animations-Serie "Beware the Batman" (2013/14) lieh Kier dem Schurken Mr. Toad seine Stimme.
In dem Dokumentarfilm "Arteholic" (2014) wurde Kier dann selbst zum Mittelpunkt des Interesses: Der Regisseur Hermann Vaske zeichnet darin ein eigenwilliges Porträt des exzentrischen Kultschauspielers und Kunstliebhabers.
Auch in den nächsten Jahren konnte man Kier in einer ganzen Reihe sehr unterschiedlicher Produktionen sehen: Er gehörte zum Ensemble von Guy Maddins experimentellem Mystery-Drama "The Forbidden Room" (CN 2015) und spielte in der Coming-of-Age-Tragikomödie "Coconut Hero" (DE/CN 2015) einen Therapeuten. In dem auf realen Ereignissen basierenden Verschwörungs-Thriller "Courier X" (US 2016) hatte er eine Hauptrolle als Ex-Stasi-Agent und CIA-Informant, in Alexander Paynes futuristischer Satire "Downsizing" (US/NO 2017) bekam er eine Paraderolle als höchst exzentrischer Lebemann.
Von seiner finsteren Seite zeigte Kier sich in Craig S. Zahlers viel gelobtem Exploitation-Film "Brawl in Cell Block 99" (2017), als diabolischer Handlanger eines Mafioso. Unter Zahlers Regie spielte er auch eine Nebenrolle als krimineller Geschäftsmann in dem Gangsterfilm "Dragged Across Concrete" (2018). Finstere und geheimnisvolle Charaktere blieben auch weiterhin Kiers Spezialität: David Schalko besetzte ihn in seiner Serienadaption "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" (2019) als manischen, mysteriösen Kinderfotografen; das tschechische Zweiter-Weltkriegs-Drama "The Painted Bird" (2019) zeigte ihn als psychotischen, brutalen Müller. Für seine Rolle in diesem Film, der im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig Weltpremiere feierte, erhielt Kier viel Kritikerlob.
Danach wirkte er wieder in einigen, mehr oder weniger obskuren Produktionen mit. So etwa in dem Horrorfilm "Skin Walker" (BE/LU 2019) und als bulgarischer Mafioso in dem Thriller "Last Moment of Clarity" (2020). Eine Hauptrolle hatte er an der Seite von Linda Evans und Martha Coolidge in der melancholischen Komödie und Charakterstudie "Swan Song" (US 2021), als exzentrischer Friseur, der sich in einer Kleinstadt auf den (Fuß-)Weg begiebt, um einer Verstorbenen letztmals die Haare zu stylen.
2022 sah man ihn in Nicolette Krebitz' "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe" (DE/FR) als guten Freund der Hauptfigur (Sophie Rois) und in der amerikanischen Serie "Hunters" als Adolf Hitler.
Neben seiner erfolgreichen Filmkarriere blieb Udo Kier stets ein Renaissancemensch: Er wirkt an Buchpublikationen mit, hält Vorlesungen und beschäftigt sich intensiv mit allen Formen der Kunst.
Udo Kier lebt in den USA und Europa.