Inhalt
Nachdem seine Freundin Nadine aus beruflichen Gründen nach Shanghai gezogen ist, leidet Zinos an Liebeskummer. Um seinem Leben eine neue Perspektive zu geben, beschließt er, sein heruntergekommenes Restaurant neu zu beleben. Mit Lucia, Lutz und dem Topkoch Shayn heuert er drei Mitarbeiter an, die mit einem neuen Konzept zwar zunächst die wenigen verbliebenen Stammgäste vergraulen, dann aber schnell ein neugieriges Szenepublikum anlocken. Trotz des sich einstellenden beruflichen Erfolges, beschließt Zinos, seiner Freundin nach China nachzureisen und die Hamburger Heimat zu verlassen. Er verpachtet seinen Laden an seinen Bruder Illias, einen Kleinkriminellen, der gerade Freigang von seiner Haftstrafe hat. Während Illias seinen neuen Job zur Rehabilitierung nutzen will, hat der skrupellose Immobilienmakler Neumann seine eigenen Pläne mit Illias und dem Restaurant. Zinos unterdessen stellt fest, dass es für ihn nur einen Ort geben kann, der seine Heimat ist und für den er kämpfen muss.
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Einer solchen sieht sich auch der in mehrerer Hinsicht sternenumflorte Spitzenkoch Shayn ausgesetzt: Als er einen renitenten Gast zunächst anspielungsreich („Eine Hure ist eine Hure ist eine Hure – ich bin ein Koch“), dann aber recht barsch zurechtweist, platzt seinem Chef der Kragen. Shayn fliegt raus, was Zinos sogleich als Chance, endlich von der Fronarbeit in der Küche seines Wilhelmsburger Schuppens „Soul Kitchen“ befreit zu werden, nutzt. Zumal er Nadine versprochen hat, so bald wie möglich nachzukommen.
Als Shayn seinen neuen Arbeitsplatz besichtigt, stehen ihm die Haare zu Berge. Ganz andere Gefühle ruft die heruntergekommene Industriehalle, in der mit dem Bootsbauer Sokrates auch ein altes Faktotum haust, beim Immobilienmakler Thomas Neumann hervor, einem alten Schulkameraden von Zinos. Leuchtende Augen und feuchte Hände signalisieren, dass Neumann ein großes Geschäft wittert: Abreißen den ganzen Schrott und etwas Neues errichten, auf diese Chance hat er schon lange gewartet. Zumal für sein „Jung Shopping“-Projekt schon zahlungskräftige Investoren wie ein gewisser Herr Jung in den Startlöchern hocken.
„Wenn ich dich riechen will, dann gehe ich einfach in die nächste Pommesbude“: Nadine weg, mit der er nur noch übers Internet kommunizieren kann, der Geier Neumann, die Gewerbeaufsicht und das Finanzamt am Hals – und dann steht auch noch sein Bruder Ilias auf der Matte: Zinos weiß nicht, wo ihm der Kopf steht. Ilias, der Wilhelmsburger Unterwelt-Boss, ist auf Freigang draußen und könnte die letzten sechs Monate seiner Haft überhaupt in Freiheit verbringen, wenn ihm Zinos einen Job in seiner Gaststätte besorgt. Dabei weiß der kaum, wie er seinen Zapfer Lutz und seine Kellnerin Lucia Faust bezahlen kann. Zumal Shayns neue kulinarische Ideen beim Stammpublikum wenig Anklang finden: die „Gaumen-Rassisten“ ergreifen die Flucht.
Doch als nebenan eine Musical-Schule einzieht und Lutz seine Band-Kollegen zum Proben einlädt, mutiert Shayns „Essen für die Seele“-Konzept zum Volltreffer: Das Restaurant mit nagelneuer Edelstahl-Küche ist allabendlich ausverkauft, die Bürokraten in jeder Hinsicht befriedigt. Und Zinos kann sich endlich auf den Weg nach Schanghai machen, nachdem er seinem Bruder Ilias das „Soul Kitchen“ überschrieben hat...
„Ich fand es viel schwieriger, diesen Quatsch herzustellen, als die ernsten Filme, die ich gemacht habe“: Fatih Akins „rotzige Komödie“, bei den Filmfestspielen Venedig 2009 mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet, ist eine bis in kleinste Episodenrollen hochkarätig besetzte Liebeserklärung – an sein großartiges Ensemble, an das griechische Temperament seines Freundes Adam Bousdoukos und die kulinarischen Freuden in dessen Restaurant „Sotoris“ in Hamburg-Ottensen, an den noch weitgehend unverfälscht-unaufgeräumten Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg mit seiner aber auch bereits von Immobilienhaien bedrohten Multikulti-Szene.
„Soul Kitchen“, am 3. September 2012 in der ARD erstausgestrahlt, ist, was die darauf folgenden internationalen Filmprojekte Fatih Akins betrifft, auch ein Stück wehmütiger Abschied von der Waterkant, versüßt durch tolle Schauspieler wie die Ungarin Dorka Gryllus als Physiotherapeutin Anna Mondstein, Peter Jordan als Notar, Lars Rudolph als Richter, Catrin Striebeck als Finanzbeamtin, Cem Akin und Marc Hoseman als Gauner-Duo Milli und Ziege sowie Ugur Yücel als „Knochenbrecher-Kemal“. Die Moral von der Geschicht' könnte aus dem Ruhrpott von Rainer Koslowski („Herne 3“) stammen: Und immer wieder aufsteh'n, und immer wieder sagen: Es geht doch!
Pitt Herrmann