Biografie
John Gürtler wurde 1981 in London, England, als Sohn portugiesisch-deutscher Eltern geboren. Er wuchs in London auf und erhielt mit elf Jahren erstmals Saxophon- und Klavierunterricht. 2001 zog er nach Berlin. Dort begann er ein Musikstudium an der Universität der Künste, wo unter anderem Sigi Busch, David Friedman und Jerry Granelli zu seinen Lehrern gehörten. Anschließend ging er an die Filmakademie Baden-Württemberg, wo er von 2008 bis 2011 ein Diplomstudium in den Fächern Filmmusik und Sounddesign absolvierte. Während des Studiums arbeitete er bei dem Kurzfilm "Synkope" (2011), einem Familiendrama, erstmals als Komponist mit Nora Fingscheidt zusammen, die ebenfalls an der Filmakademie studierte.
Sein Diplom machte Gürtler (unter anderem) als Co-Komponist des Dokumentarfilms "Kampf der Königinnen" (Regie: Nicolas Steiner), der auf der Berlinale 2011 in der Sektion Perspektive Deutsches Kino uraufgeführt wurde. Angelehnt an die Tradition des "Direct Cinema" dokumentiert Steiner in dem Schwarz-Weiß-Film die Touristenattraktion von Kuhkämpfen in einer Arena in Aproz, in den Schweizer Alpen. Der Film durchbricht die "reine Beobachtung" in einem ästhetisch überhöhten Ringkampf-Finale, das durch das von John Gürtler und Jan Miserre arrangierte Perkussions-Bataillon von Pauken und Kuhglocken und diversen Alp- und Kuhhörnern noch unterstrichen wird. Gemeinsam mit Jan Miserre und Lars Voges gründete Gürtler auch das Berliner Studio Paradox Paradise.
Nach seinem Abschluss begann Gürtler 2012 als Gastdozent an der Filmakademie Baden-Württemberg zu unterrichten, Themenbereich: Filmmusik und Sound im künstlerisch-experimentellen Film. Bei einigen Studierendenfilmen an der Filmakademie zeichnete er auch für die Musik verantwortlich. So etwa bei Nora Fingscheidts 45-minütigem Spielfilm "Brüderlein" (2012, zusammen mit Lars Voges), Levin Peters Dokumentarfilm "Ein Versprechen" (2012) und Thorsten Wennings preisgekröntem Spielfilm "Backpack" (2014). 2014 gewann Gürtler den Deutschen Filmmusikpreis in der Kategorie Bester Song im Film für "What Love Is" aus "Antons Fest" des Filmakademie-Studenten Kolya Reichart. Erneut mit Regisseur Nicolas Steiner arbeitete er bei "Above and Below" (DE/CH 2014) zusammen, einem Dokumentarfilm über drei sehr unterschiedliche Überlebenskünstler und Utopisten in den USA. Für seine Musik bei diesem Film wurde Gürtler zusammen mit Jan Miserre und Lars Voges mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis für Musik ausgezeichnet.
Weitere Filme, bei denen Gürtler als Komponist mitwirkte waren das mehrfach preisgekrönte Missbrauchsdrama "Verfehlung" (2015), der ebenfalls mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm "Hinter dem Schneesturm" (2016, Regie: Levin Peter) sowie die Dokumentarfilme "Pre-Crime" (2017), über moderne Überwachungssysteme, und "The Cleaners" (DE/BR 2017), über die Arbeit von Content-Moderatoren, die in Netzwerken wie Facebook, YouTube und Twitter anstößige Inhalte löschen.
Bereits 2016 hatte Gürtler den 1. Kompositionsförderpreis beim DOK.fest München erhalten – für die Komposition zu dem Dokumentarfilm "Space Dogs" (AT/DE) von Elsa Kremser und Levin Peter, der allerdings erst 2019 Premiere feierte.
Ein besonders großer Erfolg gelang John Gürtler mit der Musik zu Nora Fingscheidts hoch gelobtem Sozialdrama "Systemsprenger" (2019), über eine Neunjährige, die radikal jede Regel bricht und soziale Strukturen konsequent verweigert. Für seine Komposition zu diesem Film wurde Gürtler beim Filmkunstfestival Schwerin und beim Europäischen Filmpreis mit den Preisen für die Beste Musik ausgezeichnet. Eine weitere Nominierung erhielt er beim Deutschen Filmpreis 2020.
Auch danach komponierte Gürtler die Scores von zahlreichen Spielfilmen wie auch dokumentarischen Werken, meist gemeinsam mit Jan Miserre, so bei Nikias Chryssos' Sektenthriller "A Pure Place" (2019), Barbara Otts Sozialdrama "Kids Run" (2020, mit Miserre und Lars Voges) und Byambasuren Davaas beim Deutschen Filmpreis 2021 als Bester Kinderfilm ausgezeichneter "Die Adern der Welt", aber auch Daniel Andreas Sagers Dokumentarfilm "Hinter den Schlagzeilen" (2021) über investigativen Journalismus.
Für das Drama "Niemand ist bei den Kälbern" von Sabrina Sarabi wurde John Gürtler gemeinsam mit Jonathan Schorr, Dominik Leube und Gregor Bonse beim Deutschen Filmpreis 2022 für die Beste Tongestaltung ausgezeichnet. Eine weitere Nominierung in der Kategorie Beste Musik erhielt er 2024 für "Leere Netze", zusammen mit Jan Miserre und Saba Alizadeh.