Inhalt
Als Kleinkinder wurden die Geschwister Paul und Irina auf eine griechische Insel verschleppt, wo sie in der abgeschiedenen Umgebung einer Sekte aufwuchsen. Anführer der spirituellen Gemeinschaft ist der ebenso charismatische wie undurchschaubare Fust. Das Leben in der Sekte folgt einem streng hierarchischem System: Es gibt die Lebensräume "oben" und "unten", alle Menschen sind in "gut und böse", in "schmutzig und rein" unterteilt. Wird man für die "Reinigung" nach "oben" gebracht, geschieht dies äußerlich durch eine besondere Seife, die im Keller hergestellt wird, und innerlich durch die Anbetung des erleuchteten Gurus Fust. Paul und Irina, die inzwischen 12 und 15 Jahre alt sind, haben in dieser bizarren Umgebung eine besonders enge Beziehung entwickelt. Als Irina jedoch in der Hierarchie aufsteigt und von Fust in die Oberwelt der Sekte geholt wird, verliert Paul seine wichtigste Bezugsperson. Er beginnt, gegen die strengen Regeln zu rebellieren.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
In einer griechischen Kleinstadt hatten sich die Geschwister und ihre alleinerziehende Mutter (Chara Mata Giannatou) mit Mundraub und kleineren Diebstählen über Wasser gehalten, bis sie beim Spielen am Strand einem soignierten Herrn in heller Kleidung auffielen. Dieser, der skrupellose Sektenführer Fust, hat die beiden auf seine Insel entführt. Dort wird der Göttin der Reinheit, Hygeias, gehuldigt: Äußere Sauberkeit führe, so der Glaube, zu innerer Reinheit. Erwünschter Nebeneffekt: mit der Seifenproduktion, die auf dem Festland Abnehmer findet, wird Geld verdient. Schließlich haben Fusts Eltern (Adrian Frieling und Vasiliki Troufakou) ihrem Sohn keine Reichtümer hinterlassen.
Seiner bisherigen Favoritin Maria überdrüssig, sieht sich Fust unter den „Erstlingen“ nach einer Nachfolgerin für die Rolle der Hygeia beim Mysterienspiel um. Und entdeckt bei einer feierlichen Präsentation der neuen Seifenproduktion, die einer religiösen Prozession gleichkommt, Irina, welcher er den Aufstieg in die helle Welt der „zweiten Stufe“ anbietet. Trotz großer Bedenken ihres Bruders folgt Maria begeistert dem Guru ans Licht, was freilich auch an Siegfried liegt, ihrem gutaussehenden Partner auf den Brettern. Paul erinnert seine Schwester vergeblich an ihren Schwur, sich niemals von ihm zu trennen.
Irina lässt sich blenden von der Reinheit und dem luxuriösen Leben in der Villa, dem Paul nur aus der Ferne heimlich – und mit geballter Faust in der Tasche – zuschauen kann. Ihm ist das manipulative Wesen des Sektenführers bewusst („faulige Scheiße“) und er fürchtet nicht zu Unrecht, dass seiner Schwester Gefahr droht. Die Verblendete trinkt sogar das Badewasser des Meisters, um diesem zu gefallen. Und zeigt sich nur kurz irritiert, als Fusts Adlatus Lehder kleine Ferkel, Pauls Spielgefährten, auf der Terrasse der Villa bei einer festlichen Tafel erschießen lässt, um diesen vor den Augen seiner Schwester zu demütigen.
„Wir sind der Dreck“: Paul verspricht den Kellerbewohnern, sich mutig dem mächtigen Fust entgegenzustellen und organisiert einen Kinder-Kreuzzug. Doch dabei gerät er in die Gewalt des Gurus: Albrich soll ihn auf offener See mit einem Bolzenschussgerät töten. Stattdessen bringt er Paul in der Bar bei Maria unter, die sich aufs Festland retten konnte. Noch ist Irina nicht in Sicherheit…
„A Pure Place“, nach seinem vielfach preisgekrönten Debüt „Der Bunker“ (2015) der zweite Spielfilm des Deutsch-Griechen Nikias Chryssos, ist eine ziemlich krude Mischung aus reichlich spekulativem Sekten-Horror, griechischer Mythologie und abgrundtiefen deutschen Märchen für Erwachsene. Nikias Chryssos im Koch Films-Presseheft: „‘A Pure Place‘ schildert den Terror einer Sekte als Horrorszenario. Wir hatten aber auch einen Eindruck davon, was Menschen in diese Gemeinschaften zieht: Antworten auf die großen, existenziellen Fragen zu erhalten; ein Gefühl von Intimität, Zusammenhalt und Innerlichkeit; die Angst vor unsicheren Zeiten; die Überzeugung, gemeinsam mit anderen ‚das Richtige‘ zu tun und ein kollektives Ziel zu verfolgen. Die Zukunft der Geschwister bleibt am Ende in vielerlei Hinsicht offen. Vielleicht legen sie ihre Vergangenheit und den religiösen ‚Schutzmantel‘ der Sekte ab. Vielleicht bilden sie eine neue Form von Gemeinschaft.“
Pitt Herrmann