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Alle Fotos (4)Biografie
Andres Veiel, geboren am 16. Oktober 1959 in Stuttgart, studierte ab 1982 in West-Berlin Psychologie und schloss das Studium 1988 mit einem Diplom ab, hatte sich jedoch bereits entschieden, nicht als Psychologe arbeiten zu wollen. 1985 bis 1989 absolvierte er eine Regie- und Dramaturgie-Ausbildung am Berliner Künstlerhaus Bethanien, wo er auch Kurse bei Krzysztof Kieslowski belegte – eine Begegnung, die ihn nach eigener Aussage besonders prägte.
Aus ersten Inszenierungen in einem Berliner Gefängnis entstand 1991/1992 der Dokumentarfilm "Winternachtstraum" über die späte Verwirklichung des Lebenstraums einer Schauspielerin. 1993 drehte Veiel "Balagan" über eine jüdisch-palästinensische Theatergruppe in Israel, für den er mit dem Deutschen Filmpreis (Filmband in Silber) und dem Friedenspreisfilmpreis 1994 ausgezeichnet wurde. In dem Grimme-Preis-gekrönten "Die Überlebenden" (1996) begab er sich auf die Lebensspuren von drei seiner ehemaligen Klassenkameraden, die sich das Leben genommen hatten.
Einem größeren Publikum wurde Andres Veiel mit "Black Box BRD" (2001) bekannt, der die Biografien des RAF-Terroristen Wolfgang Grams und des Deutsche Bank-Managers Alfred Herrhausen parallel führt. Zu den zahlreichen Auszeichnungen für das von der Kritik gefeierte und auch an der Kinokasse erfolgreiche Werk zählen der Bayerische, der Deutsche und der Europäische Filmpreis.
Danach widmete sich Veiel einer Langzeitbeobachtung von vier jungen Schauspielschülern an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Berlin. Über einen Zeitraum von sieben Jahren hinweg porträtiert "Die Spielwütigen" (2004) Höhen und Tiefen, Enthusiasmus und Zweifel seiner Protagonisten.
Im April 2005 wurde das dokumentarische Theaterstück "Der Kick" uraufgeführt, das Veiel gemeinsam mit der Dramaturgin Gesine Schmidt schrieb und das basierend auf zahlreichen Interviews den grausamen Mord an einem Jugendlichen in Brandenburg rekonstruiert. Das Stück wurde an mehr als 30 deutschsprachigen Bühnen gespielt und in sieben Sprachen übersetzt. Ebenfalls unter dem Titel "Der Kick" erstellte Veiel 2006 eine Filmversion des Stücks. Für sein Buch "Der Kick. Ein Lehrstück über Gewalt" wurde Veiel 2008 mit dem Jugendliteraturpreis in der Sparte Sachbuch ausgezeichnet.
Andres Veiel beteiligte sich wie zahlreiche andere prominente Regisseure an dem von Volker Heise konzipierten 24-stündigen Fernsehexperiment "24 h Berlin – Ein Tag im Leben" (2009) und drehte dafür das Segment über die "Bild"-Chefredaktion.
Im Wettbewerb der Berlinale 2011 präsentierte Veiel dann seinen ersten Spielfilm "Wer wenn nicht wir", der auf dem Buch "Vesper, Ensslin, Baader – Urszenen des deutschen Terrorismus" sowie eigenen Recherchen beruht. Im Drama über die Vorgeschichte der RAF spielen August Diehl, Lena Lauzemis und Alexander Fehling die Hauptrollen. "Wer wenn nicht wir" erhielt auf der Berlinale den Alfred Bauer Preis und den Preis der Gilde deutscher Filmkunsttheater. Außerdem wurde er mit dem Deutschen Filmpreis in Bronze und mit dem Hessischen Filmpreis ausgezeichnet.
Im Januar 2013 fand am Staatstheater Stuttgart und am Deutschen Theater Berlin die Uraufführung von Veiels Theaterstück "Himbeerreich" statt, das als Koproduktion beider Bühnen realisiert wurde. Veiel hatte das Stück aus einer Interviewsammlung mit 24 ehemaligen Bankvorständen entwickelt. Der Titel geht auf Gudrun Ensslin zurück, die den Begriff "Himbeerreich" als Synonym für eine konsumorientierte Warenwelt verwendete. Veiels Stück erhielt zwar zwiespältige Kritiken und wurde in angegliederten Podiumsgesprächen kontrovers diskutiert, kam aber mit Erfolg an weiteren Bühnen in ganz Deutschland zur Aufführung.
2013 realisierte Veiel einen Beitrag für die ARD-Reihe "16x Deutschland - Menschen - Orte - Geschichten": Einen Kurz-Dokumentarfilm über den mit 83 Jahren "ältesten Fahrlehrer Deutschlands". Im gleichen Jahr arbeitete Veiel an einem dokumentarischen Beitrag für das TV-Projekt "24h Jerusalem". Dafür begleitete er einen UN-Mitarbeiter bei seiner Arbeit in den palästinensischen Flüchtlingslagern.
2017 wurde im Wettbewerb der Berlinale Veiels nächster Kinodokumentarfilm uraufgeführt: "Beuys", eine filmische Auseinandersetzung mit Leben und Werk des Künstlers Joseph Beuys. Der Film erhielt teils zwiespältige Kritiken, wurde aber mehrfach ausgezeichnet: So zum Beispiel beim DOK.fest München 2018 mit dem Dokumentarfilm-Musikpreis und beim Deutschen Filmpreis 2018 und dem Gilde-Filmpreis als Bester Dokumentarfilm.
In den folgenden Jahren war Veiel als Dramaturg an Projekten anderer Dokumentarfilmer*innen beteiligt, darunter Jonas Rothlaenders "Das starke Geschlecht" (2021) und Petra Hoffmanns "Ein Traum von Revolution" (2024).
Als Co-Autor und Regisseur realisierte er fürs Fernsehen den Spielfilm "Ökozid" (2020), ein Justizdrama über die verheerenden Folgen des Klimawandels und den schadhaften Lobbyismus von Industrie- und Energiekonzernen. Bei der Kritik stieß der Film auf sehr geteilte Reaktionen.
Beim Venedig Film Festival stellte Veiel im August 2024 seinen Dokumentarfilm "Riefenstahl" vor, ein akribisch recherchiertes Porträt der berühmt-berüchtigten NS-Filmemacherin. Bei der Filmkunstmesse Leipzig erhielt der Film den Gilde Filmpreis als Bester Dokumentarfilm sowie den Preis der Jugendjury.
Andres Veiel ist Mitglied der Deutschen und der Europäischen Filmakademie sowie der Akademie der Künste und lehrt an verschiedenen Hochschulen, zum Beispiel an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und der Universität Zürich.