Vera Tschechowa

Weitere Namen
Vera Rust (Geburtsname)
Darstellerin, Regie, Drehbuch, Produzent
Berlin Berlin

Biografie

Vera Tschechowa, geboren am 22. Juli 1940 in Berlin, entstammte einer traditionseichen Künstlerfamilie: Ihr Urgroßonkel war der Dichter Anton Tschechow (1860-1904), ihre Großmutter Olga Tschechowa (1897-1980) wurde als Ufa-Schauspielerin berühmt; Veras Vater arbeitete als Arzt, während auch ihre Mutter Ada Tschechowa als Schauspielerin bekannt wurde.

Nach ihrem Schulabschluss zog Vera Tschechowa nach München, wo sie an der Kunstakademie eine Ausbildung als Bühnenbildnerin begann. Aber schon nach kurzer Zeit wechselte sie zur Schauspielerei und nahm Unterricht unter anderem bei Annemarie Hanschke, Ernst Fritz Fürbringer und Marlise Ludwig.

Das erste Mal auf der Leinwand sah man sie 1957 als älteste Tochter von Heinz Erhardt in dem Klassiker "Witwer mit fünf Töchtern"; im gleichen Jahr startete George Tresslers (bereits zuvor gedrehtes) sozialkritisches Drama "Unter 18" (AT), in dem Tschechowa die Hauptrolle einer aufmüpfigen Jugendlichen spielte. Der endgültige Durchbruch gelang ihr im Jahr darauf mit der Titelrolle in Eugen Yorks auf dem Hamburger Kiez spielendem Kriminaldrama "Das Mädchen mit den Katzenaugen", an der Seite von Gert Fröbe und Joachim Fuchsberger. Ebenfalls 1958 hatte sie eine kleine Rolle als russische Generalstochter, welcher "Der Arzt von Stalingrad" in einer Notoperation das Leben rettet.

1959 erhielt Tschechowa in Berlin ihr erstes Theaterengagement an der Freien Volksbühne Berlin, 1962 wechselte sie ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg; weitere Bühnenengagements hatte sie im Lauf der Jahre unter anderem in Düsseldorf, Basel und Konstanz.

Aber auch im Kino feierte sie in späten 1950er und frühen 1960er Jahren weitere Erfolge: Sie gehörte zum Ensemble von Alfred Vohrers "Meine 99 Bräute" (1958) und hatte in dem Freddy-Quinn-Vehikel "Freddy unter fremden Sternen" (1959) eine tragende Nebenrolle als Tochter eines hoch verschuldeten Ranchers; ihr Part in der Gesellschaftskomödie "Und das am Montagmorgen" (1959), als kesse Jugendliche, die einem gestressten Bankfilialleiter den Kopf verdreht, brachte Tschechowa eine Nominierung zum Deutschen Filmpreis ein. In Paul Mays Kriminaldrama "Der Schleier fiel" (1960) gab sie die Freundin eines jungen Mannes, der nach einer Fahrerflucht erpresst wird; in Rudolf Jugerts "Die junge Sünderin" (1960) war sie die Tochter einer vermögenden Familie, deren beste Freundin auf Abwege gerät.

Eine ihrer wichtigsten Rollen spielte Vera Tschechowa in Herbert Veselys Heinrich-Böll-Verfilmung "Das Brot der frühen Jahre" (1962): Für ihre Verkörperung einer melancholischen Unternehmer-Tochter, die sich mit einem kleinen Angestellten ihres Vaters verlobt, wurde sie mit dem Deutschen Filmpreis als Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Als Kontrast zu dieser ambitionierten Literaturverfilmung sah man sie in dem Edgar-Wallace-Krimi "Die Gruft mit dem Rätselschloss" (1964) als verführerische Ganovenbraut namens "Feder-Lissy".

Trotz dieser Kinoerfolge verlegte Tschechowa sich ab 1964 vor allem auf Fernseharbeiten und wirkte in einer Vielzahl ambitionierter TV-Produktionen mit. So etwa in Walter Davys Krimi "Verhör am Nachmittag" (1965, Buch: Wolfgang Menge); als Schriftstellerin (an der Seite ihrer Großmutter Olga) in der Krimikomödien-Miniserie "Duell zu dritt" (1971); als Geliebte eines KGB-Agenten (Götz George) in Günter Gräwerts Dreiteiler "Der Illegale. Biografie eines Spions" (1972); oder als desillusionierte Ehefrau in Ula Stöckls "Erikas Leidenschaften" (1976). Viel Kritikerlob erhielt sie für ihre Leistung in dem TV-Drama "Zeit der Empfindsamkeit" (1977), über die seelischen und sozialen Konflikte einer schwangeren Frau.

Fürs Kino spielte Tschechowa während dieser Jahre unter anderem eine Nebenrolle als leichtlebige junge Frau in Rolf Olsens Krimi "In Frankfurt sind die Nächte heiß" (1966). In George Moorses studentischer Milieustudie "Liebe und so weiter" (1968) gab sie eine ambitionierte irische Nachwuchsmusikerin in München; die männliche Hauptrolle in diesem Film spielte Vadim Glowna, den sie 1967 geheiratet hatte. In der politisch vielschichtigen Solschenizyn-Adaption "Der erste Kreis" (DK/D 1972) hatte sie eine tragende Nebenrolle als Frau eines russischen Arbeitslager-Insassen. Gänzlich anderer Stoff war der Thriller "Das Amulett des Todes" (1975): An der Seite von Rutger Hauer und Horst Frank spielte Tschechowa darin eine von Terroristen verfolgte Zeugin eines Attentats. Deutlich anspruchsvoller war Alfred Weidenmanns Kino-Remake von Theodor Storms "Der Schimmelreiter" (1978) , in dem sie Vollina Harders verkörperte, die sich für die verschmähte Liebe des Deichgrafen rächt und seinen ärgsten Widersacher heiratet.

Auch in den 1980er Jahren war Vera Tschechowa in erster Linie als Fernsehschauspielerin tätig, wirkte aber auch in Kinofilmen mit. So gehörte sie zum illustren Ensemble des äußerst eigenwilligen Udo-Lindenberg-Films "Panische Zeiten" (1980) und spielte unter der Regie ihres damaligen Ehemanns Vadim Glowna in "Desperado City" (1981) eine Stripperin, die ihrem aussichtslosen Dasein zu entkommen versucht. Mit Glowna als Regisseur drehte sie außerdem das als moderner Western angelegte Familiendrama "Dies rigorose Leben" (1983), den Dokumentarfilm "Tschechow in meinem Leben" (1985), über die Künstlerfamilie seiner Frau, und den Abenteuerfilm "Des Teufels Paradies" (1987). Eine sehr starke Kinorolle hatte sie 1986 in Rudolf Thomes "Tarot", einer freien Adaption von Goethes "Wahlverwandtschaften". Darin verkörperte sie die Hauptrolle einer Frau, deren Beziehung während eines Urlaubs durch das Auftauchen eines anderen Paares in Frage gestellt wird. Zu Tschechowas wichtigen Fernsehrollen der 1980er Jahre gehören die verführerische Professoren-Gattin Maria Pia in "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" (1982), die Gisela in Krzysztof Zanussis Max-Frisch-Verfilmung "Blaubart" (1984) sowie eine durchgehende Rolle als gute Freundin des Tierarztes Hannes Bayer in der Familienserie "Ein Heim für Tiere (1989–1991).

Mit Beginn der 1990er Jahre wurden Tschechowas Auftritte vor der Kamera immer seltener. Ihre letzte Kinorolle hatte sie 1991 als Mutter der Hauptfigur in Rudolf Thomes "Liebe auf den ersten Blick"; im gleichen Jahr wurde ihre Ehe mit Glowna geschieden. Fürs Fernsehen spielte sie in den nächsten Jahren vereinzelte Serien-Gastrollen und wirkte in Vadim Glownas "Tatort"-Folge "Bauernopfer" (1993) mit. Eine Nebenrolle in dem Familiendrama "Schuldig auf Verdacht" (1996) war ihr letzter Auftritt vor der Kamera. Als Grund für ihre Abkehr von der Schauspielerei nannte sie später die mangelnde Qualität der ihr angebotenen Drehbücher.

Stattdessen betätigte Vera Tschechowa sich fortan als Drehbuchautorin und Regisseurin. Sie realisierte vielschichtige TV-Porträts, zunächst über Politiker wie den georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse (1992) und den ehemaligen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher ("Hans-Dietrich Genscher – Mein Halle", 1993), danach vor allem über Schauspieler und Filmemacher: "Klaus-Maria Brandauer – Ansichten eines Räuberhauptmanns" (1994), "Katja Riemann – Ich hab erst Halbzeit" (1995) und "Armin Mueller-Stahl – Jetzt ist Sonntag angesagt" (1996). Sie realisierte eine Dokumentation über "Die kreativen Freundschaften des Michael Ballhaus – Robert Redford/Martin Scorsese" (2000) und über den Filmemacher Ang Lee (2003). Im Jahr 2006 eröffnete ihr Dokumentarfilm "Salam Cinema – Die iranische Familie Makhmalbaf und ihre Filme" beim Münchner Filmfest eine Werkschau der berühmten Filmemacher-Familie. Im gleichen Jahr wurde Tschechowa beim Hessischen Film- und Kinopreis mit dem "Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten" ausgezeichnet. Ihre letzte Regiearbeit war die TV-Dokumentation "Michael Ballhaus – Eine Reise durch mein Leben" (2008) über den Kameramann Michael Ballhaus.

Rund 20 Jahre nach ihrem letzten Schauspielauftritt kehrte Vera Tschechowa am 19. Dezember 2014 noch einmal auf die Bühne zurück: Unter dem Titel "Mein ferner lieber Mensch" las sie gemeinsam mit Christoph Maria Herbst im Kurhaus von Badenweiler aus den Liebesbriefen ihres Urgroßonkels Anton Tschechow an seine Frau, die Bühnenschauspielerin Olga Leonardowna Knipper; Anlass war das 110. Todesjahr Anton Tschechows, der am 15. Juli 1904 in Badenweiler verstorben war.

Im Jahr 2022 veröffentlichte Vera Tschechowa ihre Autobiografie "Überwiegend heiter: Mein ziemlich bewegtes Leben".

Tschechowa war zuletzt mit dem Unternehmensberater und Fernsehproduzenten Peter Paschek verheiratet. Ihr Sohn Nikolaus Glowna, der einer Beziehung mit dem Schauspieler Hartmut Reck entstammt und später von Vadim Glowna adoptiert wurde, machte als preisgekrönter Kino- und Fernsehkomponist Karriere.

Vera Tschechowa verstarb am 3. April 2024 im Alter von 83 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Berlin.
 

FILMOGRAFIE

2021/2022
  • Mitwirkung
1995/1996
  • Darsteller
1993
  • Darsteller
1993
  • Darsteller
1988/1989
  • Darsteller
1987/1988
  • Darsteller
1986/1987
  • Produzent
1984/1985
  • Darsteller
1985/1986
  • Darsteller
1983/1984
  • Darsteller
1983/1984
  • Darsteller
1984
  • Darsteller
1982/1983
  • Darsteller
1981/1982
  • Darsteller
1980/1981
  • Darsteller
1980/1981
  • Darsteller
  • Co-Produzent
1980
  • Darsteller
1979/1980
  • Darsteller
1979
  • Darsteller
1979
  • Darsteller
1977/1978
  • Darsteller
1977
  • Darsteller
1974/1975
  • Darsteller
1975
  • Darsteller
  • Co-Produzent
1973
  • Darsteller
1971/1972
  • Darsteller
1970
  • Darsteller
1970
  • Darsteller
1967/1968
  • Darsteller
1965
  • Darsteller
1964/1965
  • Darsteller
1964
  • Darsteller
1964
  • Darsteller
1963
  • Darsteller
1961/1962
  • Darsteller
1961/1962
  • Darsteller
1960
  • Darsteller
1960
  • Darsteller
1959
  • Darsteller
1959
  • Darsteller
1958
  • Darsteller
1958
  • Darsteller
1957/1958
  • Darsteller
1957
  • Darsteller