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Alle Fotos (7)Biografie
Alfred Edel wurde am 12. März 1932 im bayerischen Abensberg geboren. Bereits in jungen Jahren erwies er sich als unbändiger Geist: Auf Grund zahlreicher Streiche verwies man ihn mehrerer Schulen. Als Mitglied der Regensburger Domspatzen gelang ihm schließlich doch noch die Reifeprüfung. Danach studierte er in München, Würzburg, Berlin und Frankfurt in verschiedenste Richtungen: Die Bandbreite reichte von Jura, Volkswirtschaft und Geschichte bis zu Theaterwissenschaft, Soziologie und Philosophie. Einen Abschluss machte er in keinem der Fächer – im Nachruf auf Edel in der FAZ wurde später sein Professor Theodor W. Adorno mit den Worten zitiert: "Der Edel ist nicht prüfbar."
Stattdessen landete Alfred Edel beim Film. 1965 entdeckte Alexander Kluge ihn als Schauspieler und besetzte ihn in "Abschied von gestern". Darin spielte Edel in autobiografischer Anlehnung einen Ewigstudenten, der sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter über Wasser hält. Obwohl es sich um eine Nebenrolle handelte, hinterließ Edel einen bleibenden Eindruck. Auch in Kluges nächstem Film "Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos" (1968) wirkte Edel mit, diesmal in einer tragenden Rolle als "Dr. Busch", der den bezeichnenden Satz spricht: "Nur als Kapitalist ändert man das, was ist!". Für diese Rolle wurde Edel für den Deutschen Filmpreis als Bester Nebendarsteller nominiert. Insgesamt arbeitete Edel bei acht Filmen mit Kluge zusammen: In "Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte" (1969-72) spielte er die Hauptrolle eines Kybernetik-Professors, der im Jahr 2040 in Kriegswirren gerät (1977 veröffentlichte Kluge eine neue Version unter dem Titel "Zu böser Schlacht schleich ich heut Nacht so bang"); außerdem gehörte er zum Ensemble von "Gelegenheitsarbeit einer Sklavin" (1973) und gab in der Satire "In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod" einen Abgeordneten, dessen Spezialgebiet "die große Übersicht" ist. In "Die Patriotin" (1977-79) war er ein Staatsanwalt, in dem poetischen Essayfilm "Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit" (1985) ein "Motivforscher" und in der Korruptions-Satire "Schweinegeld" (1989) ein Politiker.
Aber auch sonst gehörte Edel zu den meistbeschäftigten Darstellern des Neuen Deutschen Films, wenn auch meist in Nebenrollen. Roland Klick besetzte ihn in "Supermarkt" (1974) als Journalist, mit Werner Herzog drehte er "Jeder für sich und Gott gegen alle" (1974, als "Professor der Logik") und "Stroszek" (1977, als Gefängnisdirektor). Er arbeitete mit Alf Brustellin und Bernhard Sinkel ("Berlinger", 1975), Hans W. Geissendörfer ("Sternsteinhof", 1976) und Hans-Jürgen Syberberg ("Hitler, ein Film aus Deutschland", 1977). Immer wieder im Mittelpunkt stand er bei den experimentell-absurden Filmen der "Gruppe Arnold Hau", die aus den Protagonisten der "Neuen Frankfurter Schule" Robert Gernhardt, Bernd Eilert, F.K. Waechter und Arend Agthe bestand. Edel führte als Arnold Hau durch die "Hau Schau" (1975) und ließ sich die Titelrolle des Langfilms "Das Casanova-Projekt" (1981) von den Satirikern auf den Leib schreiben.
Edel galt nicht als subtiler Charakterdarsteller, sondern als ein Meister der Charge, dessen Spezialität es war, Wichtigtuer und Besserwisser zu parodieren – dies war wohl auch ein Grund für seine häufige Besetzung als Politiker, Professor oder sonstiger Würdenträger. Anlässlich seines 80. Geburtstages hieß es 2012 in einer Würdigung in der "taz": "Feinmotorik ging ihm völlig ab, ständig steckte er in absurden Kostümen. Und immer war er hinreißend."
Zu seinem Image als niederbayerisches Faktotum passte es auch, dass er 1983 in dem Musikfilm "Die Spider Murphy Gang", über die gleichnamige Münchner Kultband, mitwirkte. Ansonsten arbeitete er in den 1980er Jahren weiterhin mit eigenwilligen Autorenfilmern (nun häufiger auch in größeren Rollen) und wurde zugleich von einer neuen Regie-Generation besetzt: Er drehte mit Torsten Emrich ("Das Mikado-Projekt", 1983), Pia Frankenberg ("Nicht nichts ohne Dich", 1985) und vor allem mit Christoph Schlingensief, mit dem ihn eine ähnlich nachhaltige Zusammenarbeit verband wie zuvor mit Kluge. Edel schien für Schlingensiefs exzentrisches Universum wie geschaffen. Die beiden realisierten sieben gemeinsame Filme: Nach Nebenrollen in "Tunguska - Die Kisten sind da" (1984), dem Kurzfilm "Die Schlacht der Idioten" (1986) und "Menu total" (1986) spielte Edel in "100 Jahre Adolf Hitler - Die letzte Stunde im Führerbunker" (1989) eine Hauptrolle als Hermann Göring, war in "Das deutsche Kettensägenmassaker" (1990) der Vater der mörderischen Metzgerfamilie und gehörte zum Ensemble des Dokudramas "Tod eines Weltstars. Portrait Udo Kier" (1992, TV). Doch trotz seiner zahlreichen Engagements war es Edel kaum möglich, von der Schauspielerei zu leben, weshalb er vor allem auch für Werbeagenturen arbeitete.
Zu seinen weiteren Arbeiten der späten Jahre gehören die Titelrolle in Monika Treuts "My Father is coming - Ein Bayer in New York" (1991), die Fernsehserie "Das Nest" (1992, als Hausmeister) und Edgar Reitz' "Die zweite Heimat" (1992, zwei Folgen). In der Serie "Hecht & Haie" (1993) gab der Wahlfrankfurter Edel einen Büroboten im Frankfurter Ordnungsamt – und zeigte, dass er sich auch auf hessische Urtypen verstand. Seine letzte Kinorolle hatte er als Gangster in Christoph Schlingensiefs an das Gladbecker Geiseldrama angelehnten Farce "Terror 2000 - Intensivstation Deutschland" (1992).
Am 17. Juni 1993 starb Alfred Edel in Frankfurt an den Folgen eines Herzinfarkts.