Berlinale 2019: Goldener Bär für "Synonymes"

Nadav Lapids Tragikomödie "Synonymes" über einen Israeli, der in seiner Wahlheimat Paris radikal versucht, seine Herkunft auszuradieren und neue Wurzeln zu bilden, wurde am Samstag Abend mit dem Hauptpreis der 69. Berlinale ausgezeichnet.

 

In einer Zeit, in der Flucht, Migration und Integration gerade auch in Europa zu den beherrschenden gesellschaftlichen Themen gehören, traf die französisch-israelisch-deutsche Koproduktion offenbar den Nerv der Jury.

Mit dem Großen Preis der Jury wurde François Ozon für "Grâce à Dieu" ("Gelobt sei Gott", Frankreich) geehrt. Das aufwühlende Drama um den sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche basiert auf dem Fall von Pater Bernard Preynat. Mit seinem Film prangert Ozon dezidiert auch das Schweigen der Kirche zu den Vorfällen von Pädophilie und ihre Vertuschungsversuche an.

Angela Schanelec konnte sich über den Silbernen Bären für die Beste Regie freuen. "Ich war zuhause, aber" (Deutschland/Serbien) dreht sich um eine alleinerziehende Mutter (Maren Eggert), die hilflos mitansehen muss, wie sich das Gefüge ihrer Kleinfamilie auflöst, um sich neu zu formen.

Den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch nahmen Maurizio Braucci, Claudio Giovannesi und der Camorra-Experte Roberto Saviano (Autor der Romanvorlage) für "La paranza dei bambini" ("Piranhas", Italien) entgegen. Der Film zeigt, wie Kinder in einer durch die Mafia geprägten Welt aufwachsen und wurde mit Laiendarstellern aus dem Viertel Sanità in Neapel gedreht.

Die beiden Silbernen Bären für die Beste Darstellerin und den Besten Darsteller gingen an die Hauptdarsteller Yong Mei und Wang Jingchun in dem chinesischen Drama "Di jiu tian chang" ("So Long, My Son") von Regisseur Wang Xiaoshuai. Mei und Jingchun verkörpern ein Ehepaar, das über den Verlust ihres einzigen Sohnes hinwegkommen muss.

Die Jury unter dem Vorsitz der französischen Schauspielerin Juliette Binoche vergab den Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung an den Kameramann Rasmus Videbæk, der in Hans Petter Molands Drama "Ut og stjæle hester" ("Pferde stehlen", Norwegen/Schweden/Dänemark) die Gebirgs- und Flusslandschaft zwischen Norwegen und Schweden auf atemberaubende Weise in Szene setzte.

Den Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet, erhielt die junge Regisseurin Nora Fingscheidt. Ihr intensives Drama "Systemsprenger" (Deutschland) handelt von der neunjährigen Benni, die nicht bei ihrer überforderten Mutter leben darf und mit ihrer immer gewaltvoller geäußerten Sehnsucht nach Geborgenheit sich selbst und ihr gesamtes Umfeld zu zerstören droht.

Mit dem GWFF Preis für den Besten Erstlingsfilm wurden der Regisseur Mehmet Akif Büyükatalay und die Produzenten Bastian Klügel und Claus Reichel für "Oray" (Deutschland) bedacht. In dem Film kämpft ein muslimisches Paar gegen starre religiöse Regeln um seine Ehe. "Oray" lief in der Sektion Perspektive Deutsches Kino.

Vor der Vergabe der Bären wurde Festivalleiter Dieter Kosslick nach 18 Jahren unter großem Applaus aus seinem Amt verabschiedet. Die Laudatio auf seine Verdienste für das Festival hielt Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Zum Abschied wurde Kosslick mit der Patenschaft für die Brillenbärin Puna, die im Berliner Tierpark lebt, beschenkt.

Die Preisverleihung fand am 16. Februar im Rahmen einer feierlichen Gala im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz statt.

Weitere Informationen sowie die Preisträger aller Sektionen unter www.berlinale.de