Johannes Glogau (Hg.): Unsere Filmgrößen in Wort und Bild (1919)
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Quelle: Deutsche Nationalbibliothek |
Buchcover |
Der Innentitel der schmalen Broschüre "Unsere Filmgrößen in Wort und Bild" nennt Johannes Glogau als Herausgeber; er war zudem der Verleger dieser "Würdigung der beliebtesten Darsteller und Darstellerinnen im Film". Es muss also offenbleiben, ob er tatsächlich auch der Autor dieser "flüchtigen Skizze" war, wie es an einer Stelle heißt.
Im Mittelpunkt des "Büchelchens" stehen kurze Charakterisierungen der damals in Deutschland populärsten Filmstars, eingebettet in allgemeine Überlegungen zum Film als neuer Kunstform in Abgrenzung zum Theater, zur Herkunft der Filmstars von der Bühne und zum Detektivfilm, gewürzt mit einigen Kuriosa aus der Welt des Films. Der Band enthält 31, zum Teil ganzseitige Porträtfotos von Filmstars des Berliner Fotografen A[lexander] Binder.
Im Vergleich zum Theater müssten die Filmschauspieler "persönlich viel mehr mitbringen". Zu den ersten Erfordernissen eines Filmstars gehörten "körperliche Schönheit, bei Frauen ein gewinnender Liebreiz, bei Männern eine natürliche Grazie und höchste Eleganz". Jeder Filmdarsteller und jede -darstellerin bringe persönliche Eigenschaften in ihr Spiel ein. Bei Henny Porten sei es das "klassische Ebenmaß" ihrer Züge, Pola Negris Gesicht sei "rassig, seltsam anziehend und [...] belebt von einem feurigen Temperament", während Lotte Neumann "sehr schön ist, aber mit einem Einschlag ins Liebenswürdige, heitere, Romantische". Voraussetzung für eine Filmkarriere sei neben Talent auch körperliche Gewandtheit. "Der moderne Filmschauspieler muss ein Allerweltskerl sein. [...] Auch von den Damen wird Reiten, Fahren, Automobillenken, Schwimmen und ähnliches verlangt."
Asta Nielsen beschreibt Glogau als "weiblicher Proteus", gehöre sie doch zu den wandelbarsten Künstlerinnen der Leinwand. Ossi Oswalda eigne sich besonders für Lustspiele, Mia May "durch ihre sanfte Schönheit mehr für die Romantik." In der Hauptrolle in "Meine Frau, die Filmschauspielerin" (1918/19) habe die Oswalda "ihre ganze neckische Grazie" zeigen können.
Schriftsteller wie Gerhart Hauptmann und Hermann Sudermann hätten ihre Werke verfilmen lassen; moderne Filmautoren würden "literarische Stoffe allersten Ranges" für das Kino bearbeiten. Erst durch diese Nobilitierung des Kinos konnten die Schauspieler ihr wahres Können entfalten. Als Beleg führt Glogau die Leistung von Henny Porten in "Rose Bernd" (1919, nach dem Bühnenstück von Gerhart Hauptmann) an: "Als der Gutsherr sie zum ersten Mal küsst und sie dann wie betäubt flieht, um erst draußen hinter dem Hause aufatmend und sich besinnend stehen bleibt, zieht eine ganze Gefühlsskala über ihre Züge dahin. Überraschung, Erschrecken, Widerstand und schließlich ein kurzes, herrliches Lächeln inneren Glücksgefühls."
An Pola Negri hebt er das "geradezu vulkanische Temperament und ihre unvergleichliche Anmut im Minen- und Gebärdenspiel" hervor und beschreibt ihre Leistung in "Der gelbe Schein" (1918) und "Carmen" (1918).
Nur kurz geht Glogau auf die männlichen Filmstars ein. Bruno Kastner werde vor allem durch sein "bestrickendes Lächeln" von den Frauen als "reizend" bezeichnet. Die Beliebtheit von Harry Liedtke gehe "nicht allein auf sein männliches Äußere und auf seine künstlerische Vielseitigkeit zurück", sondern vor allem darauf, dass er seine Figuren verinnerliche. Im Vergleich zu den amerikanischen Sensationsfilmen sieht Glogau den deutschen Film, insbesondere was die Leistungen der Filmdarsteller und -darstellerinnen angeht, "mit auf der höchsten Stufe".
Johannes Ludwig Glogau war ab dem 1. Februar 1919 in Hamburg (Mönckebergstraße 8, Barkhof-Haus 3) zusammen mit Erich Gellert als Verleger aktiv; er editierte u.a. 1920 die Mappe "Aufbau" von Karl Gröning mit 15 Steinzeichnungen nach Motiven aus dem Hamburger Hafen. Um diese Zeit verlegte er auch die Zeitschrift "Die Hamburger Tribüne. Organ für das gesamte Kunstleben". Bereits Ende 1923 meldete sein Verlag Konkurs an.
Jeanpaul Goergen (Januar 2025)
Johannes Glogau: Unsere Filmgrößen in Wort und Bild. Eine Würdigung der beliebtesten Darsteller und Darstellerinnen im Film. Hamburg: Verlag Johannes Ludwig Glogau o.J. [1919], unpag. [16 Seiten], 31 Abbildungen
Traub/Lavies: 878
dnb: http://d-nb.info/573239584 + https://d-nb.info/1236921429 (Elektronische Reproduktion)