Das kalte Herz

DDR 1950 Spielfilm

Inhalt

Aufwändige Verfilmung des Märchens von Wilhelm Hauff: Der junge Köhler Peter Munk träumt davon, in die "besseren Kreise" der Gesellschaft aufzusteigen. Er lässt sich auf ein Geschäft mit dem Holländer-Michel ein, der ihm den Tausch seines echten gegen ein steinernes Herz vorschlägt. Mit diesem "kalten Herz" in der Brust kommt Munk tatsächlich zu Wohlstand und materiellem Reichtum, wird aber zugleich ein gefühlloser, mürrischer Mann – und schließlich sogar zum Mörder seiner Frau Lisbeth. Durch diese Tat erkennt Munk, was aus ihm geworden ist und beschließt, sein echtes, "warmes" Herz vom Holländer-Michel zurück zu erobern.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Buntes Jahrmarkttreiben in einem kleinen Sprengel im Schwarzwald. Von weither kommen die fein herausgeputzten jungen Leute zusammen, um sich mit ihrer oder ihrem Liebsten auf dem Tanzboden im Kreis zu drehen. Die muntere Schar passiert, ein Lied auf den Lippen, auch die qualmenden Meiler des Köhlers Peter Munk, dessen rußgeschwärztes Äußeres gar nicht darauf schließen lässt, dass sich dahinter ein schmucker blonder Junge mit hellen Augen verbirgt. Neidvoll blickt er seinen gutgelaunten Altersgenossen hinterher, weiß er doch, dass er weder Zeit noch Geld hat, um selbst am mehrtägigen Fest teilnehmen zu können. Peter muss für sich und vor allem seine alte Mutter sorgen. Doch an diesem Tag hat er eine Fuhre Holzkohle ins Dorf zu bringen und nimmt die Gelegenheit wahr, dem Treiben aus gebührender Entfernung zuzusehen. Keineswegs zufällig trifft sein Blick auf die schöne Tanzbodenkönigin Lisbeth, zusammen mit „König“ Hannes strahlender Mittelpunkt des Festes.

Als Peter vom reichen Bauern Ezechiel angepöbelt und des Platzes verwiesen wird, nimmt sich Lisbeth ihres alten Spielgefährten an. Und Hannes, dem längst die Heirat mit Lisbeth versprochen wurde von Vater und Schwiegervater in spe, muss wütend mit ansehen, wie alsbald mehr daraus wird. Und werden kann, denn der arme Köhlerbub Peter ist ein Sonntagskind und hat beim Glasmännlein, dem guten Waldgeist, drei Wünsche frei. Bevor es soweit ist, kommt es aber zu einer horriblen Begegnung in der finstersten Ecke des Schwarzwaldes, welche die für ein Märchen arg eingeschränkte Altersempfehlung „ab acht Jahren“ vollauf rechtfertigt: der große Erwin Geschonneck gibt den bösen Waldgeist „Holländer-Michel“ wie einen hünenhaften Quasimodo mit einem blinden Auge und arg zugerichtetem Gesicht. Nichts für zarte Gemüter also, und für kleine Kinder schon gar nicht: sie könnten von Erwin Geschonnecks Anblick Alpträume bekommen! Zumal Regisseur Paul Verhoeven und sein Kameramann Bruno Mondi filmästhetisch trotz des Einsatzes der Farbe offenbar noch sehr vom expressionistischen deutschen (Stumm-) Film geprägt sind.

Der Holländer-Michel schickt Peter eine Würgeschlange an den Hals, welcher das Glasmännlein mit einem Greifvogel begegnet. Nun ist es bereit, dem mit seinem Dasein unzufriedenen Köhlerjungen wenigstens die ersten beiden Wünsche zu erfüllen, obwohl es ihm gründlich gegen den Strich geht, dass Menschen immer mehr wollen als ihres Standes ist: Peter will immer mehr Geld als Ezechiel in der Tasche haben, beim Tanzen der Beste sein und die zur Versteigerung anstehende Glashütte erwerben, obwohl er weder von der Herstellung noch von der Vermarktung des Glases eine Ahnung hat. Das Glasmännlein verschafft ihm das Nötige, sodass Peter nun seinen Nebenbuhler Hannes sowohl auf dem Tanzboden als auch bei Lisbeths Vater ausstechen kann: die Hochzeit soll ganz groß gefeiert werden. Doch als Ezechiel in Geschäften in Holland weilt und sich das in seiner Hütte erzeugte Glas nicht verkauft, sind Peter Munks Taschen leer – und die Hochzeitsgesellschaft wartet vergeblich auf den Bräutigam. Der sich nun dem Holländer-Michel verschrieben hat: Peter tauscht sein warmes, schlagendes Herz gegen einen kalten Stein aus und macht glänzende Holz-Geschäfte den Rhein hinauf bis nach Holland.

Wo er auf Ezechiel trifft, der ihm von der bevorstehenden Hochzeit zwischen Lisbeth und Hannes erzählt. Flugs entschließt sich der nun im wahren Wortsinn steinreiche Peter, die Pläne seines Rivalen erneut zu durchkreuzen – und kann ein zweites Mal das warm schlagende Herz Lisbeths für sich gewinnen. Doch schon nach der Trauungszeremonie zeigt Peter sein wahres Gesicht: er sperrt die Hochzeitsgesellschaft aus und zählt lieber daheim seine Golddukaten. Lisbeth versucht mit guten Worten und kleinen Münzen seine Hartherzigkeit gegenüber den Leuten, ja sogar gegenüber der eigenen Mutter, auszugleichen. Als das Glasmännlein incognito nach den Früchten seiner Taten sieht, wird es gewahr, wie die gutmütige Lisbeth vom brutalen Geizhals von Gatten geschlagen wird. Ihre Tränen gefrieren zu Eiszapfen und nun erst wacht Peter wie aus einem schlimmen Traum auf: Wenn er doch nur sein Herz zurückerhalten könnte. Das Glasmännlein gibt sich zu erkennen und rät seinem Schützling zur Anwendung einer List...

Obwohl dieses Privileg ursprünglich Erich Engel zugestanden werden sollte, ist „Das kalte Herz“ in die Defa-Geschichte eingegangen als erster, noch mangels eigenen Materials auf Agfacolor gedrehter Spielfilm der DDR, der am 8. Dezember 1950 parallel im Berliner „Babylon“ am Rosa-Luxemburg-Platz und im Defa-Kino an der Kastanienallee uraufgeführt wurde und damit beinahe zeitgleich herausgekommen ist wie der erste westdeutsche Farbfilm, Hans Deppes Operettenstreifen „Schwarzwaldmädel“. Nur dass der Defa-Schwarzwald in Thüringen lag und das Dorf aufwendig im Babelsberger Studio errichtet werden musste. 3,2 Millionen Mark Produktionskosten sind für Nachkriegs-Verhältnisse eine ungewöhnlich hohe Summe, Defa-Stiftungsvorstand Ralf Schenk sprach als Kurator der Filmreihe „Defa in Farbe“ im Februar und März 2014 im Berliner Zeughauskino sogar von über vier Millionen Mark.

Geld, das ursprünglich für das Tanzmärchen „Aschenbrödel“ vorgesehen war. Doch die Geschichte vom Aufstieg einer unscheinbaren Ballett-Elevin zur gefeierten Primaballerina ähnelte zu sehr dem 1948 von Emeric Pressburger und Michael Powell inszenierten Streifen „Die roten Schuhe“, sodass Paul Verhoeven mit dem Hauff-Märchen als eine Parabel „über den Segen der Arbeit und den Fluch des Geldes“ entschädigt wurde. Das Ergebnis geriet nicht zur Freude seiner Auftraggeber, die harsche Kritik an den Kosten, aber auch an den optischen Grausamkeiten des Films übten: Das „Kalte Herz“ sei, so die Defa-Kommission, von Naturalismus und Mystizismus geprägt, die bei weitem das Fassungsvermögen von Kindern überstiegen und überhaupt mit den Idealen einer fortschrittlichen Kunst unvereinbar seien. Kameramann Bruno Mondi, der bei der Ufa in der Nazizeit u.a. bei „Kolberg“ erste Erfahrungen mit der Farbe im Kinofilm sammelte, hat 1951 in den Westen 'rübergemacht, als in Babelsberg die Zügel der Zensur angezogen wurden: Nach aus Sicht nicht nur der Defa-Spitze ideologisch kontraproduktiven Streifen wie „Bürgermeister Anna“, „Lehrer Heiden“ und „Die Jungen vom Kranichsee“ forderten SED-Parteivorstand und FDJ-Zentralrat eine doppelte Zensur vor der Film-Freigabe.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Dramaturgie

Kamera

Kamera-Assistenz

Trick-Kamera

Standfotos

Bauten

Schnitt

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
2856 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfacolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.12.1950, Berlin, Babylon, Defa-Filmtheater Kastanienallee;
Kinostart (DE): 20.10.2011, WA

Titel

  • Originaltitel (DD) Das kalte Herz

Fassungen

Original

Länge:
2856 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfacolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.12.1950, Berlin, Babylon, Defa-Filmtheater Kastanienallee;
Kinostart (DE): 20.10.2011, WA

Auszeichnungen

Filmfestival Karlovy Vary 1951
  • Bester Farbfilm