Günter Reisch
Günter Reisch, geboren am 24. November 1927 in Berlin als Sohn eines Bäckermeisters, wuchs nach dem Tod des Vaters in Potsdam auf. Er wurde kurz vor Kriegsende eingezogen und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg machte er sein Abitur und nahm anschließend Schauspielunterricht, worauf 1947 seine Aufnahme ins Nachwuchsstudio der DEFA folgte. Ab 1948 war Reisch Regie-Assistent bei der DEFA und arbeitete mit Gerhard Lamprecht, Georg Wildhagen, Martin Hellberg sowie acht Jahre lang mit Kurt Maetzig zusammen, darunter auch bei "Ernst Thälmann".
1955 wurde er selbst Regisseur beim DEFA-Studio für Spielfilme und drehte sein Debüt, die Komödie "Junges Gemüse" (1956). Es folgten zahlreiche weitere Komödien, in denen er ironisch die menschlichen Unzulänglichkeiten und kleinbürgerlichen Haltungen thematisierte, die er im DDR-Alltag vorfand. Er arbeitete auch mehrfach Elemente des Musicals ein, so bei der Kriminalsatire "Der Dieb von San Marengo" (1963) und der Adaption von Kleists "Der zerbrochene Krug", "Jungfer, sie gefällt mir" (1968).
In "Ach, du fröhliche…" (1962) beleuchtete er die Probleme eines Direktors, der strenge Vorstellungen von sozialistischer Moral hat, mit der Lebensweise seiner Kinder und Nachbarn – und nahm 25 Jahre später Thema und Personen in "Wie die Alten sungen…" erneut auf. Mit "Ein Lord am Alexanderplatz" (1967) und "Nelken in Aspik" (1976) schuf er wiederum Satiren auf typisch kleinbürgerliches Verhalten. Als besonders gelungen und eine der wichtigsten Komödien der DEFA gilt "Anton, der Zauberer" (1977) mit der differenzierten Schilderung eines geschickten Automechanikers, der bei zahllosen krummen Geschäften noch mehr Talent beweist.
1958 inszenierte Reisch gemeinsam mit Kurt Maetzig "Das Lied der Matrosen" über den Matrosenaufstand 1918 in Kiel. Wichtige Ereignisse der Arbeiterbewegung thematisierte er danach immer wieder und zunehmend ausgewogener, beispielsweise in seinen beiden Filmen über Karl Liebknecht, "Solange Leben in mir ist" (1965) und "Trotz alledem!" (1971). Die Co-Produktion mit dem Mosfilm-Studio "Unterwegs zu Lenin" (1970), erhält in Karlovy Vary den Spezialpreis der Jury. In "Wolz – Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten" (1973) vermittelt er ein differenziertes Bild der Kämpfe in der Weimarer Republik. Mit dem Fernseh-Fünfteiler "Gewissen im Aufruhr" (1961; Regie mit Hans-Joachim Kasprzik) über einen Offizier der Wehrmacht, der seinen blinden Gehorsam aufgibt und seinem Gewissen folgt, erregte er ebenso Aufsehen wie mit dem mehrfach ausgezeichneten Film "Die Verlobte" (1980) über eine klassenbewußte Kommunistin und ihren Leidensweg im Dritten Reich. Da Reisch während der Dreharbeiten schwer erkrankte, wurde der Film von Günther Rücker beendet.
1967 bis 1988 war Günter Reisch Vizepräsident des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR. Nach der Wende war er an der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg als Mentor für den künstlerischen Nachwuchs tätig und lehrte auch an zahlreichen anderen Hochschulen. Er war Mitglied der Akademie der Künste und der Deutschen Filmakademie.
Günter Reisch starb am 24. Februar 2014 in Berlin im Alter von 86 Jahren.