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Alle Fotos (2)Biografie
Aysun Bademsoy wurde am 14. März 1960 in Mersin, Türkei, geboren. 1969 zog die Familie nach Berlin. Zum Film kam sie - noch auf dem Gymnasium - zunächst als Schauspielerin, als der Regisseur Peter Keglevic 1977 eine Hauptdarstellerin für seinen Fernsehfilm "Zuhaus unter Fremden" suchte. Bademsoy erhielt den Part: eine Tochter türkischer Einwanderer, die gegen den Willen ihrer konservativen Eltern eine Beziehung mit einem Deutschen beginnt (gespielt von Herbert Grönemeyer in seiner ersten bedeutenden Rolle). 1978 begann Bademsoy ein Studium in den Fächern Theaterwissenschaft und Publizistik. Parallel dazu übernahm sie gelegentlich kleinere Rollen, etwa in einer Folge der Serie "Liebling Kreuzberg" (1986).
Vor allem aber begann Bademsoy gegen Ende ihres Studiums immer öfter hinter der Kamera zu arbeiten, etwa als Regie-Assistentin, Skriptgirl, Produktionsleiterin oder Schnitt-Assistentin. In einem Interview schilderte sie später die Entstehungsgeschichte ihres ersten eigenen Dokumentarfilms: Nach dem Abschluss ihres Studiums (1989) erarbeitete Bademsoy mit ausländischen Schülern einige Theaterstücke. Aus dieser Arbeit entstand die Idee, gemeinsam einen Dokumentarfilm zu drehen: Die Jugendlichen sollten aus ihrer Perspektive ihren Weg von der U-Bahn bis zur Schule untersuchen. So entstand "Fremde deutsche Nachbarschaft" (1989).
Danach begann Bademsoy hauptberuflich als Dokumentarfilmerin zu arbeiten. In den meisten ihrer Filme geht es um das Thema Migration und um die alltägliche Lebensrealität junger Deutschtürk*innen.) So porträtierte sie in dem mittellangen "Mädchen am Ball" (1995, TV) fünf junge Deutschtürkinnen, die in einer Berliner Frauenfußballmannschaft spielen. Die einstündige Fortsetzung "Nach dem Spiel" (1997, TV) lief auf der Berlinale 1998 in der Sektion Neue deutsche Filme. Dort wurde zwei Jahre später auch "Deutsche Polizisten" gezeigt, ein Porträt junger Berliner Ordnungshünter mit Migrationshintergrund.
Für "Am Rand der Städte", der im Forum der Berlinale 2006 Premiere feierte, führte Bademsoy in ihrem Geburtsort Mersin Interviews mit Türken, die nach Jahren in ihr Geburtsland zurückkehrten, wo sie jedoch als "Deutschländer" in einer merkwürdigen Zwischenwelt leben. Mit "Ich gehe jetzt rein" (2008) setzte sie nach "Mädchen am Ball" und "Nach dem Spiel" ihre Langzeitdokumentation über die Lebenswege von fünf in Deutschland lebenden Türkinnen fort. Beim Münchner Filmfest 2011 stellte sie den Dokumentarfilm "Ehre" vor, über drei Jugendliche unterschiedlicher Herkunft, für die der Begriff Ehre eine archaische Bedeutung hat, die sie auch mit Gewalt verteidigen. Der Film war Hatun Sürücü gewidmet, die im Februar 2005 in Berlin von ihren Brüdern ermordet wurde, weil sie nicht "traditionell" leben wollte.
2015 und 2016 war Aysun Bademsoy Stipendiatin der Istanbuler Kulturakademie Tarabya. Für ihren Film "Zyklop" (2016) begleitete sie den deutsch-türkisch-armenischen Musiker und Komponisten Marc Sinan auf der Suche nach einem Epos von Dede Korkut. Viel Aufmerksamkeit erhielt ihr Dokumentarfilm "Spuren - Die Opfer des NSU", der im Herbst 2019 beim Festival DOK Leipzig uraufgeführt wurde. Darin schilderte Bademsoy die Erfahrungen von Angehörigen der NSU-Opfer mit dem deutschen Justizsystem, welches die Betroffenen über Jahre hinweg fälschlich zu Verdächtigen machte – und am Ende die wahren Mittäter mit milden Strafen davonkommen ließ. Der Kinostart erfolgte im Februar 2020.
Aysun Bademsoy ist mit dem Regisseur Christian Petzold verheiratet und die Schwester des Schauspielers und Casting-Agenten Tayfun Bademsoy.