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Alle Fotos (22)Biografie
Heidemarie Hatheyer, geboren am 8. April 1918 in Villach, Kärnten, damals Österreich-Ungarn, wuchs in Klagenfurt und Wien auf, wo sie eine zweijährige Schauspielausbildung bei Anna Kainz absolvierte. Obwohl sie zunächst ein Medizin- und später ein Journalistikstudium anstrebte, erbrachte Hatheyer noch während des Abiturs erfolgreich den "künstlerischen Befähigungsnachweis", der sie für ein Engagement beim Theater berechtigte. Den Beginn ihrer Schauspielkarriere markierte eine Nebenrolle in der Operette "Axel vor der Himmelstür" neben Zarah Leander am Theater an der Wien, der mehrere Hauptrollen in dramatischen Heimatstücken folgten. Zur selben Zeit ging sie einer Nebenbeschäftigung am nahegelegenen Kabarett "Literatur am Naschmarkt" nach. Es folgte 1937 ein dreijähriges Engagement bei den Münchner Kammerspielen unter Otto Falckenberg, das sich als Sprungbrett zum Film herausstellen sollte.
Ihre erste Filmrolle erhielt Heidemarie Hatheyer bereits 1937 in "Der Berg ruft" von Luis Trenker. In dem Bergfilm verkörperte die erst 19-Jährige neben Herbert Dirmoser sowie dem Regisseur selbst die weibliche Hauptrolle. Als Reaktion auf ihr von Kritik und Publikum positiv aufgenommenes Filmdebüt wurde Hatheyer von der Produktionsfirma Tobis bereits ein Vertragsangebot von 10.000 Mark pro Film unterbreitet sowie eine Rolle im Drama "Frau Sixta" (1940) zugesichert. In der Folge entstanden vor Kriegsbeginn weitere Dramen wie "Zwischen Strom und Steppe" (1939) und "Ein ganzer Kerl" (1939).
Hans Steinhoffs Alpentragödie "Die Geierwally" (1940) stellte nur drei Jahre nach ihrem Debüt den größten Erfolg ihrer Karriere dar und ließ Hatheyer endgültig in die Riege der deutschen Filmstars aufsteigen. Die Rolle der stolzen Wally Fender, genannt Geierwally, die sich dem Willen des Vaters widersetzt und ihrem Herzen folgt, war, wie Hatheyer im Laufe ihrer Karriere immer wieder betonte, jedoch Segen und Fluch zugleich. Das Image des rebellischen und derben deutschen "Madels" haftete zeitlebens an ihr und beschränkte sie laut eigenen Aussagen in der Auswahl künftiger Rollenangebote.
Im Anschluss porträtierte Hatheyer im perfiden Drama "Ich klage an" (1941) neben Paul Hartmann und unter der Leitung von Wolfgang Liebeneiner in ergreifender Weise die Arztgemahlin Hanna Heyt, die, an Multipler Sklerose erkrankt, von ihrem Gatten mittels Sterbehilfe "erlöst" wird. Der in enger Kooperation mit dem NS-Propagandaministerium entstandene Film steht aufgrund seiner die Euthanasie-Politik des Dritten Reichs unterstützenden, suggestiven Rhetorik bis heute auf der Liste der nur eingeschränkt öffentlich zugänglichen "Vorbehaltsfilme".
1942 folgte Heidemarie Hatheyer dem Ruf Gustaf Gründgens' ans Preußische Staatstheater Berlin. Mit "Die Nacht in Venedig" (1942) drehte sie eine der wenigen Komödien ihrer Laufbahn. In den folgenden Jahren war Hatheyer dann wieder überwiegend in melodramatischen Rollen zu sehen: als junge Schauspielerin, die es von der Kleinstadtbühne ans Großstadttheater schafft, in "Der große Schatten" (1942) von Paul Verhoeven, als sich selbst überschätzende Malerin in "Man rede mir nicht von Liebe" (1943) oder als Reedersgattin auf amourösen Abwegen in "Die Jahre vergehen" (1944). Zwei weitere Filme mit ihr, die 1944/1945 gedreht wurden, erschienen erst in der Nachkriegszeit: "Die Schuld der Gabriele Rottweil" (1950) sowie "Ich glaube an dich" (1950 in der DDR, 1953 in der Bundesrepublik).
Nach Kriegsende musste Heidemarie Hatheyer ihrer Mitwirkung bei "Ich klage an" Tribut zollen: Sie wurde für ihr überzeugendes Spiel 1945 von der alliierten Militärkommission der indirekten Mittäterschaft an den Massenmorden des NS-Regimes bezichtigt und mit einem vierjährigen Drehverbot belegt. Zu ihrer Verteidigung führte die damals 27-Jährige an, sie sei zur Annahme der Rolle gezwungen worden. Da ihr in der Folge kein umfassendes Berufsverbot auferlegt wurde, war es Hatheyer möglich, ihren künstlerischen Schwerpunkt, ganz ihrer Vorliebe entsprechend, zurück zum Theater zu verlagern.
Ihre wichtigsten Engagements in der Nachkriegszeit erhielt sie in Berlin, wo sie erneut mit Gustaf Gründgens arbeitete, in Düsseldorf, Hamburg, am Wiener Burgtheater sowie am Schauspielhaus Zürich, zu dessen Ensemble sie sechsundzwanzig Jahre lang gehören sollte.
Nach Aufhebung des Drehverbots 1949 konnte Hatheyer an frühere Erfolge anknüpfen, indem sie vor allem Rollen ausdrucksstarker, bodenständiger Frauen in Literaturverfilmungen und Melodramen übernahm, so spielte sie beispielsweise die Lotte in "Begegnung mit Werther" (1949) nach Goethe und war im Trümmerfilm "Wohin die Züge fahren" (1949) von Boleslaw Barlog und in "Die Ratten“ (1955) nach dem Drama von Gerhart Hauptmann in der Regie Robert Siodmaks zu sehen. 1952 heiratete Heidemarie Hatheyer in zweiter Ehe den Journalisten Curt Riess.
1957 stand sie erstmals gemeinsam mit ihrer aus erster Ehe stammenden Tochter Regine Feldhütter in "Glücksritter. Eine Geschichte von heute" (1957) vor der Kamera. Es folgten "...und führe uns nicht in Versuchung" (1957) sowie "Solange das Herz schlägt" (1958). Gegen Ende der 1950er Jahre arbeitete Hatheyer in "Blühende Träume" (1959), diesmal an der Seite von Paul Verhoeven, erstmals für das Fernsehen. Die beiden Kinofilme "Ruf der Wildgänse“ (1961), erneut gemeinsam mit ihrer Tochter, und der deutsch-österreichische Western "Heiß weht der Wind" (1964) von Rolf Olsen markieren dabei ihre letzten Auftritte vor einer beinahe zwanzig Jahre währenden Leinwandpause.
Während der Neue Deutsche Film an Popularität gewann, widmete sich Heidemarie Hatheyer von Mitte der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre ausschließlich der Theaterarbeit. 1975 war die Schauspielerin dann in "Die Herausforderung" (1975) erneut im Fernsehen zu sehen, für das sie in der Folgezeit insgesamt acht Filme drehen sollte, darunter die Theateradaption "Auf dem Chimborazo" (1976) nach Tankred Dorst, die Dokumentation "Apropos Geierwally. Kameranotizen und Gespräche" (1978) oder "Mord im Grand-Hotel" (1979), eine Folge der Reihe "Tatort". Die Komödie "Ein Abend mit Labiche" (1979) von Regisseur Dieter Wedel blieb Hatheyers letzter Fernsehfilm.
1984 wurde die Schauspielerin für ihr "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" beim Bundesfilmpreis mit dem Filmband in Gold gewürdigt, bevor sie die Auszeichnung vier Jahre später erneut erhielt, für ihre darstellerische Leistung in der Titelrolle von Kai Wessels "Martha Jellnek" (1988). In ihrem ersten und zugleich letzten Film nach langer Leinwandpause verkörperte die mittlerweile fast 70-Jährige eine alte, einsame Dame, die Rache an einem ehemaligen SS-Mann übt. Ihre letzte Rolle spielte Hatheyer 1990 in drei Episoden der Fernsehserie "Diese Drombuschs".
Heidemarie Hatheyer starb am 11. Mai 1990 im Alter von 71 Jahren in Zollikon bei Zürich.
Autorin: Hannah Meckel
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.