Im Rahmen der Abschlussveranstaltung sind am Abend des 7. Oktober vor dem Film "Paradise is Burning" von Mika Gustafson im CinemaxX Dammtor die Preise des 31. FILMFEST HAMBURG vergeben worden. Das Festivalteam und das Publikum verabschiedeten sich vom langjährigen Festivalleiter Albert Wiederspiel mit Gesang und herzlichen Worten.
Albert Wiederspiel und sein Team begrüßten in Hamburg insgesamt 520 Gäste aus 33 Ländern, darunter die Festivalmacher und Filmemacher·innen aus der Ukraine, die zum zweiten Mal beim Molodist Kyiv International Film Festival im Abaton Kino zu Gast waren und ihren nationalen Langfilmwettbewerb in Hamburg ausrichteten. Weitere Gäste waren unter anderem die Regisseur·innen Bertrand Bonello, Radu Jude, Catherine Breillart, Timm Kröger, Wim Wenders, Monia Chokri, Jeanne Herry, Martin Pieter Zandvliet, Nikolaj Arcel, Dominik Graf, Rodrigo Moreno, Hans Steinbichler, Stephan Komandarev und Marie Amachoukeli, sowie die Schauspieler·innen Merve Dizdar, Lena Urzendowsky, Susanne Wolff , Kotti Yun, Sandra Hüller, Mads Mikkelsen, Dave Turner, Théodore Pellerin, Jan Bülow, Luise Heyer, Henriette Confurius, Jenny Schily, Stefan Gorski und Denis Moschitto. Gezeigt wurden 132 Langfilme in zehn Sektionen aus 48 Produktionsländern. Bei den fünftägigen INDUSTRY DAYS ging es unter anderem um ein zeitgemäßes Altersbild von Frauen in Film und Fernsehen, um Green Storytelling, um das Thema Rechterückbehalt und um die Kinemathek der Zukunft. Bei der abschließenden 4. Explorer Konferenz wurden unter anderem Themen wie Diversität, Einsatz Künstlicher Intelligenz in der kreativen Arbeit und Audience Development diskutiert. Das MICHEL Kinder und Jugend Filmfest fand zum ersten Mal im Studio-Kino statt, und beim "Filmfest ums Eck"-Programm wurden Filme in fünf Stadtteilkinos gezeigt. Festivaltreffpunkte waren das MOIN FILMFEST CAFÉ und die FILMFEST BAR / Kasematte20.
Mit 52.700 Festival-Besucher·innen inklusive Binnenalster Filmfest ist das 31. FILMFEST HAMBURG die erfolgreichste Ausgabe seit Bestehen. Es wurden in diesem Jahr 17 Prozent mehr Tickets verkauft als im Vorjahr.
Festivalleiter Albert Wiederspiel: "Ich bin überwältigt von der Kinobegeisterung unseres Hamburger Publikums. Wie schön sind volle Kinosäle und das gemeinsame Erleben von Geschichten auf der großen Leinwand. Es ist nicht nur das erfolgreichste Festival in meiner Amtszeit, sondern aller Zeiten. Mein großer Dank geht an die treuen Festivalbesucher und neuen FILMFEST HAMBURG-Fans und natürlich an mein gesamtes Team. Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Meiner Nachfolgerin Malika Rabahallah wünsche ich einen guten Start beim schönsten Job der Welt."
Die Preise im Überblick:
Der mit 5.000 Euro dotierte NDR-Nachwuchspreis für Langfilmdebüts geht in diesem Jahr an die Regisseurin Noora Niasari für ihren Film Shayda (Australien, 2022).
Jurybegründung: "Ein Film, der mit präziser und sicherer Hand durch eine persönliche Geschichte Allgemeines deutlich macht. Shayda besticht mit einer rhythmischen geerdeten Dramaturgie. Die Bildsprache naht einer Erinnerung, die trotz der Schwere des Narrativs von menschlicher Wärme getragen wird. Shayda kommuniziert eine ehrliche Wertschätzung und vor allem Hoffnung."
Erstmals hat eine Jury aus Hamburger Studierenden entschieden:
Abraxas Akanho
Nicole Barabasch
Mathis Lorenzen
Julia Schmalfeldt
Giacomo Wiesenberg
Der mit 5.000 Euro dotierte Preis Der Politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung geht an den Regisseur Maciek Hamela für seinen Film Im Rückspiegel (Frankreich, Polen, Ukraine, 2023).
Auszug aus der Jurybegründung: "Ein Film ragte aus der Auswahl dennoch heraus. Er ist unter schwierigsten Bedingungen gedreht, mit einer einzigen Kamera, in einem einzigen, engen Raum. Ab und zu geht der Blick durchs Fenster nach draußen und zeigt Bilder, die wir alle so ähnlich schon im Fernsehen gesehen haben, Bilder der Zerstörung. Jetzt aber sehen wir sie aus der Perspektive derer, deren Welt gerade aus den Fugen geraten ist. Wir sehen in ihre Gesichter und hören, was sie sagen, oft erstaunlich ungerührt wirkend, manchmal offenkundig traumatisiert, immer knapp, immer bewegend. Obwohl die Kamera ihnen direkt ins Gesicht blickt, wie im Rückspiegel, wirkt sie niemals voyeuristisch. Knapp und präzise erzählen die Menschen Ausschnitte ihrer Geschichten, dicht, wie es ein Drehbuch kaum könnte. Oft kippen sie vom scheinbar Banalen unerwartet ins Grauenvolle. In nur 84 Minuten lernt das Publikum Dutzende Menschen kennen: Frauen, Männer, Kinder, Alte, Einheimische und Zugezogene. In dem Auto, in dem der ganze Film spielt, vereint sie das gleiche Schicksal: Sie sind auf der Flucht. (...) Der Mann am Steuer des Autos ist auch der Regisseur des Films, mal stellt er behutsame Fragen, mal muss er plötzlich die Richtung ändern, weil im Dunkeln Minen auf der Straße liegen, oder weil eine Brücke nicht mehr existiert. Das Genre des Antikriegsfilms wird dominiert von Filmen, in denen Männer Krieg führen. Dieser Film ist ein echter Antikriegsfilm, weil er vollständig aus dem Blickwinkel der Opfer erzählt ist. Der Film ist ein Fanal gegen die Gewöhnung, er macht jene sichtbar, deren Leben dieser Krieg gegen die Ukraine unmittelbar erschüttert. So erzählen die Menschen in diesem Werk stellvertretend und universell von Krieg und Flucht, überall. Dieser große Film hat ein großes Publikum verdient."
Jury
Tanja Chawla, Vorsitzende des DGB, Hamburg
Carolin Genreith, Autorin, Regisseurin, Produzentin
Christian Stöcker, Professor, Journalist
Der mit 5.000 Euro dotierte Arthouse Cinema Award des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater (C.I.C.A.E.), geht an den Film How to have Sex (Vereinigtes Königreich, Griechenland 2023), Regie: Molly Manning Walker, Verleih: capelight pictures. Das Preisgeld wird von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein für PR-Maßnahmen des deutschen Verleihs zur Verfügung gestellt.
Jurybegründung: "Wir haben uns für den Film entschieden, der uns mit seiner lebendigen, gewalttätigen, chaotischen und emotionalen Geschichte über die Flucht aus der Realität - und sei es nur für ein paar sonnenverwöhnte Tage - überwältigt hat. Er greift ein dringendes und aktuelles Thema auf, das nicht nur junge Menschen betrifft, sondern die gesamte Gesellschaft. Gefüllt mit Zweifeln, Verrat und aufrichtiger Freundschaft hilft er uns zu verstehen, dass wir nur an den Dingen festhalten können, die unserem Herzen am nächsten sind."
Jury
Deborah Shirley Cohrs, Beraterin für Kino und Filmmarketing
Jure Matičič, Mestni kino Domzale, Slowenien
Erwin Rajkovcanin, Schauburg Dortmund
Der Preis der Filmkritik wird seit 2018 in Zusammenarbeit mit dem Verband der deutschen Filmkritik vergeben. Der Preis geht an "Do Not Expect Too Much Of the End of The World" von Radu Jude (Kroatien, Frankreich, Luxemburg, Rumänien, 2023).
Jurybegründung: "Ein origineller Film, der aus der Gegenwart die Gegenwart kritisiert. Im Mittelpunkt steht eine Produktionsfahrerin, die am Rande der Erschöpfung über die Straßen Rumäniens brettert. Diese Geschichte wird unter anderem verschränkt mit einem Spielfilm über eine Taxifahrerin im Bukarest von 1981, satirischem Social Media-Material und Auftritten von Uwe Boll als Uwe Boll und Nina Hoss als österreichischer Produzentin, die nichts über ihre westliche Arroganz weiß. 163 Minuten Spektakel, klug montiert, leichtfüßig und voller bösartigem Witz."
Lobende Erwähnung:
"Die Jury spricht außerdem eine Lobende Erwähnung für "Der Fall Goldman" von Cédric Kahn aus. Ein Gerichtsdrama, das einerseits mit großer Präzision der Genrelogik folgt und andererseits den Blick öffnet für jüdische Geschichte und rassistische Polizeigewalt."
Jury
Silvia Bahl, Filmdienst, Kino-Zeit
Matthias Dell, Deutschlandradio
Danny Marques, NDR 90,3
Barbara Schweizerhof, epd Film, TAZ, ZEIT online
Anika Würz, Hamburger Abendblatt
Der mit 5.000 Euro dotierte FILMFEST HAMBURG PUBLIKUMSPREIS, gestiftet von der Hapag-Lloyd Stiftung für den Publikumsliebling des Festivals geht an "Heaven Can Wait – Wir leben jetzt" von Sven Halfar.
Am Vorabend sind die Hamburger Produzentenpreise "Internationale Kino-Kopoduktionen" und "Deutsche Kinoproduktionen" an den Produzenten Fabian Driehorst / Fabian&Fred (Sultana's Dream, Regie: Isabel Herguera) und an die Regisseurin und Produzentin Katharina Huber (Ein schöner Ort) vergeben worden. Die Preisgelder in Höhe von jeweils 25.000 Euro für diese Kategorien werden von der Behörde für Kultur und Medien zur Verfügung gestellt. Der Hamburger Produzentenpreis "Deutsche Fernsehproduktionen", ebenfalls in Höhe von 25.000 Euro und gestiftet von der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF), geht an Jakob Claussen und Uli Putz / Claussen + Putz ("Sörensen fängt Feuer", Regie: Bjarne Mädel). Eine lobende Erwähnung wurde für "Die Flut – Tod am Deich" (Regie: Andreas Prochaska; Produktion: Nordfilm, Kerstin Ramcke, Katinka Seidt und Wilfried Hauke) ausgesprochen. Mit dem Sonderpreis für serielle Formate in Höhe von 10.000 Euro gestiftet von der VFF sind Katrin Haase und Oliver Arnold / U5 Filmproduktion (Füxe, Regie: David Clay Diaz, Susan Gordanshekan) ausgezeichnet worden.
Der mit 10.000 Euro dotierte und erstmals vom Hamburger Kinobetreiber Hans-Peter Jansen zur Verfügung gestellte MICHEL Filmpreis MAJA wurde am 5. Oktober von der MICHEL Jury and den Film "Mein Totemtier & ich" (Niederlande, Luxemburg, Deutschland, 2022, Regie: Sander Burger) vergeben.
Der mit 2000 USD dotierte Preis des Molodist Kyiv International Film Festivals, Scythian Deer, ging an den Film "How is Katia?" (Regie: Christina Tynkevyc). Eine lobende Erwähnung sprach die Jury für die Filme Luxembourg, Louxembourg (Regie: Antonio Lukich) und für Rock.Paper.Granade (Regie: Iryna Tsilyk) aus.
Douglas Sirk-Preisträgerin 2023 ist Sandra Hüller.
FILMFEST HAMBURG wird gefördert und unterstützt von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie von den treuen Hauptpartnern Deutsche Fernsehlotterie, Hapag-Lloyd Stiftung, Studio Hamburg Gruppe, Grand Elysee Hotel und dem Mobilitätspartner MOIA. Weitere Förderer sind die Karin und Walter Blüchert Gedächtnisstiftung, ARTE, der Hauptmedienpartner NDR sowie 60 weitere Partner, Förderer und Unterstützer.
Der Termin für die 32. Ausgabe von FILMFEST HAMBURG unter der neuen Leitung von Malika Rabahallah wird im Januar 2024 bekanntgegeben.
Quelle: www.filmfesthamburg.de