Sabine Timoteo
Sabine Timoteo, geboren als Sabine Hagenbüchle 1975 in Bern, wuchs zunächst in New Mexico in den USA auf, dann in Lausanne. Sie absolvierte von 1991 bis 1993 eine Tanzausbildung an der Schweizerischen Ballettberufsschule und erhielt ein Engagement an der Deutschen Oper in Düsseldorf bei Heinz Spoerrli, blieb dort jedoch nur zwei Monate, da sie im klassischen Tanz für sich keine Zukunft mehr sah. Stattdessen ging sie mit dem Butoh-Ensemble "Compagnie Ariadone" der Japanerin Carlotta Ikeda auf Tournee.
Der Regisseur Philip Gröning entdeckte sie bei einem Workshop für Schauspieler in München und engagierte sie für die weibliche Hauptrolle in seinem Film "L'Amour", der 1996/97 gedreht wurde, aber erst 2000 in die Kinos kommt. In der Zwischenzeit (1997 bis 2000) absolvierte Timoteo in Bern eine Ausbildung zur Köchin. Nach Veröffentlichung des Films wurde sie für ihre Darstellung der Prostituierten Marie mit dem Bronzenen Leoparden in Locarno und mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet.
In den folgenden Jahren spielte sie unter anderem in Filmen von Maria Speth ("In den Tag hinein", 2001) und Dominik Graf, für dessen Drama "Die Freunde der Freunde" (2002) sie mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Auch für ihre Rolle als Herumtreiberin in Christian Petzolds "Gespenster" (2005) wurde sie hoch gelobt. In Matthias Glasners umstrittenem "Der freie Wille" spielte sie eine Frau, die sich in einen Vergewaltiger verliebt.
Für ihre Rolle als geheimnisvolle Freundin des quirligen Jürgen Vogel in der Komödie "Ein Freund von mir" wurde Timoteo 2007 für den Deutschen Filmpreis als Beste Nebendarstellerin nominiert. Im Jahr darauf erhielt sie für ihre Verkörperung einer Wissenschaftlerin, die Unregelmäßigkeiten in ihrer Firma auf die Spur kommt, in dem schweizerischen TV-Thriller "Nebenwirkungen" den Schweizer Filmpreis.
Ihrer Vorliebe für gleichermaßen komplexe und enigmatische Charaktere blieb Timoteo danach unter anderem als Starfotografin in der Liebesgeschichte "After Effect" (2007), in Michael Glawoggers eigenwilligem "Vaterspiel" (2009) als Enkelin eines in New York untergetauchten Altnazis und in "Brownian Movement" (2010) als Psychiaterin einer seelisch labilen Frau treu.
2011 feierte beim Münchner Filmfest "Die Farbe des Ozeans" Premiere, in dem Timoteo eine deutsche Touristin verkörperte, die auf den kanarischen Inseln mit dem Leid afrikanischer Flüchtlinge und der Gleichgültigkeit der zuständigen Behörden konfrontiert wird. Der Film startete im Frühjahr 2012 in den deutschen Kinos. Ebenfalls 2012 sah man sie in dem Beziehungsdrama "Formentera" von Ann-Kristin Reyels, das im Forum der Berlinale uraufgeführt wurde.
In dem Coming-of-Age-Drama "Cyanure" (CA/CH 2013) spielte Timoteo die herrische Lebensgefährtin eines aus der Haft entlassenen Familienvaters; für diese Rolle wurde sie für den Schweizer Filmpreis als Beste Darstellerin nominiert. Kleine Parts hatte sie anschließend in der Jugendbuchverfilmung "Die schwarzen Brüder" (DE/CH/IT 2013) als Tessiner Bergbäuerin im 19. Jahrhundert, die ihren kleinen Sohn aus Not in die Welt hinaus schickt; in dem poetischen Drama "Praia do Futuro" (BR/DE 2014) als Ehefrau eines tödlich verunglückten Surftouristen; und in dem preisgekrönten Familienfilm "Land der Wunder" (IT/DE/CH 2014) als Mitglied einer idealistischen deutschen Mini-Kommune in der Toskana.
Eine Hauptrolle spielte Timoteo dann wieder in dem romantischen Drama "Driften" (CH 2015), über einen jungen Ex-Häftling, der sich auf eine "amour fou" mit einer Englischlehrerin einlässt. Für ihre Leistung in diesem Film wurde Timoteo 2015 erneut mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. Im gleichen Jahr gehörte sie als eigenwillige Mutter zum Ensemble der Jugendbuchverfilmung "Die Mitte der Welt", die im Herbst 2016 in die Kinos kam.
Für ihre Hauptrolle als lettische Schriftstellerin Melānija Vanaga in "Melanijas hronika" (LT/CZ/FL 2016), über die Massendeportationen im von Russland okkupierten Litauen des Jahres 1941, wurde sie mit den Lettischen Filmpreis ausgezeichnet.
Leichtere Kost waren ihre Rollen als Mutter der beiden jungen Hauptfiguren in dem Kinderfilm "Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums" (DE/FL 2018) und der Part einer exzentrischen Truckerin in dem preisgekrönten Roadmovie "Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?" (DE/CH 2018). In "Cronofobia", einer beklemmenden Studie über Schuld und Trauer, spielte sie eine depressive Witwe, in dem Familiendrama "Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein" (AT 2019) die Ehefrau eines Wiener Süßwarenfabrikanten, der ein exzentrischer und despotischer Patriarch ist. Für ihre Rolle in der Tragikomödie "Tambour battant" (CH 2019), über zwei Kapellen aus einem kleinen Dorf im Wallis, die beide ihre Gemeinde bei einem Musikfestival vertreten wollen, erhielt Timoteo erneut eine Nominierung für den Schweizer Filmpreis – ihre sechste (mit drei Gewinnen).
Eine tragende Rolle hatte sie in dem Drama "Sunburned" (2019), als desinteressierte Mutter, deren 13-jährige Tochter während eines Urlaubs einem jungen Strandverkäufer aus dem Senegal helfen will an Geld zu kommen, das er benötigt um seinen Vater besuchen zu können.
In der "Tatort"-Folge "Krank" (AT 2020) war sie die Hauptverdächtige, eine ehemalige kolumbianische Guerilla-Kämpferin; İlker Çatak besetzte sie in der "Tatort"-Folge "Borowski und der gute Mensch" (2021) als blinde Telefonseelsorgerin, die sich in einen verurteilten Frauenmörder verliebt.
Im Kino sah man Timoteo in Ronny Trockers Psychodrama "Der menschliche Faktor" (DE/IT/DK 2020) als Ehefrau eines Werbers, der für eine populistische Partei arbeitet, und in Ramon und Silvan Zürchers "Das Mädchen und die Spinne" (2021) als neue Nachbarin der Hauptfigur. In der vierten Staffel der erfolgreichen Schweizer Serie "Wilder" (2022) hatte sie eine Hauptrolle als Dorfbewohnerin, die ein furchtbares Erlebnis verarbeiten muss.