Emil Jannings
Emil Jannings, geboren als Theodor Friedrich Emil Janenz am 23. Juli 1884 in Rorschach, Schweiz, als Sohn eines Deutschamerikaners, wuchs in Leipzig und Görlitz auf. Er verließ noch vor dem Abschluss das Gymnasium und arbeitete als Schiffsjunge, bis er 1900 eine Stelle als Volontär am Stadttheater Görlitz bekam. Sehr schnell erkannte man das Talent des Jungen und er erhielt bis 1914 zahlreiche Engagements an Wanderbühnen und Provinztheatern unter anderem in Stettin (1907/08), Bonn (1908-11; dort auch eigene Inszenierungen) und Darmstadt (1913/14).
1914 zog Jannings nach Berlin, wo er zunächst am Künstlertheater und im Kleinen Theater auftrat und seine erste Filmrolle in dem Propagandafilm "Im Schützengraben" spielte. Für die Spielzeit 1915/16 erhielt er ein Engagement an den Reinhardt-Bühnen; hier spielte er zunächst kleinere und mittlere, ab 1917 dann auch größere Rollen. Im Sommer 1918 wechselte er ans Königliche Schauspielhaus, wo er mit der Verkörperung des Dorfrichters Adam in Kleists "Der zerbrochene Krug" seinen Einstand gab. Aber bereits Ende 1918 kehrte er ans Deutsche Theater zurück, dessen Ensemble er bis 1920 angehörte.
Seit 1916 spielte Jannings auch in zahlreichen Filmen mit. Zumeist handelte es sich dabei um wenig anspruchsvolle Melodramen. Den Wendepunkt seiner Karriere markierte 1919 die Hauptrolle Ludwigs XV. in dem Kostümfilm "Madame Dubarry", bei dem sein ehemaliger Theaterkollege Ernst Lubitsch Regie führte. Der große Erfolg des Films machte Jannings auch weit über Deutschland hinaus bekannt. Angesichts dieses neu gewonnenen Starruhms und der damit einhergehenden Möglichkeiten konzentrierte er sich in den folgenden Jahren auf die Filmarbeit – wenngleich er zunächst auf die Verkörperung dekadenter Herrscher und gemeiner Schurken festgelegt wurde. So auch als grobschlächtiger Arthur Steckmann in "Rose Bernd" (1919), in Ernst Lubitschs aufwändigen Historienfilmen "Anna Boleyn" (1920; als Heinrich VIII.) und "Das Weib des Pharao" (1921; als Pharao Amenes) sowie in der Titelrolle von "Peter der Große" (1922).
1922 gründete er gemeinsam mit Paul Davidson die Emil Jannings-Film GmbH, die jedoch nach nur einer Produktion ("Alles für Geld") wieder aufgelöst wurde; ein Grund dafür war der vorzeitige Ausstieg von Ernst Lubitsch, der in die USA übergesiedelt war.
Nachdem er 1923/24 in der italienischen Produktion "Quo Vadis" den Nero gespielt hatte, gelang Jannings mit zwei Ufa-Produktionen die Emanzipation von den ewigen Kostümrollen: In F. W. Murnaus "Der letzte Mann" (1924) brillierte er als Hotelportier, der an seiner Degradierung zum Toilettenwärter zugrunde geht; in "Varieté" (1925) als eifersüchtiger Artist, der zum Mörder aus Liebe wird. In beiden Rollen vermochte Jannings beim Zuschauer Sympathie und Mitgefühl für Menschen zu wecken, die zunächst durch ihr ruppiges Verhalten auffallen. Die Filme wurden auch international zu großen Erfolgen und bescherten Jannings einen Dreijahresvertrag beim Hollywoodstudio Paramount.
In seinen amerikanischen Filmen wurde er allerdings einmal mehr auf einen bestimmten Rollentypus festgelegt, diesmal orientiert an den Vorbildern der Erfolgsfilme "Der letzte Mann" und "Varieté": wiederholt spielte Jannings Charaktere, die ihre gesellschaftliche Position verlieren oder aufgeben sowie Männer, die an der Liebe verzweifeln. So auch als Bankkassierer in "The Way of All Flesh" ("Der Weg allen Fleisches", 1927), der aus Liebe Beruf und Familie aufgibt, oder als russischer Ex-General, der sich als Hollywood-Komparse über Wasser hält, in "The Last Command" ("Der letzte Befehl", 1928). Für beide Rollen erhielt er 1929, als erster Schauspieler überhaupt, den neu ins Leben gerufenen "Oscar" – zugleich war er der erste Filmschaffende, der die Statue als Gewinner in Händen hielt, da er seinen Oscar auf Grund seiner Rückreise nach Deutschland noch vor der eigentlichen Verleihung überreicht bekam.
Vor seiner Rückkehr nach Deutschland hatte Jannings einen Film mit Ernst Lubitsch gedreht, der zugleich seine Entscheidung, die USA zu verlassen, mit beeinflusste: "The Patriot" ("Der Patriot"; 1928) war sein erstes Tonfilm-Projekt, aber trotz des Erfolgs überwog bei dem Schauspieler die Befürchtung, den Anforderungen des englischsprachigen Tonfilms nicht gewachsen zu sein.
Zurück in Berlin, spielte er unter der Regie von Josef von Sternberg die männliche Hauptrolle in "Der Blaue Engel", einer Leinwandadaption des Heinrich-Mann-Romans "Professor Unrat". Eigentlich als Jannings" Comeback in Deutschland geplant, wurde der Film vor allem zum Auslöser von Marlene Dietrichs großer Hollywood-Karriere.
In den 1930er Jahren wandte sich Emil Jannings wieder verstärkt der Theaterarbeit zu. Er spielte unter anderem den Wehrhahn in Gerhart Hauptmanns "Der Biberpelz" (1930) und die Titelrolle in Hauptmanns "Fuhrmann Henschel" (1932). Im Mai 1934 erhielt er ein Engagement am Staatlichen Schauspielhaus, wo er 1936 als Otto von Bismarck in dem Wolfgang-Goetz-Stück "Der Ministerpräsident" seine letzte Bühnenrolle spielte.
Zunächst konnte Jannings nicht an seine früheren Kinoerfolge anknüpfen, erst im NS-Film avancierte er erneut zum Star. Seine Verkörperung des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I. in "Der alte und der junge König" (1935) bildete den Auftakt einer Reihe von unverblümten Propagandafilmen, in denen er historische Persönlichkeiten als Vorläufer des "Führers" Adolf Hitler darstellte. So auch den Geheimrat Clausen in Veit Harlans Hauptmann-Verfilmung "Der Herrscher" (1937) oder die Titelrollen in Hans Steinhoffs "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes" (1939) und "Ohm Krüger" (1941), einer der kostspieligsten Produktionen des NS-Films überhaupt. Nicht minder dem nationalsozialistischen Gedankengut verpflichtet war Wolfgang Liebeneiners "Die Entlassung" (1942), in dem er Otto von Bismarck darstellte. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Tobis (seit 1938) sowie als "Künstlerischer Leiter" und Produzent der Firma hatte Jannings zu diesem Zeitpunkt großen Einfluss auf Konzeption, Budget und Regie seiner Filme.
Die Dreharbeiten zu seinem letzten Film "Wo ist Herr Belling?" (1945) mussten auf Grund einer Erkrankung des Stars abgebrochen werden. Nach der Befreiung Deutschlands erhielt er von den Alliierten auf Grund seiner propagandistischen Werke und seiner persönlichen Nähe zu den Machthabern des "Dritten Reichs" ein lebenslanges Berufsverbot. 1947 nahm er die österreichische Staatsbürgerschaft an und verließ Deutschland.
Am 2. Januar 1950 starb Emil Jannings in Strobl im Salzburger Land.