Biografie
Thea Eymèsz, geboren am 23. Mai 1936, absolvierte eine Ausbildung zur Fotolaborantin und arbeitete anschließend im Trickstudio der Bavaria bei Theodor Nischwitz. Ab 1960 sammelte sie erste Erfahrungen als verantwortliche Editorin, etwa bei einem TV-Dokumentarfilm von Erwin Leiser. 1964 begann sie als freiberufliche Editorin zu arbeiten. Bemerkenswert ist, dass Eymèsz keine formelle Schnitt-Ausbildung hatte und auch nicht als Assistentin eines renommierten Editors tätig war. Sie erlernte das Schnitthandwerk direkt durch die Montage zahlreicher Industriefilme, kleinerer Dokumentationen und Reportagen.
1968 machte sie die Bekanntschaft von Peer Raben, durch den sie im Jahr darauf Rainer Werner Fassbinder kennenlernte: Wie es heißt, brachte Raben während der Postproduktion von Fassbinders "Götter der Pest" die Spulen durcheinander und bat Eymèsz um Hilfe, die für Ordnung sorgte und den Film neu strukturierte – was bei Fassbinder einen starken Eindruck hinterließ. Später sagte er einmal, halb scherzhaft: "Ursprünglich war der Film anders gedacht, aber als sie die Schleifen zusammengesetzt hat, brachte sie das Material einfach in eine andere Reihenfolge!"
Zwischen den beiden entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit, in deren Verlauf 15 Filme entstanden. Eymèsz prägte mit ihrer Montage Fassbinder-Klassiker wie "Händler der vier Jahreszeiten" (1971), "Fontane Effi Briest" (1974), "Angst essen Seele auf" (1974) und "Faustrecht der Freiheit" (1975). Bei der Hommage an Eymèsz im Jahr 2004 hieß es: "Fassbinder hatte der dramaturgischen Entwicklung seiner Drehbücher nie übermäßig viel Zeit gewidmet, doch in Thea Eymèsz hatte er seine zweite erzählerische Instanz gefunden. Sie war Komplizin seiner schwelenden Kreativität und gleichsam Korrektiv seines atemlosen Schaffens." "Satansbraten" (1976) war der letzte gemeinsame Film.
In den folgenden Jahren arbeitete Thea Eymèsz mit sehr unterschiedlichen Regisseur*innen. Für Uli Lommel montierte sie "Adolf und Marlene" (1977), für Helmut Dietl "Der Durchdreher" (1979) und die Serie "Der ganz normale Wahnsinn" (1978-80), für Hanns Christian Müller Episoden der bitterbösen Satire-Reihe "Fast wia im richtigen Leben" (1983-88) und den Kinofilm "Kehraus" (1983). Ab Mitte der 1980er Jahre war sie vorwiegend fürs Fernsehen tätig.
Eine besonders enge Zusammenarbeit verband Thea Eymèsz mit dem Dokumentarfilmer Erwin Leiser, bei dem sie schon 1960 die ersten Erfahrungen gesammelt hatte. Für ihn zeichnete sie unter anderem bei "Hiroshima - Erinnern und Verdrängen" (1985), "James Rosenquist" (1986, TV), "UFA – Mythos und Wirklichkeit" (1993, TV) und "Otto John – Eine deutsche Geschichte" (DE/CH/SE 1995) für den Schnitt verantwortlich. Eymèsz' letzte Arbeiten waren die Miniserie "Flucht ins Paradies" (1995), das Fernsehspiel "Rosamunde Pilcher: Lichterspiele" (1996) und die Serie "Solo für Sudmann" (1997), alle unter der Regie von Thomas Nikel.
Fünf Jahre später war sie noch ein letztes Mal als Editorin tätig: Bei Shabaz Noshirs Kurzfilm "Angst isst Seele auf" (2002), mit dem sie an eine ihrer erfolgreichsten Arbeiten mit Fassbinder anknüpfte. 2004 wurde sie beim Festival Film+ (heute: Edimotion) für ihre Lebenswerk geehrt. Am 18. September 2015 starb Thea Eymèsz in München.