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Alle Fotos (10)Biografie
Marquard Bohm, geboren am 27. Juni 1941 in Hamburg, Sohn eines Obersenatsrats und einer Studienrätin und Bruder von Hark Bohm, wuchs auf der Nordseeinsel Amrum auf und besuchte bis zur 12. Klasse ein Hamburger Gymnasium. Er begann eine Gärtnerlehre in Detmold, arbeitete dann aber wieder in Hamburg in verschiedenen Jobs, zum Beispiel als Transportarbeiter und im Hafenkrankenhaus. Während eines zweijährigen Volontariats bei den Geyer-Kopierwerken war er nebenher als Statist tätig und unter anderem in Wolfgang Staudtes TV-Film "Der Fall Kapitän Behrens" (1965) zu sehen. In dieser Zeit kam er auch in Kontakt mit jungen Hamburger Filmemachern.
Unterstützt von Helmut Herbst inszenierte Marquard Bohm sich selbst in der Hauptrolle eines jungen Arbeitslosen im experimentellen 34-minütigen Spielfilm "Na und?" (1967), dann ging er nach München, wo Volker Schlöndorff ihm eine Regie-Assistenz angeboten hatte. Er assistierte bei Eckhart Schmidts "Jet Generation" und spielte in einigen Filmen von Rudolf Thome mit, in "Jane erschießt John, weil er sie mit Anne betrügt" (1968), "Detektive" (1968), "Rote Sonne" (1969) und "Supergirl" (1971). Seine lässige Präsenz zwischen Gleichgültigkeit und Melancholie brachte ihm schnell den Ruf eines "deutschen Belmondo" ein. Weitere Auftritte hatte er in Reinhard Hauffs "Die Revolte" (1969), Klaus Lemkes "Brandstifter" (1969) und Thomas Schamonis "Ein großer graublauer Vogel" (1970). Er selbst inszenierte 1971 "Terror Desire", eine krude Erpressergeschichte als Mischung aus Gangsterfilm und Road Movie, stilistisch von der Nouvelle Vague und der Pop Art inspiriert.
In zahlreichen Filmen von Rainer Werner Fassbinder spielte Bohm Nebenrollen, so in "Der amerikanische Soldat" (1970), "Wildwechsel" (1972), "Faustrecht der Freiheit" (1975) und "Satansbraten" (1976). In den frühen Siebzigern war er auch in mehreren der damaligen Versuche, das Genre-Kino wiederzubeleben, zu sehen, für das er als ideale Besetzung angesehen wurde: Er prägte sich nachhaltig ein als Desperado Kid in Roland Klicks psychedelischem Western "Deadlock" (1970), spielte einen knallharten Bodyguard in Michael Fenglers "Output" (1974) und einen kleinen Kriminellen in "Eierdiebe" (1976), ebenfalls von Fengler. In Hark Bohms "Tschetan, der Indianerjunge" (1972) spielte er den Schäfer Alaska. Eindringlich verkörperte er kaputte und leidende Charaktere wie den versoffenen Vater in "Nordsee ist Mordsee" (Hark Bohm, 1976) und einen Mann, der Schuld am Unfalltod seiner Frau ist, in Wim Wenders' "Im Lauf der Zeit" (1976).
Ab Mitte der 1970er Jahre war Marquard Bohm weiterhin in Rollen sozialer Außenseiter zu sehen, doch ausschließlich in Nebenrollen, beispielsweise als brutaler Gefängniswärter in Helmut Herbsts "Eine deutsche Revolution" (1982) und als Maler und Jazz-Trompeter in Hark Bohms "Der kleine Staatsanwalt" (1987).
1986 wurde er von Patrick Steckel ans Schauspielhaus Bochum verpflichtet, wo er bis 1999 zahlreiche Rollen im modernen wie im klassischen Repertoire spielte. Mitte der 1980er Jahre verfolgte er vergeblich ein weiteres eigenes Filmprojekt. Ab "Der Philosoph" (1989) spielte er wieder in einigen Filmen von Rudolf Thome, außerdem war er in den folgenden Jahren in Filmen junger Regisseure wie Thomas Arslan ("Mach die Musik leiser", 1994, "Dealer", 1999), Christian Petzold ("Cuba Libre", 1996) und Philip Gröning ("L'amour, l'argent, l'amour", 2000) zu sehen.
Marquard Bohm starb nach längerer Krankheit am 3. Februar 2006 in Wetter an der Ruhr an Herzversagen.