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Alle Fotos (2)Biografie
Eckhart Schmidt wurde am 31. Oktober 1938 in Sternberg (Mähren) geboren. Er absolvierte in Ulm das Abitur und studierte in München Anglistik, Germanistik, Romanistik, Philosophie und Psychologie. Ab 1960 begann er in München als Filmkritiker zu arbeiten, vor allem für die Süddeutsche Zeitung, den Bayerischen Rundfunk und die Zeitschrift "Film". Daneben schrieb er auch Kritiken und Essays über Fernsehen und Musik. Als Filmautor war Eckhart Schmidt einer der ersten, der in Deutschland über Regisseure wie Douglas Sirk, Raoul Walsh, Budd Boetticher und Jean-Pierre Melville schrieb.
Mitte der 1960er Jahre wurde Eckhart Schmidt parallel zu seiner journalistischen Tätigkeit auch als Filmemacher aktiv. Er schloss sich der Neuen Münchner Gruppe um Rudolf Thome, Max Zihlmann und Klaus Lemke an, die eine Unterhaltungs-Alternative zur betonten Kunstsinnigkeit der Oberhausener Gruppe und dem Oberhausener Manifest suchte. Sein Regiedebüt gab er 1965 mit dem von Franz Seitz produzierten Kurz-Spielfilm "Die Flucht"; im Jahr darauf wirkte er am Drehbuch zu Roger Fritz' Dreiecksgeschichte "Mädchen – Mädchen" mit.
Mit seinem ersten Langfilm "Jet-Generation" (1968) schuf Schmidt einen Klassiker der Münchner Gruppe: Ein präzises Porträt des "Swinging München" der sechziger Jahre, das von manchen Beobachtern auch als Hommage an Antonionis "Blow-up" (GB 1966) verstanden wurde. Ebenfalls 1968 drehte er ein Segment des Episodenfilms "Erotik auf der Schulbank", der im Stil der "Aufklärungsfilme" das erotische Spannungsfeld zwischen Lehrern und Schülern auslotete. Anschließend realisierte er die amouröse Münchner Science-Fiction-Komödie "Männer sind zum lieben da" (1970, Alternativtitel: "Atlantis - Ein Sommermärchen"), bei der er Regie, Drehbuch, Ausstattung, Schnitt, Produktion und Produktionsleitung in Personalunion übernahm. Nach dem Drehbuch zu Hubert Franks "Birdie" (1971), mit Susanne Uhlen in der Titelrolle, zog Schmidt sich für einige Jahre aus dem aktiven Filmgeschäft zurück.
Stattdessen arbeitete er weiterhin als Filmkritiker und Kulturjournalist. Dabei schreckte er auch vor Provokationen nicht zurück: Nach einem herben Verriss von Reinhard Hauffs "Endstation Freiheit" (1981) ohrfeigte ihn der Regisseur, als die beiden sich zufällig in Schwabing begegneten – was wiederum für Schlagzeilen sorgte. Von 1978 bis 1980 gab Schmidt zudem das legendäre, vom Punk beeinflusste Kulturmagazin S!A!U! heraus, in dem unter anderem Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Herbert Achternbusch und Werner Schroeter, aber auch Musiker wie David Byrne und Patti Smith publizierten. Außerdem fungierte er beim Fernsehen als Produzent und Berater bei diversen Talkshows und Unterhaltungssendungen; insbesondere mit Joachim "Blacky" Fuchsberger verband ihn eine dauerhafte Zusammenarbeit.
1982 meldete Schmidt sich als Kinoregisseur zurück: mit "Der Fan", einer Mischung aus Melodrama und Horrorfilm über eine Sechzehnjährige (Desiree Nosbusch), die einen obsessiv verehrten Popstar mit einem Elektromesser zerteilt und bei Kerzenlicht verspeist. Von der Kritik fast einhellig verrissen, war der Film dennoch ein Kassenerfolg und avancierte auch im Ausland zum Kultfilm. Im Jahr darauf folgte mit "Das Gold der Liebe" (1983) ein surrealistisch beeinflusstes Drama zum gleichen Thema. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" schrieb 1984: "[Schmidt] ist wohl der einzige deutsche Filmemacher, der sich am Massenpublikum orientieren will und das auch propagiert. Die [Kritiker-]Kollegen lassen ihn das büßen, und wie." Tatsächlich war es damals Schmidts erklärtes Ziel, "in Form und Inhalt auf das jugendliche Kino-Publikum" zu reagieren, und dessen "Sehnsüchte und Alpträume" in Bilder zu fassen. An seinen schreibenden Kollegen "rächte" er sich mit dem Drama "Die Story" (1984), über einen Münchner Sensationsreporter, der selbst zum Opfer der skrupellosen Massenmedien wird.
Besondere Erwähnung verdienen Schmidts Exkursionen in die Welt der Oper: 1989/90 realisierte er eine frühe HDTV-Produktion von Wagners "Der Ring des Nibelungen" (Konzeption, Künstlerische Leitung); von der englisch-amerikanischen Zeitschrift "Grammophon" wurde er dafür mit dem Preis für die Beste Opern-Produktion ausgezeichnet. 1991 führte er bei dem Opern-Film "Der fliegende Holländer" Regie. Im gleichen Jahr erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Band. 1994 inszenierte und produzierte er die Oper "Der Prinz von Homburg".
Bis 1996 drehte Schmidt, der zeitweise auch Gremiumsmitglied in der Bayrischen Filmförderung war, regelmäßig Kinofilme. Zu seinen wichtigsten Arbeiten dieser Zeit gehören das gewalttätige Endzeit-Liebesdrama "Loft" (1985), der im Popmusik- und Groupie-Milieu spielende "Wie treu ist Nik?" (1986) und die mythisch-märchenhafte Liebesgeschichte "Undine" (1992). Seine eigenwillige E.T.A.-Hoffmann-Adaption "Der Sandmann" (1993) wurde in den Wettbewerb des renommierten Karlovy Vary Film Festival (Tschechien) eingeladen.
Nach "Broken Hearts" (1996), über die tragische Liebe einer Mafioso-Tochter zu ihrem Bodyguard, verlegte Schmidt sich nahezu komplett aufs Fernsehen, wo er Dokumentarfilme und Reportagen drehte, ein Bereich, in dem er bereits seit Anfang der neunziger Jahre aktiv war. In den nächsten 20 Jahren realisierte er zahlreiche Porträts über Schauspieler und Regisseure, sowie Dokumentationen über unterschiedlichste Filmgenres; außerdem über klassische Musik und Orte wie Las Vegas, Hollywood und Los Angeles, wo er inzwischen lebte. Dort drehte er auch die Spielfilme "Internet Love" (1998), eine frühe Reflexion über Internet-Liebesbeziehungen, "24/7 Sunset Boulevard" (2001) und "Sunset Motel" (2003).
Zu seinen rund 100 TV-Dokumentarfilmen und Reportagen gehören unter anderem "Black Hollywood" (1999), "Hollywood Boulevard. Hauptstraße der Träume" (1999), "Verbotene Musik" (2009), "Western Legenden" (2009), "Der Weg des Ruhms" (2011), "Cinema Italiano: Moments of Truth" (2014) und "Hitchcocks Blondinen" (2016). Filmische Porträts (häufig mit persönlichen Interviews) drehte er unter anderem über Douglas Sirk, Federico Fellini, Blacky Fuchsberger, Francesco Rosi, Marylin Monroe, Tippi Hedren, Rod Steiger, James Ellroy, Jerry Lewis, Ruth Leuwerik, Percy Adlon und Artur Brauner – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Einige seiner Arbeiten entstanden im Rahmen von Sendereihen, die er selbst konzipiert hatte, etwa "… erzählt" (1991-2015) und "Made in Hollywood" (2009-2017).
Im Jahr 2016 zog Eckhart Schmidt nach Rom. Dort begann er wieder als Spielfilmregisseur zu arbeiten. 2016/2017 entstanden so neun neue Filme, die er unter dem Titel "Römischer Zyklus" zusammenfasste, nicht nur wegen ihres Entstehungsortes, sondern auch wegen ihrer Geschichten, bei denen stets junge italienische Frauen im Mittelpunkt stehen. Es geht in den Geschichten um Liebe, Affären, die Stadt Rom und ihre Geschichte und (so Schmidt) "imperialen Terror und die Macht des Individuums", aber auch um seine ganz persönlichen Obsessionen und Sehnsüchte.
Neben seiner Arbeit als Filmemacher wurde Schmidt ab 2006 als Fotograf und ab 2011 auch als Maler aktiv. Als Autor und Herausgeber publizierte er mehrere Sachbücher, Fotobände und Romane.
Eckhardt Schmidt starb am 24. Oktober 2024 im Alter von 85 Jahren.