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Alle Fotos (14)Biografie
Marie-Lou Sellem, geboren am 19. Juni 1966 in Göttingen als Tochter eines Franzosen und einer Deutschen, wuchs als Kind mehrere Jahre im französischen Rennes auf. Nach dem Schulabschluss absolvierte sie eine Schauspielausbildung an der Essener Folkwang Hochschule. Ihr erstes Theaterengagement erhielt sie 1988 an der Philharmonie Essen.
Ein Jahr später gab sie ihr Filmdebüt als "Tochter von Goebbels" in Christoph Schlingensiefs "100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker". Nach Engagements an diversen Theatern (unter anderem Theater Basel und Volksbühne Berlin) sorgte sie 1997 mit ihrer Rolle in Tom Tykwers Ensemble-Drama "Winterschläfer" für Aufmerksamkeit.
Es folgten mehrere Auftritte in Fernsehproduktionen wie der Komödie "Die hohe Kunst des Seitensprungs" (1998), dem Thriller "Unschuldige Biester" (1999) oder dem Krimi "Kill me softly" (2000), bevor Marie-Lou Sellem in der Kinosaison 2001/2002 in gleich drei hoch gelobten Filmen zu sehen war: Ihre Leistungen in dem Drama "Mein Bruder, der Vampir", der Coming-of-age-Geschichte "Nichts bereuen" und dem Kinderfilm "Hilfe, ich bin ein Junge" brachten ihr beim Deutschen Filmpreis 2002 eine Nominierung als Beste Nebendarstellerin ein.
Von Nebenrollen in Péter Palátsiks Beziehungskomödie "Irgendwas ist immer" (2003) und Angela Schanelecs meditativem Drama "Marseille" (2004) abgesehen, spielte Marie-Lou Sellem in den folgenden Jahren vor allem in Fernsehproduktionen – dies jedoch mit beachtlichem Erfolg. Nach einer Hauptrolle in der TV-Komödie "Lottoschein ins Glück" (2003) sah man die Schauspielerin im selben Jahr in Nebenrollen in den TV-Liebeskomödien "Wie man seinen Ex verlässt" und "Mr. und Mrs. Right".
2005 spielte sie in vier Folgen der Krimiserie "Die Gerichtsmedizinerin" die Rolle der Dr. Carmen Konrad, im Jahr darauf wirkte sie in dem Psychothriller "Dornröschen erwacht" an der Seite von Nadja Uhl, Ulrich Tukur und Misel Maticev mit, gefolgt von der Rolle der Dr. Anna Jacobi in 32 Folgen der Serie "Notruf Hafenkante" (2007).
Daneben spielte Sellem in mehreren Folgen der Krimi-Reihe "Tatort". 2007 besetzte Franz Müller sie dann wieder in einer Kinohauptrolle: In "Die Liebe der Kinder", der 2009 auf dem Münchner Filmfest Premiere feierte und im Sommer 2010 in die Kinos kam, verkörperte Marie-Lou Sellem eine einsame Akademikerin und Mutter, die mit einem Mann aus einfachen Verhältnissen eine Patchwork-Familie gründet – bis dessen Sohn sich in ihre Tochter verliebt.
In den Jahren danach sah man Sellem nur vereinzelt in Kinoproduktionen. So spielte sie in dem vielfach preisgekrönten Drama "Am Himmel der Tag" (2012) eine kleinere Nebenrolle als Frauenärztin der ungewollt schwangeren Hauptfigur, war in Caroline Links Vater-Sohn-Drama "Exit Marrakech" (2013) die Mutter der jugendlichen Hauptfigur und in dem modernen Märchenfilm "Aschenbrödel und der gestiefelte Kater" (2013) die Mutter des kindlichen Helden.
In erster Linie konzentrierte Marie-Lou Sellem sich auf ihre umfangreiche Fernseharbeit. So gehörte sie als Polizeipsychologin zum großen Ensemble des Thrillers "Blutadler" (2012; dieselbe Rolle spielte sie auch 2010 in "Wofsfährte" und 2015 in "Brandmal"). In dem Drama "Bis zum Ende der Welt" (2014) gab sie eine Kripo-Beamtin, die aus Angst vor Ressentiments ihrer Kollegen ihre Roma-Herkunft verheimlicht. Leichterer Stoff war Vivian Naefes Komödie "Zeit der Zimmerbrände" (2014), in der Sellem die neue Liebe eines schlitzohrigen Amerika-Heimkehrers (Uwe Ochsenknecht) spielte. Außerdem hatte sie Gastrollen in Serien ("Soko Köln", "Ein Fall für zwei") und in Krimireihen wie "Mordkommission Istanbul" und "Kommissar Dupin". Eine wiederkehrende Rolle spielte Sellem als Hamburger Kiez-Polizistin in der Fernsehfilm-Reihe "Der Hafenpastor".
Nach einem kleinerem Kinoauftritt als "Integrationsbeauftragte" in der satirischen Neonazi-Komödie "Heil" (2015) sah man Marie-Lou Sellem 2016 wieder in einer Hauptrolle auf der Kinoleinwand: In dem Drama "Looping" verkörperte sie eine haltlose Frau, die in einer psychiatrischen Klinik eine in jeder Hinsicht intensive Beziehung zu zwei anderen Frauen aufbaut.
Weiterhin spielte sie eine Nebenrolle in Jan Krügers Dreiecksgeschichte "Die Geschwister" (2016) und einmal mehr die Schwester der Titelfigur in "Der Hafenpastor und das Blaue vom Himmel" (2016, TV). Sellem verkörperte eine Schauspielerin im Ensemble von Nicolas Wackerbarths "Casting" (2017) und eine frustrierte Ehefrau in der Komödie "Hit Mom – Mörderische Weihnachten" (2017). Im Mai 2018 übernahm sie in drei Folgen der neuen Krimiserie "Falk" eine Nebenrolle als aufdringliche Klientin des titelgebenden Anwalts. Im gleichen Jahr startete das vielfach preisgekrönte Jugend- und Familiendrama "LOMO - The Language of Many Others" (DE/FR 2017) in den Kinos, mit Sellem als Mutter eines Jugendlichen, der in eine folgenreiche Sinnkrise gerät.
Nach einer Nebenrolle in Özgur Yildirims Gangsterdrama "Nur Gott kann mich richten" wirkte sie zunächst in zahlreichen Fernsehproduktionen mit, darunter in den "Tatort"-Filmen "Der höllische Heinz" (2019) und "Ein paar Worte nach Mitternacht" (2020). In der aufwändig produzierten und von Lars Kraume inszenierten TV-Serie "Die neue Zeit" (2019), die sich der bewegten Geschichte des Bauhaus in der Weimarer Republik und der Lebenswege seiner künstlerischen Protagonist*innen nach der Machtübernahme der Nazis widmet, spielte Marie-Lou Sellem die zu Flucht und Exil gezwungene Autorin Else Lasker-Schüler.
Auf der großen Leinwand meldete sie sich eindrucksvoll mit "Knochen und Namen" zurück, der auf der Berlinale 2023 seine Uraufführung hatte und Anfang 2024 in den Kinos startete. Das Regiedebüt von Fabian Stumm überzeugte als hintersinnige Reflexion über Paarbeziehungen, und für Ihre darstellerische Leistung wurde Marie-Lou Sellem mit dem Deutschen Schauspielpreis ausgezeichnet und zudem 2024 für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Beste Weibliche Nebenrolle nominiert.