Nur Gott kann mich richten

Deutschland 2016/2017 Spielfilm

Inhalt

In Frankfurt angesiedelter Gangsterfilm von Özgür Yildirim, der bereits mit "Chiko" (2008) in diesem Genre erfolgreich war: Vor mehreren Jahren ist ein gemeinsamer Überfall von Ricky, seinem Bruder Rafael und ihrem guten Freund Latif schiefgegangen. Ricky hat seinen Kopf für die beiden anderen hingehalten und ist ins Gefängnis gegangen. Jetzt kommt er wieder frei, und Latif möchte ihn für sein großes Opfer entschädigen: mit einem letzten gemeinsamen Ding, todsicher und höchst lukrativ, als Fahrkarte in ein besseres, luxuriöses Leben. Ricky zögert zwar zunächst, lässt sich dann aber doch darauf ein und bringt auch seinen Bruder Rafael dazu, mitzumachen. Es scheint auch alles zu klappen, plötzlich aber tritt die Polizistin Diana auf den Plan und durchkreuzt die Pläne der drei – der Beginn eines gefährlichen Katz-und-Maus-Spiels.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein nicht mehr ganz junger Mann, dessen Rücken ein überdimensionales Jesus-Tattoo ziert, hockt vor einer Art Privat-Altar und spricht ein Gebet. Allerdings mit Worten, die nicht den Vorgaben der Amtskirche welcher gängigen Religion auch immer entsprechen. Rückblick, fünf Jahre zuvor. Ricky, der mit dem martialischen Tattoo, sein jüngerer Bruder Rafael und sein Kumpel Latif überfallen eine Kraftfahrzeug-Werkstatt in Frankfurt. Nicht, um die Tageseinnahmen zu stehlen, sondern eine mit Heroin gefüllte Tasche im Kofferraum eines gerade von einer jungen Frau hier abgestellten Wagens.

Doch die Sache geht gründlich schief, Rafael wird angeschossen und braucht dringend medizinische Versorgung. Weshalb Ricky, der seinen Kumpel noch gerade rechtzeitig vor Eintreffen der Polizei zur Flucht drängt, sich um seinen Bruder kümmernd verhaften lässt und alle Schuld auf sich nimmt. Nach Absitzen der mehrjährigen Strafe führt Rickys erster Weg zu seinem Vater, der in einer Sozialwohnung irgendwo am Stadtrand der Mainmetropole vor sich hin dämmert. All' die Jahre hat sich Rafael, sein Lieblingssohn, nicht bei ihm blicken lassen, weshalb Ricky ihm vorlügt, dieser führe ein Geschäft auf einer Mittelmeerinsel.

Dabei lebt er nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt in Frankfurt. Als Ricky ihn auffordert, sich um den offenbar nicht nur verwahrlosten, sondern auch reichlich verwirrten, vielleicht bereits unter einer beginnenden Demenz leidenden Vater zu kümmern, zuckt der nur mit den Schultern. Rafael bemüht sich ernsthaft um ein - wenn auch derzeit nur prekäres - bürgerliches Leben. Mit der kriminellen Vergangenheit hat er jedenfalls abgeschlossen. Obwohl: indem er für Erik arbeitet, bewegt er sich zumindest weiterhin im Halbweltmilieu. Der ist der Vater seiner Freundin Elena, die eine Ballettschule leitet und nachts zur Budgetaufbesserung nebenbei im „Pure Platinum“, Eriks Table Dance Bar, jobbt.

Rafael plagen Spielschulden, die er mit heimlichen Kassenentnahmen zu tilgen gedenkt. Doch Eric schöpft Verdacht und stellt ihm eine Falle. Inflagranti beim Klauen erwischt, fliegt er 'raus. Kommt aber ohne Anzeige davon, wenn er Elena die Wahrheit sagt. Dann, so Eriks Kalkül, hat diese Liaison endlich ein Ende. Doch die Wahrheit lautet: Sie ist von Rafael schwanger. Auch Ricky will einen Neuanfang, schon um sich in besseres Licht bei seiner „Ex“ Valerie zu rücken, die nun in der hochherrschaftlichen Villa ihres begüterten Gatten Pierre samt kleinem Kind eine neue Familie gegründet hat. Weshalb er Latif um einen Kredit bittet. Doch der nennt zwar eine Shisha-Bar sein eigen, ist aber, zumal mit Frau und Kindern, finanziell nicht auf Rosen gebettet.

Auch zur eigenen Sanierung offeriert er Ricky ein todsicheres Ding, das beiden je 25.000 Euro einbringt: Sie sollen einen eingeweihten Dritten im Bunde, Branko, um 2,5 Kilo Heroin erleichtern bei der Geldübergabe. Weil Latif kurzerhand nach einer Polizeirazzia ausfällt, muss sich Ricky einen zweiten Mann suchen – und seinen Bruder im wahren Wortsinn beknien, mit ihm den Coup zu machen. Der hat Elena gerade überredet, seine Frau zu werden – und kann jeden Euro gebrauchen.

Der Plan scheint aufzugehen, als das kaputte Rücklicht ihres Fluchtfahrzeugs eine Polizeikontrolle nach sich zieht, bei der Rafael die Nerven verliert – und die Tasche mit dem Heroin im Wert von 100.000 Euro. Diese bleibt auch anderntags verschwunden, als Latif und die Brüder mit Brankos Forderungen auf Schadensersatz konfrontiert werden. Eins ist klar: es geht um Leben oder Tod.

Die Polizistin Diana Dunker, frisch getrennt von ihrem Mann und Vater des seit ihrer Geburt herzkranken Mädchens Lilly, steckt in Schwierigkeiten. Ihr Kind benötigt innerhalb der nächsten sechs Monate ein neues Herz. Um das offizielle Wartelisten-Verfahren zu umgehen, werden 30.000 Euro fällig. Ihre Kreditlinie bei der Bank ist jedoch längst ausgeschöpft trotz Beamtenbonus. Da kommt ihr die mit Heroin gefüllte Tasche gerade recht, deren Inhalt sie in der ihr bestens bekannten Szene auf eigene Rechnung verkaufen will. Als Stieftochter eines Marokkaners der arabischen Sprache mächtig können ihr die in Frage kommenden Dealer im Frankfurter Bahnhofsviertel nichts vormachen. Aber dann gerät sie an Latif – und damit auch an Branko…

Die verwickelte, reichlich konstruiert erscheinende Gangsterstory wird mit gleich mehreren blutigen Showdowns fortgesetzt. Am Ende lassen sich Gut und Böse nicht mehr unterscheiden. Der Titel verheißt, dass nur Gott richten kann. Der ist hier so blind wie Justitia, indem es zuerst die unschuldige kleine Lilli trifft. Immerhin geht es einem anderen Kind – im Mutterleib – wider Erwarten gut und die künftig alleinerziehende Mutter kann mit einem Startkapital von 30.000 Euro sicherlich etwas Sinnvolleres anfangen als der sich bewusst fälschlicherweise als Rafael ausgebende, nun längst ins Jenseits beförderte Absender.

Es ehrt die Produzenten, das gerade in Deutschland gefragte Genre nicht nur amerikanischen Großproduktionen und heimischen hausbackenen TV-Krimiserien überlassen zu wollen. Obwohl mit den beiden bekannten Rappern Xatar und SSIO als finstere Kurden sowie mit Marie-Lou Sellem und Thomas Limpinsel auch in Nebenrollen prominent besetzt, kommt „Nur Gott kann mich richten“, am 23. Januar 2022 von Sat 1 als Free-TV-Premiere gezeigt, weder inhaltlich noch ästhetisch über die öffentlich-rechtlich koproduzierte Dutzendware hinaus.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Drehbuch

Szenenbild

Ton-Design

Mischung

Casting

Darsteller

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Post-Production

Dreharbeiten

    • 12.09.2016 - 27.10.2016: Hamburg, Frankfurt am Main, Rüsselsheim, Offenbach
Länge:
101 min
Format:
DCP, 1:2,35 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 13.12.2017, 174294, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 01.10.2017, Zürich, Film Festival;
Kinostart (DE): 25.01.2018

Titel

  • Originaltitel (DE) Nur Gott kann mich richten

Fassungen

Original

Länge:
101 min
Format:
DCP, 1:2,35 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 13.12.2017, 174294, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 01.10.2017, Zürich, Film Festival;
Kinostart (DE): 25.01.2018

Auszeichnungen

FBW 2017
  • Prädikat: besonders wertvoll
Hessischer Film- und Kinopreis 2017
  • Hessischer Filmpreis, Bester Spielfilm